Kreuzberger
schrieb am 14. Juli 2009
um
20:03
@Deutscher
Für seinen verschwenderischen Asbesteinsatz? Dem kann ich mich nur anschließen.
Kein Happyend ohne vorhergehende Dramatik! Danke Heinz!
Deutscher
schrieb am 12. Juli 2009
um
23:21
@ Ostdeutscher
Wenn der PdR nicht in Gänze asbestverseucht gewesen wäre, stünde er wahrscheinlich heute noch?!
Mein Dank gilt Heinz Graffunder!!!
Ostdeutscher
schrieb am 12. Juli 2009
um
22:49
Für die moderne Kunst hätte man auch den Palast der Republik stehen lassen können! Die Siegerwillkür der Revanchisten scheint sich da selbst in eine Sackgasse gefahren zu haben!
Kreuzberger
schrieb am 9. Juli 2009
um
17:37
Ich meinte die geniale Nutzung des Louvre zur Präsentation von Werken der Malerei und Bildhauerei der letzten Jahrhunderte. Dafür wäre auch unser Schloß besser geeignet. Selbst moderne Kunst könnte ich mir hier vorstellen, auch auf die Gefahr hin, daß Wilhelm Zwo in seiner Gruft rotieren würde. Daß der Hamburger Bahnhof so gut funktioniert, liegt denke ich vor allem am Kontrast von zeitgenössischen Exponaten und historischem Ambiente.
S.Hartmann
schrieb am 9. Juli 2009
um
13:20
@ Kreuzberger
Was meinten Sie nun mit dem Louvre???
\"Anders als Sie würde ich dann jedoch längerfristig eine andere Nutzung anvisieren (Stichwort Louvre)\"
zweifelnd
schrieb am 8. Juli 2009
um
23:40
\"Mir kommt es daher so vor als ob wir über zwei verschiedene Beschlüsse diskutieren.\"
Auf dieser HP:
\"Nach den Vorschlägen der \"Internationalen Kommission Historische Mitte Berlin\", die Grundlage des Beschlusses des Deutschen Bundestages sind, sollen die kunsthistorisch wertvollen Innenräume, wo immer mit dem Museumskonzept des Inneren vereinbar, im Schloss wieder eingebaut werden. Das heißt nicht, dass sie sofort mit ihrer gesamten künstlerischen oder auch in schlichter Ausstattung gebaut werden, sondern zunächst wohl nur in den originalen Abmessungen. Ein späterer Weiterbau könnte damit möglich werden. Dies wird zunächst keine Mehrkosten verursachen.\"
Ich bin vollkommen mit der Dauernutzung als Humboldtforum einverstanden. Mir kommt es mehr darauf an, dass nicht w i r entscheiden sollten wie spätere Generationen mit unserem Fassadenschloss umzugehen haben, indem wir kurzsichtig Tatsachen schaffen.
Geschosshöhe, Treppenhäuser und Raumabmessungen sind Eckpfeiler, die immer noch genügend Spielraum für eine moderne Nutzung zulassen.
Mir ist z.B. wichtig, dass die Statik von vorneherein so berechnet ist, dass nur dort tragende Wände hinkommen, wo auch früher Wände waren. D.h. keine tragende Wand mitten im Weißen Saal.
Auf die Wiederherstellung der ursprünglichen Raumfolge lege ich keinen Wert.
Die einzige Rekonstruktion im Inneren des Schlosses, die ich miterleben möchte, ist die der Gigantentreppe: https://berliner-schloss.de/userfilesupload/image/20030105133232.jpg
Die anderen Treppen können modern werden, müssen aber an ihren ursprünglichen Ort.
Die Geschosshöhen sind alleine schon wegen der Fenster und Balkone wieder aufzugreifen.
Es kann noch so viel schiefgehen. 🙁
Kreuzberger
schrieb am 8. Juli 2009
um
22:27
@S.Hartmann: Sagen wir´s mal so: Die Idee des Humboldtforums war das Vehikel, das die Idee des Wiederaufbaus des Schlosses erst beschlußfähig machte. Meines Erachtens ist das Projekt inzwischen so weit in trockenen Tüchern, daß ich mich persönlich von dieser Intention wieder verabschieden kann, um in Jahrhunderten und nicht in Legislaturperioden zu denken.
