Maus
schrieb am 5. Mai 2010
um
11:45
Eine Gesellschaft muss sich über Werte deffinieren, schreiben sie, und ihnen fallen nur Sprache, Sitte und Wertevorstellung ein. Was sind denn das für Werte, und von wem sprechen sie?
\"Deutsche Leitkultur\"? Mit diesem Unsinn ist man ja bekanntlich auf die Nase gefallen.
Zu wem \"aufblicken\"? Erzählen sie doch einmal ...
Verteidigen tut auch niemand eine intollerante Gesellschaft, sondern sie verbreiten Klischees, die nur auf eine Minderheit der Minderheit zutrifft. Dadurch wird das Beheben von Problemen erschwert, die tatsächlich existieren mögen.
Ich kritisiere Rekonstruktionen nicht im Allgemeinen, der Wiederaufbau der Garnisionskirche hat aber doch den gleichen, wenn nicht noch fragwürdigeren Hintergrund wie der des Schloss-Denkmals.
Es ist doch lächerlich zu behaupten, dass mit der 1:1 Rekonstruktion ein Zeichen etwa gegen Krieg gesetzt würde. \"Kein deutlicheres Zeichen gegen Krieg\", sagen sie, - so ein Unsinn.
Wenn sich erst Patina angesetzt hat, wird der Laie nicht mehr fragen, insbesondere wenn die Generationen nicht mehr sind, die von der Geschichte erzählen könnten.
Ob dann die Touristen, die sie hier unten (2170) noch als Maßstab brauchen, die Geschichte richtig einschätzen wollen?
Fragen hingegen, täten sich eher bei einem Entwurf wie für eine \"Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche\" auf. Hier wird ganz anders mit dem Thema umgegangen.
Es ist ganz einfach, mit Reko-Symbolen sollen rechtskonservative Inhalte in der Mitte der Gesellschaft etabliert werden. Jedenfalls erhalten sie aus diesem Grund politischen Rückhalt.
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Nun, einen Krieg wollte wohl nach 1918 nur wenige, aber Untertanengeist, Nationalismus, und das Einreden, die einen stünden über den anderen, war der Nährboden für den nächsten. Für das \"letzte Reich\" brauchte man Gründungsmythen, die hatten ja schon Tradition, und mit dem \"Tag von Potsdam\" (1933) wurde die Garnisionskirche zu einem Ort einer verhängnisvollen Beziehung, und für uns heute, eigentlich ein Beispiel, wie Geschichtspolitik funktionerte.
Fragen stellen wird man dazu nach einer Rekonstruktion nicht mehr, zumal man dieser ja nichts ansieht. Und ein separates Info-Zentrum kann man leicht umgehen, denn der Kirchenbau wird auch ohne dieses funktionieren!
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Im Übrigen werden die Zusammenhänge zu den Katatrophen des 20.Jh. in den Medien häufig nur angedeutet, aber nie ausgesprochen. Das Publikum soll scheinbar nicht \"verschreckt\" werden ... Der Zusammenhang zwischen den Menschen selbst, und der ewigen Frage: \"Wie war das möglich?\" Wurde, und wird so nie hergestellt, dass zeigen deutlich die Reaktionen, auch hier.
Demzufolge gibt es keine wirkliche Konsequenz, die viele heute für ihr Leben ziehen würden, verstärkt wird das auch durch die einseitige Gewichtung des damaligen Widerstandes um eine Offiziersfigur, deren Ziele letztendlich fraglich blieben. Was kann man heute davon mitnehmen? Dass man Bomben legen muß? Was ist denn mit der Haltung, die die Bevölkerung eingenommen hatte, bevor es zu spät war?
Aus der Redaktion \"Zeitgeschichte\" des Fernsehens kommen \"Lamento-Produktionen\" wie \"Dresden\", oder \"Flucht und Vertreibung\" mit dem die Gesellschaft einseitig als Opfer dargestellt wird, dass passt gut zusammen mit dem \"Vergessenwollen\", denn nichts anderes werden diese Nachbauten Glauben machen.
Vergleichen sie doch einmal Rezensionen hier in der \"ZEIT\":
http://www.zeit.de/2006/48/Alle_waren_Opfer
Die Aufarbeitung hat noch nicht einmal vollständig stattgefunden. Das Thema wurde und wird, auch schulisch, nicht umfassend behandelt. Ich kenne so viele Menschen, die sagten, davon habe ich in der Schule nichts gehört.
Dass ein Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevökerung im Osten stattgefunden hat, dass wird noch nicht einmal medial thematisiert, stattdessen wird in einem unproportionalen Verhältnis nur die \"Opferrolle\" der eigenen Kriegsteilnehmer oder der Zivilbevölkerung sichtbar gemacht. Geht es um Wählerstimmen gewisser Verbände?
Man möchte meinen, dass hat Methode.
Inhalte, die eigentlich vom Kern der Gesellschaft aufgearbeitet werden müssten, werden, wie in diesem Fall, der Linken überlassen, ja, sie werden damit identifiziert.
Mit dem \"Geschichts-Entertainment\" des Fernsehens, aber auch Symbolen wie die Rekonstruktionen sie hervorbringen werden, wird \"Aufarbeitung\" aber verfälscht; und es ist zu befürchten, dass man sich aus banalen machtpolitischen Gründen damit von den \"Ultraroten\" abheben möchte ...
Mit Ironie: In Dresden hat man eine Frauenkirche, in einem \"Grau in Grau\" werden die Spuren der wahren Geschichte bald verschwinden.
Das Resultat der Zerstörung aber, dass auch das Ergebnis einer Haltung der Menschen war, wird bald nicht mehr erkennbar sein, und kann somit auch nur schwer an etwas mahnen.
Es ist wahrhaft wie eine \"Wiedergeburt\", quasi ein \"Phönix aus der Asche\". Rekonstruktionen sagen aber auch, indem wir \"alles wieder aufbauen wie es war\", und somit alles reparabel erscheint (nicht geschehen), dass eine Auseinandersetzung damit, wie es zur Zerstörung kam, nicht mehr notwendig ist. Dazu passt, dass man medial hauptsächlich das \"Teuflische\" der Führerfiguren thematisiert, anstatt zu zeigen, dass jenen durch die Gesellschaft erst der Weg geebnet wurde.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,677740,00.html