Restitutor
schrieb am 14. Juni 2009
um
11:29
\"Es ist nun mal Teil der Geschichte, dass es ein Schloss an bekannter Stelle gab. Es ist nun mal aber auch die Geschichte die Deutschland und Berlin nach einem schrecklichen Krieg geteilt hat.\"
Und jetzt ist es *Teil der Geschichte*, dass es wieder aufgebaut wird.
So what?
Rainer S.
schrieb am 14. Juni 2009
um
10:23
Hallo Berliner-Stadtschloss-Gemeinde,
ich bin persönlich nicht für den Wiederaufbau ... nicht weil ich kein Schloss in Berlin stehen sehn will, sondern vielmehr weil ich der Meinung bin das eine Metropole der Welt sich nicht gegen die weiterlaufende Zeit sperren sollte.
Es ist nun mal Teil der Geschichte, dass es ein Schloss an bekannter Stelle gab. Es ist nun mal aber auch die Geschichte die Deutschland und Berlin nach einem schrecklichen Krieg geteilt hat. Womit die DDR-Diktatur die Möglichkeit hatte das Schloss zu sprengen und \"Erichs-Lampenladen\" zu errichten um sich und den \"Bauernstaat\" zu feiern und sein technisches Können der Welt zu beweisen.
Diesen \"Schandfleck\" und Abschnitt der Geschichte will man nun mit einem Wiederaufbau ausradieren und an eine \"glorreiche\" & \"glanzvolle\" Zeit anknüpfen. Das halte ich persönlich für den falschen Weg ... Berlin hätte (und sollte immer noch) für die nun entstandene Freifläche ein neues Nutzungskonzept finden - mein Vorschlag: Eine Grünfläche! So etwas ist immer mehr Wert für die Erholung gestresster Großstädter und Urlauber (bei der Nähe zu den gerade noch besuchten Museum neben an)als jedes \"Schloss\" oder \"Lampenladen\" oder \"...\" - Ein anders Nutzungskonzept zollt der Geschichte der Stadt und der Geschichte diese besonderen Flecken Erde den Respekt den jeder Abschnitt der Geschichte gebührt.
Wir reisen ja auch nicht das Berliner Olympiastadion oder den Alex samt Fernsehturm ein, nur weil sie in diktatorischen Zeiten entstanden sind, oder?
Tristan
schrieb am 13. Juni 2009
um
21:04
Ja, wirklich ein wunderbares Projekt!
Ich würde mich über weitere Rekonstruktionen in der Zukunft in den deutschen Großstädten freuen.
Viele Grüße
Kreuzberger
schrieb am 13. Juni 2009
um
19:50
Für einen Architektursoziologen und Unidozenten waren Sewings Äußerungen tatsächlich mehr als fragwürdig.
Seltsam, daß unser nachdenklicher Befürworter einer weiteren Zerstörung des Berliner Stadtbildes ausgerechnet dieses Interview empfohlen hat. Was aus seiner Sicht wohl überzeugend zu sein scheint, sehe ich jedoch als Eingeständnis der Orientierungslosigkeit eines großen Teils unserer architektonischen Elite.
Wem es noch immer nicht zu peinlich ist, Disneyland als Schreckgespenst an die Wand zu malen, scheint wirklich größte Probleme zu haben, seinen Standpunkt weiterhin überzeugend rechtfertigen zu können.
Edelmann
schrieb am 13. Juni 2009
um
11:48
Großartiges Wiederaufbauprojekt!
Restitutor
schrieb am 13. Juni 2009
um
9:00
Interview mit einem Architektursoziologen... diesem Link folgen und anhören:
[audio src="http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2009/06/11/drk_20090611_1109_1e66f760.mp3" /]
Vorher eine Quizfrage.... welcher Begriff fällt wohl im Verlauf dieses Interviews:
a) Respekt vor dem Bürgerwillen
b) Disneyland
Quizfrage 2... wie steht der Experte zur Dresdner Frauenkirche?
a) ein gutes Vorbild für weitere Rekonstruktionen
b) löblich, muss aber Ausnahme bleiben
Auf die Frage hin, was hinter dem Wunsch nach Rekonstruktionen steht: \"So richtig wissen wir das noch nicht, bisher haben sich die Psychoanalytiker zum Thema noch nicht geäußert.\" Mal wieder der Rundumschlag, wonach Rekobefürworter spinnen.... auweia!