S.Hartmann
schrieb am 8. Juli 2009
um
22:13
\"Stichwort Louvre\"- in welchem Zusammenhang?
Das interessante ist, Sie haben beide selbst fundamentale Kritik an der jetzigen \"Schloss\"-Neubau-Idee. Sie packen Wunschdenken (\"längerfristig eine andere Nutzung anvisieren\"; \"Beides stellt FÜR SICH betrachtet eine enorme Bereicherung für Berlin dar\") in das beschlossene Konzept. Mir kommt es daher so vor als ob wir über zwei verschiedene Beschlüsse diskutieren.
Denn gerade langfristig die Sammlungen an dem Ort unterzubringen ist gewünscht und es soll eben nicht jedes für sich stehen. Das Gebäude soll nach Wunsch der Politik alles auf einmal erfüllen: Barockschloss, Bibliothek, ethnolog. Museum und Veranstaltungsort; Moderne und Vergangenheit(das schaft nicht einmal der Louvre überzeugend; die Ägyptensammlung z.B. geht dort leider in den beengten Räumen unter).
Wenn denn Beschlossen worden wäre alles nachzubauen, inkl. Innendekor hätte ich viel weniger Angriffspunkte; aber so.
Dies ist was die meisten Kritiker und ich bemängeln.
zweifelnd
schrieb am 8. Juli 2009
um
20:36
Ich bin sehr angetan von der Idee des Humboldtforums und der Entscheidung drei Barockfassaden + den Schlüterhof zu rekonstruieren.
Beides stellt für sich betrachtet eine enorme Bereicherung für Berlin dar, dennoch befürchte ich, dass dieses Bauwerk nicht überzeugen wird, wenn die Nutzer ausschließlich ihre eigenen Interessen verfolgen und der Blick für das gesamte Gebäude fehlt.
Der Schlossverein sollte nun öffentlich verstärkt darauf hinweisen, dass das Projekt nur dann stimmig und vor allem nachhaltig sein wird, wenn sich auch das Innenraumkonzept am Schloss orientiert. Das Wiederaufgreifen der Geschoßhöhen, der Standorte der Treppenhäuser und der Abmessungen der früheren Paradekammern ist z w i n g e n d notwendig.
Kreuzberger
schrieb am 8. Juli 2009
um
19:59
Als Sammler besitze ich natürlich auch lieber ein bescheidenes Original, als zehn herausragende Kopien. Daß Authentizität nicht beliebig reproduziert werden kann, ist uns ja allen klar.
Ich schätze mal, daß auf tausend künftige Wahrnehmungsvorgänge des Schlosses seitens unserer Besucher gerade einmal ein Dutzend auch das Innere mit einbeziehen werden. Dieses Schloß wird vor allem eine Außenwirkung haben, die auch noch vom Tiergarten aus registriert werden wird.
Daß es nicht gerade wie geschaffen für die Funktion des Humboldtforums sein wird, liegt auf der Hand. Anders als Sie würde ich dann jedoch längerfristig eine andere Nutzung anvisieren (Stichwort Louvre) und mir schon mal ein geeignetes Grundstück am Humboldthafen für ein ethnologisches Museum reservieren.
S.Hartmann
schrieb am 8. Juli 2009
um
17:00
@Ernst Ludwig
„Mir gefällt das Barockschloß, und ich finde es schön.“
- ist ja gut. Ich auch. Und niemand kritisiert, dass man den Barock als schön empfindet.
Viele Menschen empfinden aber auch „moderne“ Architektur schön. Hier beziehe ich mich auf Prachtbauten der Neuzeit, nicht auf die Alltagsbauten, die auch schon in der Geschichte meist nur mittelklassig waren. Wem jetzt also den Vorrang geben? ->
Wir stehen vor der Situation, dass wir momentan die Kellerreste des PdRs und des Schlosses vor Ort haben. Wir haben auch die Baupläne und Fotos beider Gebäude. Was nun aber von der Politik als neues Gebäude konzipiert wurde ist das „Humboldt-Forum“, welches Museum für außereurop. Kulturen, Bibliothek und Veranstaltungsort werden soll. Für diese Funktionen ist aber keines der zerstörten Gebäude mehr geeignet, ohne viele Abstriche zu machen.
