Cornelius Wiesner
schrieb am 8. Juni 2010
um
7:37
Eben!
Die Bundeskanzlerin hat einen für sie recht geschickten Schachzug gemacht: Sie kann das Schloss jetzt aussitzen. Soll sich die nächste Bundesregierung damit herumschlagen!
Genau jetzt wäre der Förderverein gefragt, wären wir alle gefragt. Das Schloss ist kein Selbstläufer mehr, schreibt der Tagesspiegel. Damit hat er leider recht. Außer bei glühenden Schlossbefürwortern innerhalb (fast) aller Parteien können wir nicht damit rechnen, dass sich in den nächsten Jahren auf Regierungsebene jemand für das Schloss einsetzen wird. Daher ist jetzt Bürgersinn gefragt, im besten Sinne. Was die Mitarbeiter des Fördervereins in den Infozentren machen ist gut und richtig. Aber es erreicht nicht diejenigen, die sich fürs Schloss nicht, noch nicht oder schon nicht mehr interessieren. Der Förderverein sollte wieder gezielt Prominente suchen, die außerhalb der Politik ihre Stimme erheben und darauf verweisen, dass der Wiederaufbau mit dem Konzept des Humboldt-Forums vom Bundestag beschlossen und schon weit über eine bloße Idee hinaus ist. Menschen der Öffentlichkeit, die dem Land sagen, dass wir Schlossfreunde kein Haufen von geschichtsrevisionistischen, architekturfeindlichen Disneyland-Spinnern sind und das Projekt, für das wir kämpfen, es wert ist. Wenn ich mir die diversen Diskussionsforen ansehe, würde ich behaupten, dass wir das wesentlich differenziertere Geschichtsbild und den wesentlich größeren Wissensstand haben. Lassen wir uns von Polemik nicht verunsichern, nutzen wir jede Diskussion, um für unser Anliegen zu werben!
Wir müssen nun vor allem drei Dinge verhindern:
1. Dass die Notwendigkeit der Wiedererrichtung der barocken Fassaden und der Kuppel selbst noch einmal in Frage gestellt wird. In dem Moment, wo hier jemand anfängt, werden sie alle wieder anfangen: Die Bedenkenträger, die mit dem schlechten historischen Gewissen, die Freunde einer \"modernen\" Lösung.
2. Dass das gefundene Konzept für sich nicht zeredet wird, sondern an Konturen gewinnt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es manchmal schwer ist, jemandem zu erklären, was ins Schloss eigentlich rein soll. Stehen wir zu dem, was gefunden ist. Machen wir klar, dass wir nicht die Monarchie wieder einführen wollen, sondern die Museumsinsel ergänzen, dem Schloss eine Funktion geben wollen, die es nach 1918 schon einmal hatte!
3. Dass die Durchführbarkeit angezweifelt wird. Das Argument mit den Dahlemer Museen ist doch schlagend: Die zu renovieren würde fast die Hälfte des Bundesanteils für das Schloss kosten. Diese Kosten kann der Bund so oder so nicht einsparen. Also her damit! Die 552 Millionen werden doch nicht in einem Jahr fällig!
Konkret sollten wir für folgende Maßnahmen kämpfen:
1. Tun wir alles dafür, dass über die Schlosswiese kein Gras wächst. Ich habe etwas von einer möglichen Ausstellung mit Originalteilen des Schlosses gelesen. Das ist gut und schön. Aber wir beten hier keine Asche an! Auf die Schlosswiese gehört eine Steinmetzwerkstatt, in der jeder sehen kann, was das Schloss kunsthistorisch zu bieten hatte und wieder bieten wird. Wir müssen unsere Seriosität zeigen!
2. Nutzen wir die gewonnenen Jahre, so gut wir können. Unseren Aufschrei der Empörung wird niemand in der Regierung beachten. Also: Bringen wir die Durchführung unseres Projektes zurück in die Gesellschaft. Niemand konnte erwarten, dass die Bundesregierung dem Verein einfach so die Arbeit abnimmt.
3. Suchen wir den engen Schulterschluss mit der Schlossstiftung und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Ich halte es für ganz wichtig, dass wir uns an der Seite beider Stiftungen zeigen. Die Seriosität der SPK zweifelt niemand an. Sie wird auch zu wesentlichen Teilen Nutzer des Schlosses. Wir müssen zeigen, dass wir gemeinsam dieses Projekt wollen. Die Schloss-Stiftung ist durch ihre Satzung an das Schlossprojekt gebunden. Hier arbeitet ein Stück Staat aktiv am Schloss. Zeigen wir das auf!
Das Schloss ist nicht tot. Und es wird auch nicht sterben, solange wir für das, was wir uns wünschen, aktiv und selbstbewusst eintreten.
Noch ein Wort zur Forsa-Umfrage:
Es gab im Laufe der Zeit mehrere Umfragen, mal für, mal gegen das Schloss. Ich bezweifle, dass 80 % der Berliner engagierte Schlosshasser sind. Selbst in Ostberlin sind Schlossbefürworter zu finden. Was die Menschen nervt, ist das hin und her, das Zerreden und Wiederaufrollen der Wollen-wir-wirklich-Frage. Lassen wir uns nicht in die Enge treiben. Wenn das Schloss erst entsteht, werden sich auf einmal ganz neue Meinungen finden, die ja immer schon für das Schloss waren...