Und da liegt der Hund für den \"Experten\" begraben: \"Da glaube ich, dass es eine extreme konservative Wendung in den gebildeten Kreisen gegeben hat. [...] Sogar die Denkmalpflege, die früher sehr kritisch war, hat mittlerweile diesen Schwenk vollzogen. [...] Ich glaube, vor allem die offizielle Kulturpolitik ist erheblich konservativer geworden, als sie es schon mal war.\"
Und dann noch dieser schöne Widerspruch... der \"Experte\" sagt bei 6.22:
\"Und deswegen sieht alles das, was wir heute aufbauen, als Geschichte, das sieht einfach so aus wie Disneyland [...].\"
Seltsamerweise sagt er bei 8.14 das Gegenteil:
\"In vielen Städten stehen längst rekonstruierte Gebäude, und der Laie erkennt sie nicht. Sogar der Fachmann erkennt sie manchmal nicht auf der ersten Blick. Und es ist ja schon in den 50er, 60er, 70er Jahren einiges rekonstruiert worden, was man heute nicht mehr erkennt. Die Innenstädte von Breslau, von Warschau, von Danzig sind Rekonstruktionen und haben schon wieder Patina angesetzt. Ich glaube tatsächlich, dass das sehr schnell geht, dass man nicht mehr weiß, aus welcher Zeit ein Gebäude stammt.\"
Was denn nun? Sind die Rekos alle so schlecht, dass sie nach Disneyland aussehen, oder so perfekt, dass sie sogar Experten täuschen?
Und krönender Abschluss die Formulierung \"einem Vertreter Kaiser Wilhelms, Herr Boddien also...\" :augenrollen:
Isidor
schrieb am 12. Juni 2009
um
14:06
Sie wiederholen sich, ist Ihnen das noch nicht aufgefallen?
nachdenklich
schrieb am 12. Juni 2009
um
12:34
Worum es geht, erkennt der Leser sicher recht deutlich.
Hier ist übrigens das Interview von Werner Sewing im Deutschlandradio Kultur.
Den Link einfach in die Adressleiste kopieren:
Titel:
„Rekonstrukions-Wahn als architektonische Bankrotterklärung an eine ganze Epoche“
http://www.dradio.de/rss/podcast/sendungen/thema/
@Kreuzberger, @Isidor, @Karl: Text- und Gesprächsanalyse gehört zum Unterrichtsstoff!
Karl
schrieb am 12. Juni 2009
um
11:07
\"Sind diese Repliken auch noch symbolisch aufgeladen, gibt es Gruppierungen die das ausnutzen, aufspringen, wie auch im Falle eines Berliner Schlosses. – Zumindest folgt eine Stärkung rechter Ansichten, die in der Mitte ankommen.\"
Das ist genauso unsinnig wie die Forderung des Herrn Wiehler das historische Pflaster in Berlin durch Asphalt zu ersetzen, im Glauben, Autonome hätten am 1. Mai keine Wurfgeschosse mehr.
Isidor
schrieb am 12. Juni 2009
um
10:54
Ich sehe das ähnlich wie Kreuzberger. Die Bauhaus-Moderne verabschiedet sich langsam und macht Platz für eine neue Stilrichtung, die sich wieder mehr an gediegene Konventionen hält. Das ist ein natürlicher Vorgang, der niemanden verwundern sollte, denn die Architektur entwickelt sich nun mal weiter und Weiterentwicklung kann auch heißen, dass man wieder einen Schritt zurück geht. Schließlich gab es in den vergangenen Jahrtausenden in Kunst und Architektur immer wieder Rückbesinnungen auf vorangegangene Zeiten. Ich würde den Beginn dieser neuen Bewegung allerdings eher an den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche ansetzen. Die Rekonstruktion des Berliner Schlosses ist wohl nur eine Folge davon.
Dass wir uns aber am Anfang eines Wandels befinden, lässt sich wohl nicht bestreiten. Davon zeugt nicht nur die hohe Zahl an Rekonstruktionen, sondern auch eine Vielzahl moderner Gebäude, die, obwohl schlicht, doch deutlich ästhetischer und konservativer gehalten sind, als es noch vor 10 oder 20 Jahren möglich gewesen wäre.