Daher sollte man wohl eine neue Form finden.
Die geschichtliche Dimension des Schlosses mit Preußen und Kaiserzeit kritisiere ich nicht. Sie ist in Aufzeichnungen vorhanden, nicht real erlebbar und kann auch durch eine Kopie nicht mehr hergestellt werden.
@Kreuzberger
„Was unterscheidet nun die wiederaufgebaute Frauenkirche vom wiederaufzubauenden Stadtschloß?“
Kirche blieb Kirche- Innen wie Außen- nach dem Original wo es nur ging
Das „Schloss“ mit den selektierten Fassaden soll eine ganz andere Funktion und Innenraumgestaltung erfahren. Man möchte nur den schönen Schein nach außen waren und das nicht einmal konsequent(Ostfasade etc.).
P.S. Besuchen Sie mal Prötzel (Nähe S-Bhf Strausberg), dort steht ein schönes Barockschloss das angeblich von Schlüter oder einem seiner Schüler gebaut worden ist. Eine schöne Barockkirche mit Dokumentation zum Schloss und Schlossherren gibt es auch, sowie die Reste des Parks.
Und nicht enttäuscht sein, es ist leer stehend und in schlechtem Zustand. Dieses Schloss zeigt aber wenigstens seine Geschichte und ist daher für mich schöner als es das „Berliner Schloss“ möglicherweise je wird.
Ach ja, Schloss Wilkendorf und der riesige Golfplatz sind gleich um die Ecke.
Ernst Ludwig
schrieb am 8. Juli 2009
um
14:05
Ich habe den Eindruck, daß hier viele Kritiker am Schloßneubau diesen ideologisch überfrachten. Nun könnte ich in die gleiche Kerbe hauen, und dagegenhalten, daß das Kaiserreich und das Königreich Preußen zu dem Teil unserer Geschichte zählt, dessen wir uns nicht zu schämen haben, trotz allem, was dagegen eingewendet werden mag.
Aber, das alles einmal beiseite, warum kann man seitens der Kritiker nicht gelten lassen, daß Leute ein Barockschloß schlicht und einfach als schön empfinden? Ich freue mich schon jetzt darauf, in einigen Jahren die Linden entlang zu laufen und dabei die großartige Barockarchitektur vor Augen zu haben, und dabei ist mir die ganze Dikussion um Identität, um Rückwärtsgewandheit so etwas von wurscht, wie es nicht größer sein könnte.
Diese ganzen oberschlauen Mahner von den Architektenkammern, in den Feuilletons u.a., sie können mir alle gestohlen bleiben. Mir gefällt das Barockschloß, und ich finde es schön.
Kreuzberger
schrieb am 7. Juli 2009
um
21:37
@Hartmann: Als ich das Schloß Oranienburg nach Abschluß der Restaurierungsarbeiten zum ersten Mal besuchte, war ich vom Inneren des Gebäudes einigermaßen schockiert. Nur weiße(Rigips?) Wände, neue Holzböden, keine Spur vom Charme alter Gemäuer.
Da war wohl nichts mehr zu retten, aber wenn auch das Wissen um diesen Zustand die Gesamtwahrnehmung trübte, erschien mit die äußere Hülle doch einigermaßen gelungen. Lieber ein Kompromiß als gar nichts.
Was unterscheidet nun die wiederaufgebaute Frauenkirche vom wiederaufzubauenden Stadtschloß? Welcher Prozentsatz an Originalsubstanz ist notwendig, um Authentizität bzw. Scheinauthentizität zu erzeugen? Ein Schutthaufen, der in Situ über die Jahrzehnte an einen ehemaligen Prachtbau gemahnte ist meines Erachtens nicht authentischer als die in diversen Depots untergebrachten Reste dieses Schlosses, das ja nun wirklich auch umfassend dokumentiert ist.
Mit Fließbandarchitektur meine ich die Bauelemente der industriellen Massenproduktion, die immer wieder neu kombiniert und variiert doch nichts anderes als gepflegte und normierte Langeweile vermitteln.
Ein handbehauener Sandstein ist für mich aussagekräftiger als eine ganze sandsteinfurnierte Betonfassade.
Mit \"Brüchen\" habe ich übrigens keine so große Probleme, wie Sie vermuten. Man kann sie heilen oder akzentuieren. Nur habe ich oft den Verdacht, daß sie gerade dort herausgehoben werden, wo sie besser rückgängig gemacht werden sollten.
S.Hartmann
schrieb am 7. Juli 2009
um
10:48
@ Lars
„Wenn also „modernes“ Bauen unsere Denkmalkultur fördert, warum interessiert sich die breite Masse nicht dafür, dass im ganzen Land Denkmale von Rang bedroht sind?“
-Besser: nicht gefährdet. Ein Nachbau trägt die Gefahr in sich zu suggerieren: Alles ist kopierbar- auch Geschichte. Und das kann zu Vernachlässigung von echten historischen Zeugnissen führen.
Hier auf der Homepage wird der Eindruck erweckt, man kann die Fassade originalgetreu nachbauen. Das ist aber falsch. Das Schloss ist zwar sehr gut dokumentiert und im Vergleich zu vielen anderen Anlagen wird man dem Original recht nahe kommen, doch Details, vielleicht von den Steinmetzen hinterlassen (wie an fast allen historischen Gebäuden zu finden), sind nicht dokumentiert. Doch sind es gerade diese Details die uns Geschichte nachfühlen lassen und uns Einblicke in die damaligen Lebens- und Arbeitsweisen geben.
Und das sich die breite Masse nicht dafür interessiert liegt wohl eher am Bildungsgrad und daran das die Politik versäumt den Menschen den Wert der Anlagen aufzuzeigen.
Meist sind es ja gerade Architekten und Künstler die sich für solche Anlagen einsetzen.
„Wer als Architekt nicht für einen kompletten modernen Neubau an dieser Stelle ist, verrät seinen Beruf.“ (Weinmiller)
Ein sehr richtiges Zitat.
Übrigens, Architekten verdienen das meiste Geld mit Umbauten, nicht mit Neubauten.
@ Kreuzberger
„Bauten des Barocks etc. durchaus schätzen. Mit der Einschränkung aber, daß sie im Falle einer Zerstörung keinesfalls wiederbelebbar wären.“
Das würde ich nicht so sehen. Ich sehe viele Beispiele wo es funktioniert hat, speziell in Dresden, bei denen aber ein hoher Prozentsatz vom Original erhalten war.
Wenn man aber von Wiederbelebung spricht gehört nun einmal die Einheit von Innen und Außen dazu, die im Barock so wichtig war.
Sie wollen immer wieder Brüche in der Stadt und ein „befremdliches“ neues Haus inmitten weitestgehend historischer Substanz verhindern. Doch verlagern Sie diesen Bruch nur in das Gebäude selbst und haben am Ende nicht viel gewonnen.
„Die Fließbandarchitektur ist hier einmal nicht zum Zuge gekommen“
Ich glaube Sie wissen genauso gut wie ich, dass dies niemals ein Entwurf von der Stange geworden wäre.
@Isidor
1. Ihren ersten Absatz lass ich mal links liegen, da ich selbst nicht solche Punkte angeführt habe
2. „Zeugt es nicht allein schon von Weltoffenheit, dass man den außereuropäischen Kulturen dieses prestigeträchtige Projekt im Herzen des historischen Zentrums der Hauptstadt widmet? Wo sonst hat man eigens für die nichteuropäischen Kulturen ein so prächtiges Podium errichtet?“
Gerade diesen Punkt finde ich sehr kritikwürdig.Das gerade das eine Auszeichnung für die anderen Kulturen sein soll in neu-barocken Fassaden gepresst zu werden halte ich für grundfalsch. Ein eigenständiges Museum wie bisher in Dahlem oder Paris ist angebracht.
