Dr. Peter Ramsauer MdB
Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, September 2010

Die Bundesregierung steht zum Berliner Schloss

Um es gleich eingangs zum Ausdruck zu bringen: Die Bundesregierung und ich selbst als zuständiger Ressortminister stehen weiterhin voll hinter dem Humboldtforum und damit zum Projekt Berliner Schloss. Es ist und bleibt unser gemeinsames Ziel, dieses ebenso einzigartige wie ehrgeizige kulturelle Bauprojekt in der historischen Mitte unserer Hauptstadt erfolgreich zu verwirklichen.

Gewiss, die Vertagung des Baubeginns hat bei manchen zu Enttäuschung und Unverständnis geführt. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist diese Entscheidung aber unumgänglich. Und ich weiß aus vielen Gesprächen, dass diese Feststellung auch unter den glühendsten Verfechtern des Gesamtprojekts durchaus auf Verständnis stößt.

Auch Deutschland sah sich nach den weltweiten Verwerfungen auf den Finanzmärkten konfrontiert mit den Folgen der wohl schwersten Wirtschaftskrise in der jüngeren Geschichte. Dass wir auf bestem Wege sind, diese Krise erfolgreich zu meistern, ist nicht zuletzt auf eine Politik zurückzuführen, die diese Herausforderung tatkräftig angenommen hat. Unsere Hilfsprogramme und Konjunkturpakete haben dabei enorme Finanzmittel erfordert. Es liegt jetzt im wohlverstandenen Interesse aller, dass wir die zur Krisenbewältigung erforderliche Ausweitung der öffentlichen Verschuldung so bald wie möglich wieder zurückführen. Ohne eine solche Politik würden wir uns und unsere Kinder dauerhaft der finanziellen Spielräume berauben, die für aktive Politikgestaltung dringend gebraucht werden. Zugleich haben wir uns verpflichtet, dauerhaft und glaubwürdig für solide Staatsfinanzen einzutreten. Seinen Ausdruck findet dies in der Aufnahme einer Schuldenbremse im Grundgesetz, mit der Deutschland eine wegweisende Entscheidung im Interesse seiner Zukunftsfähigkeit getroffen hat.

Der Bundeshaushalt 2011 und der Finanzplan bis zum Jahr 2014 sind in diesem Zusammenhang wichtige Meilensteine. Dass notwendige Konsolidierungsschritte auch mit als schmerzlich empfundenen Einsparungen einhergehen, darf dabei nicht verhehlt werden. Verständlich müsste zudem sein, dass jedes Ressort seinen Beitrag zu unserem unabweisbar notwendigen Konsolidierungskurs leisten muss. Dies gilt auch für den Bereich der Verkehrs-, Bau- und Stadtentwicklungspolitik. Deshalb haben wir uns in der Bundesregierung darauf verständigt, den Beginn des historischen Projekts Stadtschloss um einen im Verhältnis zur Bedeutung des Gesamtprojekts kurzen Zeitraum zu verschieben.

Gerade auch aus psychologischen Gründen könnte sich diese Entscheidung durchaus auszahlen. Den Bau des Schlosses zu einem Zeitpunkt in Angriff zu nehmen, an dem sich viele Bürgerinnen und Bürger mit schmerzlichen Sparbeschlüssen konfrontiert sehen, wäre kaum vermittelbar. Und täuschen wir uns nicht: Ein Baubeginn zum jetzigen Zeitpunkt wäre von der nach wie vor beträchtlichen Zahl der grundlegenden Gegner dieses Projekts sicher entsprechend aufgegriffen worden. Wir sollten die mit der Vertagung des Baubeginns gewonnene Zeit nunmehr als Chance begreifen. Vor allem, um das Jahrhundertprojekt Schloss noch stärker in der Öffentlichkeit zu verankern. Jüngste Umfragen belegen, dass hier noch einiges zu leisten ist. Ich selbst werde mich hier gerne einbringen.