Kreuzberger
schrieb am 12. Juni 2009
um
10:38
@nachdenklich:
Spielen Sie sich hier nicht als Oberlehrer auf.
nachdenklich
schrieb am 12. Juni 2009
um
10:10
Worum es geht, erkennt der Leser sicher recht deutlich.
Hier ist übrigens das Interview von Werner Sewing im Deutschlandradio Kultur.
Den Link einfach in die Adressleiste kopieren:
Titel:
„Rekonstrukions-Wahn als architektonische Bankrotterklärung an eine ganze Epoche“
http://www.dradio.de/rss/podcast/sendungen/thema/
@Kreuzberger: Text- und Gesprächsanalyse gehört zum Unterrichtsstoff!
Kreuzberger
schrieb am 12. Juni 2009
um
9:28
Doppelt gepostet, sorry! Kann man das wieder löschen? 🙂
Kreuzberger
schrieb am 12. Juni 2009
um
9:00
@ Grumbkow
\"Lustig\" ist vor allem Ihr Beitrag. Ist Ihnen noch nicht aufgefallen,daß diese Grundsatzdiskussion durch das permanente Nachtreten der Rekonstruktionsgegner erst so richtig angefacht wurde?
Von souveräner Gelassenheit ist doch auf Ihrer Seite kaum noch etwas wahrzunehmen. Stattdessen wird Gift verspritzt und in einer Weise polemisiert und diffamiert, als ginge es hier tatsächlich primär um eine komplette Neuausrichtung der Architektursprache zur Behebung der gegenwärtigen Orientierungslosigkeit.
Eine Gebäuderekonstruktion ist übrigens alles andere als ein langweiliger Vorgang. Das ist eine hochinteressante Angelegenheit, zumal in dieser Dimension.
Vielleicht gründen Sie ja irgendwann einmal einen Verein zur Wiedererrichtung des Palastes der Republik, dann werden Sie das auch mit anderen Augen sehen.
Kreuzberger
schrieb am 12. Juni 2009
um
9:00
@ Grumbkow
\"Lustig\" ist vor allem Ihr Beitrag. Ist Ihnen noch nicht aufgefallen,daß diese Grundsatzdiskussion durch das permanente Nachtreten der Rekonstruktionsgegner erst so richtig angefacht wurde?
Von souveräner Gelassenheit ist doch auf Ihrer Seite kaum noch etwas wahrzunehmen. Stattdessen wird Gift verspritzt und in einer Weise polemisiert und diffamiert, als ginge es hier tatsächlich primär um eine komplette Neuausrichtung der Architektursprache zur Behebung der gegenwärtigen Orientierungslosigkeit.
Eine Gebäuderekonstruktion ist übrigens alles andere als ein langweiliger Vorgang. Das ist eine hochinteressante Angelegenheit, zumal in dieser Dimension.
Vielleicht gründen Sie ja irgendwann einmal einen Verein zur Wiedererrichtung des Palastes der Republik, dann werden Sie das auch mit anderen Augen sehen.
Grumbkow
schrieb am 12. Juni 2009
um
7:30
Das ist lustig: Den technischen und kulturhistorisch doch eher langweiligen Vorgang einer Rekonstruktion (von drei Fassaden) auf Krampf zur Avantgarde eines epochalen kreativen Stilwandels zu erklären! Wenn man mit im breiten Fahrwasser schwimmt, ist es leicht, als Rebell gegen das Establishment zu posieren. Haben wir da in unserer Jugend irgendwas versäumt und wollen es auf unsere alten Tage noch mal nachholen? Dass sich das späte Revoluzzer-Getue – „Wir läuten eine neue Epoche ein, durch Rückbesinnung!“ – ausgerechnet am Imitat dreier barocker Schlossfassaden festmacht, ist am Ende allerdings weniger lustig als traurig.
Kreuzberger
schrieb am 11. Juni 2009
um
22:54
@nachdenklich: Ihren ersten Satz kann sicherlich jeder unterstreichen. Ansonsten wage ich einmal zu vermuten, daß Sie vor 550 Jahren die Renaissance und vor 220 Jahren den Klassizismus mit der selben Vehemenz und mit den selben Argumenten bekämpft hätten, wie sie heute jedes Aufflammen einer architektonischen Neubesinnung bekämpfen.
Sie sollten sich endlich eingestehen, daß Sie der eigentliche Beharrende auf Ewiggestrigem sind. Ihnen geht es nicht um das Schloß, sondern um das Umdenken, das sein Wiedererstehen bewirken könnte.
Ihre Ideale der 20er Jahre, die anfangs berechtigt, später unumgänglich, in ihrer Pervertiertheit und Abgestumpftheit inzwischen aber unerträglich geworden sind, haben sich endgültig überlebt.
Die menschlichen Grundbedürfnisse haben sich seit Jahrtausenden nicht geändert, deshalb sollten Sie nicht so tun, als könnte man sie beliebig strapazieren und Ihren Vorstellungen eines abgehobenen architektonischen Mainstream unterordnen!
nachdenklic
schrieb am 11. Juni 2009
um
22:01
Ich finde man muß immer genau Obacht geben, auf das, was man formuliert.
Geschichtliche und Kunstgeschichtliche Kenntnisse gehen Hand in Hand, so auch das Nichtwissen darüber.
Wie schon ausgeführt, wenn heute das hässlichste Gebäude in einem Dorf die Sparkasse ist, lag das nicht immer am Architekten, sofern dieser überhaupt beteiligt wurde. Es wäre wohl zu leicht, so Schuldige zu suchen. Die Menschen haben ihre Möbel von sich aus weggeworfen, oder weiß gestrichen, da hat niemand über ihre Köpfe hinweg entschieden. Man muss ihr Verhalten auch aus der Zeit heraus beurteilen.
Was ja eine wesentliche Aussage war, ist dass wir nicht zurückkehren können, und dass Geschichte erst recht nicht mehr lesbar wird, wenn wir überall Repliken aufstellen.
Sind diese Repliken auch noch symbolisch aufgeladen, gibt es Gruppierungen die das ausnutzen, aufspringen, wie auch im Falle eines Berliner Schlosses. – Zumindest folgt eine Stärkung rechter Ansichten, die in der Mitte ankommen.
Um den Faden des Interviews weiterzuspinnen, wenn unsere zukünftige Realität eine virtuelle ist, wird alles andere überflüssig. Das Gefährliche an virtuellen Welten ist aber, dass sie die Menschen durch sie leichter manipulieren lassen.
Isidor
schrieb am 11. Juni 2009
um
14:11
Ein interessanter Radiobeitrag, wenn er auch keine neuen Erkenntnisse bringt. Die Quintessenz, wie Sie schon erwähnten, ist, dass man Geschichte nicht nachbauen kann, also das Standardargument der fehlenden Authentizität (wer hätte gedacht, dass er das Wort \"Disneyland\" gebrauchen würde?!).
Ansonsten erkennt Herr Sewing aber ganz richtig den Grund für die neue Lust am Rekonstruieren, der in dem \"Misstrauen\", wie er es nennt, der Bevölkerung gegen die moderne Architektur liegt. Ich persönlich halte Abneigung oder Verdrossenheit für ein zutreffenderes Wort, denn sie entsteht immer da, wo etwas über den Kopf des Volkes hinweg und gegen seinen Willen durchgesetzt wird.
Die Rekonstruktionen sind also in der Tat in erster Linie eine Antwort auf die Architektur unserer Zeit und der letzten 60 Jahre. Würden die Architekten nun darauf reagieren und sich etwas an die Bedürfnisse der Menschen anpassen, so könnte moderne Architektur tatsächlich wieder eine Alternative zur Rekonstruktion werden. Es gibt Architekten, die das bereits erkannt haben (Hans Kollhoff, Patzschke & Partner), doch ihre Zahl ist leider noch sehr gering. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftig mehr Architekten diesem Beispiel folgen werden.
Karl
schrieb am 11. Juni 2009
um
14:00
\"Die Aussage stimmt, dass geschichtliche Kenntnisse immer weniger werden, dass merkt man ja auch deutlich daran, was hier im Gästebuch zum Vorschein kommt.\"
Dass viele Mitmenschen den Unterschied zwischen Barock und Klassizismus oder Rekonstruktion und Original nicht (er)kennen, ist eher auf ein oberflächliches Interesse für Architektur zurückzuführen.
Man kann auch nicht auf der einen Seite Sensibilität für Architekturstile erwarten und auf der anderen Seite jahrzehntelang erfolgreich alles \"Nichtpuristische\" verurteilen und als überholt oder gar als wertlos bezeichnen.
Schon gar nicht sollte man auf die Idee kommen, Architekten allgemein ein größeres Geschichtsbewusstsein zuzusprechen, als dem Normalbürger!