„Sind wir also unbelehrbar, nur weil wir versuchen, ein Stück unserer Identität zurückzugewinnen?“
Wie kann etwas Imaginäres (denn das ist es ja noch) zu einem Teil Ihrer Identität werden? Haben Sie das Schloss noch erlebt?
Kreuzberger
schrieb am 6. Juli 2009
um
0:06
Die Skeptiker, die hier maßgeblich die Diskussion bestimmen, haben ja schon wiederholt betont, daß sie historische Bauten des Barocks etc. durchaus schätzen. Mit der Einschränkung aber, daß sie im Falle einer Zerstörung keinesfalls wiederbelebbar wären. Das eigentlich Perfide an ihrer Argumentation ist eben diese Behauptung, die durch nichts belegt ist und nur durch vollkommen unzulässige Vergleiche mit tatsächlichen \"Zuckerbäckerbauten\" am Leben erhalten werden kann. Man kann solche Argumentationen deswegen auch nicht ernstnehmen und muß vermuten, daß es sich hier ausschließlich um politische oder kommerziell bedingte Vorbehalte handelt, die mit Kunst und Kultur eher indirekt zu tun haben.
Die Fließbandarchitektur ist hier einmal nicht zum Zuge gekommen und schon wird das Menetekel von Oma´s Guter Stube an die Wand geworfen.
@nachdenklicher: Sie sind auf der falschen Fährte. Ich verdiene nicht mehr als ein Fassadenanstreicher, weil ich mich dem arbeitsintensiven und unterbezahlten Beruf des Faßmalers und Vergolders verschrieben habe. Immerhin habe ich Ihnen eine zigjährige Praxis in angewandter Stilkunde voraus. Theorie ist nun mal nicht alles.
Isidor
schrieb am 5. Juli 2009
um
20:49
Pardon. Letzter Satz: aufgeben statt aufgegeben
Isidor
schrieb am 5. Juli 2009
um
20:37
Meiner Meinung nach, sehen vor allem die Schlosskritiker die ganze Thematik zu abstrakt und theoretisch. Warum versuchen Sie, alle möglichen Symbole und Deutungen in diese Rekonstruktion zu legen? Sind Sie wirklich der Meinung, dass man mit dem Hohenzollern-Schloss gezielt ein Symbol der Monarchie und des Absolutismus wiedererrichten will? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass unsere Politiker diese Ambition verfolgen. Und ich glaube auch nicht, dass die Mehrheit im In- und Ausland ähnlich konspirativ wie Sie denkt und in dem Wiederaufbau eine sich anbahnende Rückkehr zum Faschismus, Nationalismus oder was auch immer sieht. Vielmehr wird dieses Projekt überall weitesgehend positiv aufgenommen, entweder, weil man ein GUTES Symbol darin sieht, nämlich, dass Deutschland langsam wieder zu seiner eigenen Identität zurückfindet. Oder weil man die Politik ganz aus dem Spiel lässt und es nur vom ästhetischen Standpunkt aus betrachtet.
Ich finde alle ideologischen Argumente, die man gegen die Rekonstruktion zu Felde führt, mehr oder weniger absurd. Weltoffenheit ist schön, mindestens genauso wichtig ist doch aber die Offenheit gegenüber der eigenen Kultur und Geschichte. Warum kann denn eigentlich nicht beides möglich sein? Warum kann man nicht weltoffen sein, zumindest für alle nützlichen Dinge, und auch offen für die eigene Kultur? Die meisten anderen Länder schaffen es, diesen schmalen Grat zu gehen, nur wir scheinbar nicht. Denn wer konservativ ist, kann bekanntlich nicht weltoffen sein. Und wer weltoffen ist, muss alles Nationale verurteilen.