Klar ist, dass für die Bundesregierung der Bau des Humboldtforums und damit die Wiedererrichtung des Schlosses nicht zur Disposition stehen. Zudem gilt das Bekenntnis des Deutschen Bundestages zu diesem Jahrhundertprojekt unverändert fort. Zu diesem Beschluss bekenne auch ich mich ausdrücklich.

Manche Projekte des Bundes standen im Licht der öffentlichen Sparzwänge auf dem Prüfstand. Einige mussten ersatzlos gestrichen werden. Die Wiedererrichtung des Berliner Schlosses und der Bau des Humboldtforums gehörten ausdrücklich nicht dazu. Das Bundeskabinett hat lediglich festgelegt, dass in den Jahren 2011 bis 2013 keine neuen Finanzmittel eingesetzt werden. Der Projektfortschritt wird dennoch durch die gebundenen Mittel des Bundes und durch den Finanzierungsanteil des Landes Berlin, der mir ab 2011 zugesagt ist, gewährleistet. In der Finanzplanung des Bundes sind beginnend ab 2014 die für den Bau zugesagten Mittel in voller Höhe eingestellt.

Beeindruckende Fotos von Zeitzeugen haben mir zum 60. Jahrestag der Sprengung des Stadtschlosses das Ausmaß der Vernichtung von unwiederbringlichem Kulturgut noch einmal deutlich vor Augen geführt. Ich selbst werbe deshalb ausdrücklich für einen möglichst frühen Baustart, um noch in dieser Legislaturperiode ein kraftvolles Signal zur Umsetzung dieses bedeutenden kulturellen Vorhabens zu setzen.

Architekt Franco Stella und weitere Ingenieurbüros sind mit dem Bund langfristige Verträge eingegangen. Alle Verträge werden eingehalten. Bei einem Besuch im Planungshaus habe ich mich davon überzeugen können, dass die Entwurfsplanung in allen Bereichen sehr erfolgreich weiterentwickelt wird.

Schon wegen des 2011 beginnenden und nicht verschobenen U-Bahnbaus unter dem Baugrundstück des zukünftigen Humboldt-Forums werden aus wirtschaftlichen und technischen Gründen die dort erforderlichen baulichen Maßnahmen unumgänglich und auch ausgeführt. In den Jahren 2012/2013 werden damit auch vor Ort sämtliche wichtigen komplexen Maßnahmen im Baugrund und der Gründung abgeschlossen werden. Die Bundesregierung stellt sicher, dass ab 2014 die Großbaustelle in vollem Umfang arbeitet.

Es freut mich besonders, dass sich der Förderverein der umfassenden Aufgabe angenommen hat, schon jetzt wichtige der zahlreichen bildhauerischen Arbeiten zu beauftragen und diese Aktivitäten weiter unvermindert weiterzuführen. Hier wird sich schon in Kürze die Kooperation mit der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum bewähren. Sichtbares Zeichen dieses Zusammenwirkens wird die Einrichtung einer Schlossbauhütte sein, in der zusammen mit den authentischen Überresten des gesprengten Schlosses alle schon gefertigten Baumuster zusammengeführt werden.

Ich danke an dieser Stelle allen aktiven Unterstützern der Wiederherstellung dieser historischen Werte auf das Herzlichste. Mit Ihrem Engagement nimmt die großartige Idee zur Wiedererrichtung des Schlosses Zug um Zug und Stein für Stein Gestalt an. Ich zähle weiter auf Ihre Bereitschaft, mit Ihrem Eintreten für private Spenden die Rekonstruktion der historischen Fassaden zu ermöglichen. Das historische Gesamtprojekt Stadtschloss wird umso schneller vollendet und umso stärker im öffentlichen Bewusstsein verankert sein, je breiter es von bürgerschaftlichem Engagement getragen wird.

Dr. Peter Ramsauer MdB
Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung