Barocke Stadtachsen in Berlin

Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640-1688) macht das Schloss zur Mitte der Stadt und des Landes. 200 Jahre hat es als Festung neben der Stadt gestanden. Der Große Kurfürst zog die Stadt um die bisher freie Westseite des Schlosses herum; er gründete den Friedrichswerder, seine zweite Frau später die Dorotheenstadt, sein Sohn die Friedrichstadt.

Das Land zentrierte der Große Kurfürst optisch-symbolisch durch Alleen und Schneisen, die auf das Schloss zuführten oder, vom Fürsten aus gesehen von ihm ausstrahlten.
Zur vollständigen Symbolik gehören drei Strahlen, seit Papst Sixtus V. gegen 1590 den Obelisk auf die Piazza del Popolo in Rom gestellt und die Straßen Ripetta, Corso und Via del Babuino darauf hatte ausrichten lassen.
Die Franzosen nannten das Patte d‘ Oie = Gänsefuß.

Unter den Linden, Blick vom Pariser Platz; das Schlossportal V als Schnittpunkt eines der Strahlen der Berliner Patte Oie

Reste der Patte d’Oie Berlin

Die Berliner Patte d‘ Oie bestand aus:
dem Mittelweg des Lustgartens (an den heute der Dom hart herantritt), einer Schneise auf die Spandauer Zitadelle (von der die Straße Alt-Moabit übrig ist), der Allee Unter den Linden.
Alle Strahlen zugleich übersehen konnte nur der Kurfürst aus seinem Zimmer oben im Schloss. Entworfen hat die Patte d‘ Oie Johann Moritz von Nassau-Siegen, ein Oranier, Niederländischer Generalmarschall, Statthalter des Großen Kurfürsten in Kleve, kunstverständig und als Artillerie-Fachmann des Meßwesens kundig.

(v.l.n.r. 1. Breite Straße Portal II 2. Feste Spandau )

(v.l.n.r. 1. Schloss Niederschönhausen 2. Schloss Charlottenburg)

Schlüter hat für den Sohn des Großen Kurfürsten, König Friedrich I., am exakten Schnittpunkt der Strahlen den Rittersaal ausgebaut. 1714 hat er die Patte d‘ Oie in Petersburg eingeführt. König Friedrich I. ließ Schneisen nach Charlottenburg, Oranien-burg, Niederschönhausen anschließen, und noch andere, die noch nicht erforscht sind. Auch Friedrich Wilhelm I. (1714) hat das System noch erweitert. Beim Verlängern passierten übrigens schon mal Ungenauigkeiten.

Unter der Regierung Friedrich Wilhelms I. ist am Schloss das alte Portal in den Vorhof (Portal II) neu ausgebaut worden. Es präsentierte sich als Ziel der Breiten Straße. Schon der Große Kurfürst hatte es einmal repräsentativ neu gestalten lassen.           Prof. Dr. Goerd Peschken, Berlin

(Barockes Schneisensystem Berlin)