\"Was ist denn Kultur? Zu kulturellen Leistungen gehört eben auch Weltoffenheit. Und bloß weil man das Schloss nicht nachbaut bedeutet dies nicht, dass man die Kultur nicht schätzt.\" S.Hartmann (1846)
Dieses Zitat ist, wie ich finde, ein gutes Beispiel für die besagte Einseitigkeit. Mit \"Weltoffenheit\" wird hier ein moderner Neubau gerechtfertigt, denn das Schloss spiegelt äußerlich die deutsche, oder sagen wir europäische, Kultur wider und ist daher nicht weltoffen. Zeugt es nicht allein schon von Weltoffenheit, dass man den außereuropäischen Kulturen dieses prestigeträchtige Projekt im Herzen des historischen Zentrums der Hauptstadt widmet? Wo sonst hat man eigens für die nichteuropäischen Kulturen ein so prächtiges Podium errichtet? Man könnte den oben stehenden Satz also auch umstellen und sagen:
Bloß weil man das Schloss nachbaut, bedeutet dies nicht, dass man die Kultur anderer Länder nicht schätzt.
Sind wir also unbelehrbar, nur weil wir versuchen, ein Stück unserer Identität zurückzugewinnen? Sind wir fremdenfeindlich und nicht weltoffen, weil wir unsere eigene Kultur nicht ganz aufgegeben wollen?
LARS
schrieb am 5. Juli 2009
um
18:23
Der „Nachbau“ ist eine Abkehr von der als sakrosankt erklärten „modernen“
Stadtentwicklung und Architektursprache bei Neubauten. Diese „Baukultur“ hat sich gerade wegen ihres weltweiten Erfolges heute in einer gewissen Weise totgelaufen und bedarf Reformen.
\"Aus meiner Sicht ist gerade der Nicht-Nachbau ein kulturelles Statement, ein Pluspunkt für unsere Denkmalkultur und Geschichtskultur und eine Förderung unserer bildenden Künste/ Architektur durch einen „modernen“ Neubau.\"
Wenn also „modernes“ Bauen unsere Denkmalkultur fördert, warum interessiert sich die breite Masse nicht dafür, dass im ganzen Land Denkmale von Rang bedroht sind? Weil uns Generationen von Architekten in diesem Bereich desensibilisiert haben, mit der Lehre, dass das Bewahren des alten Stadtbildes ein fortschrittsfeindliches, anachronistisches Verhalten ist.
Ein „moderner“ Neubau würde rein gar nichts verändern, fördern oder Pluspunkte verteilen!
Keine Frage, vielen käme dies sehr zupass: „Wer als Architekt nicht für einen kompletten modernen Neubau an dieser Stelle ist, verrät seinen Beruf.“ (Weinmiller)
In diesem Sinn,
LARS
S.Hartmann
schrieb am 5. Juli 2009
um
14:57
„Die 500 Jahre Stadtschloss zu übergehen wäre ein Signal der Verlogenheit. Ein Signal, dass man Kultur im Grunde nicht wertschätzt und dass das Humboldtforum nur den Zweck erfüllt, sich als weltoffene und politisch korrekte Nation zu präsentieren.“
- und was ist mit den fast 60 Jahren ohne Stadtschloss? Die Form der Fassade die nachgebaut werden soll ist im Übrigen keine 500 Jahre alt. Wenn man dann von ca. 1700 ausgeht gibt es das Schloss in der Form schon 17%, der seit dem vergangenen Zeit, nicht mehr.
Diese Zahl ist natürlich sehr abstrakt und spiegeln nicht den Wert des verloren gegangenen Schlosses wieder; aber sie zeigt gut das die letzten Jahrzehnte schon viel an neuer Geschichte für diesen Ort geschrieben haben und dies jetzt einfach übergangen wird.
Was ist denn Kultur? Zu kulturellen Leistungen gehört eben auch Weltoffenheit. Und bloß weil man das Schloss nicht nachbaut bedeutet dies nicht, dass man die Kultur nicht schätzt. Aus meiner Sicht ist gerade der Nicht-Nachbau ein kulturelles Statement, ein Pluspunkt für unsere Denkmalkultur und Geschichtskultur und eine Förderung unserer bildenden Künste/ Architektur durch einen „modernen“ Neubau.
„Inwiefern hat das alte Museum in Dahlem optisch auf die außereuropäischen Kulturen Bezug genommen?“ – ich spreche von den Bauten aus den 60iger und 70iger Jahren und ich beziehe mich auf die Konzeption des Museums. Dort gibt es weniger natürliches Licht als in anderen Museen (Pigmentschutz), die großen Hallen sind geeignet, um die Boote auszustellen und spektakulär in Szene zu setzen.
\"Selbstbewusst nach außen darstellen\": moderne Ausstellungsformen und Klassifizierungen der Gegenstände bringen eine moderne Raumform im Inneren eines Museums mit sich (siehe Musée du quai Branly/ Paris; auch wenn es jetzt Aussen nicht gerade gelungen ist). Somit ergeben sich automatisch bestimmte Fassadenöffnungen und eine Fassade die das Innere in gewisser Form nach außen bringt.
nachdenklich
schrieb am 4. Juli 2009
um
19:22
@Lindner, Sie müssen daran denken, welchen Stellenwert genannte Kulturen in jenen Jahrhunderten in der Gesellschaft einnahmen. Bis zur Aufklärung im 18. Jahrhundert hatten exot. Sammlungen in den fürstlichen Schlössern den Charakter von Kuriositätenkabinetten, einen Status, den sie schon mit Beginn des Zeitalters der Entdeckungen einnahmen.
Mit einer anderen Sichtweise:,
gibt es nicht etwas geeigneteres als den Nachbau des Schlosses der Hohenzollern, um auf die Arbeit eines Alexander von Humboldt hinzuweisen?
Welchen Stellenwert hatten denn diese außereuropäischen Kulturen ausgerechnet bei den Erbauern und Herren des Originalschlosses? Das Schloss ist eben mit Bedeutung aufgeladen, die auch bis ins 20. Jahrhundert reicht. Dazu gehören auch Kolonialismus, mit unrühmlichem Verhalten gegenüber Völkern, wie den Herero in Afrika, oder die Mithilfe bei der Niederschlagung des Boxeraufstandes in China. Auf dieser Seite sollte man dazu einmal die „Hunnenrede“ Kaiser Wilhelms II. (ein Hohenzoller) lesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Boxeraufstand
S.Hartmann hat völlig Recht, wenn er nach dem Zeichen fragt, das man setzt, wenn man hinter den neuen Pseudoschlossfassaden ausgerechnet Sammlungen jener Kontinente präsentiert.
Welches Bild geben w i r denn ab, in einer Welt, welche beginnt mehr denn je zusammenzuwachsen?
Sind wir die Unbelehrbaren?
Wie lautet denn die Aussage, wenn außereuropäische Kulturen, und europäische Kultur ausgerechnet auf diese Weise zusammengebracht werden?
Das diese Kulturgüter der Vergangenheit nichts mit der heutigen Zeit zu tun haben sollen, stimmt eben nur bei oberflächlicher Betrachtung, es ist gerade umgekehrt,
zur Exotensammlung würden die Kunstschätze hinter einem Schlossfassadennachbau erst recht.
Und eine Architektursprache zu adaptieren, die eigentlich Aussagen aus der Vergangenheit mitbringt, ist nicht wirklich selbstbewusst.
Wir müssen einen zeitgemäßen Standpunkt zum Ausdruck bringen, wenn wir beweisen wollen, dass wir etwas dazugelernt haben.
***
Natürlich ist nicht gemeint, dass eine „außereuropäische Fassade“ erstellt werden solle, im bildlichen Sinne, sie haben ja schon bemerkt, dass bei so einer Vielfalt so etwas nicht möglich wäre.
So eine bildliche Umsetzung würde man „narrativ“ nennen, und so etwas hier im Forum zu vollziehen wäre naiv.
Warum nicht einen Wettbewerb ausloben, der möglichst viele motiviert teilzunehmen? Die hier aufgezeigten Sichtweisen hatten eben zuvor auch schon viele andere, und diese wollten sich verständlicherweise nicht die Blöße geben den gemachten Auflagen für das Projekt Folge zu leisten.
Wenn es ein ernsthaftes Interesse an Antworten gibt, kann man sich auch an anderen Stellen dazu Informationen holen.
***
PS: Selbst ein Gartenzwerg wäre eine angenehmere Aussage!
Schlossfassade und Gartenzwerg charakterisieren in gleicher Weise, mit dem Unterschied, dass der Gartenzwerg ehrlich ist, und wie ein Gartenzwerg aussieht.