E.Heine
schrieb am 24. März 2012
um
15:02
Werte Leserschaft,
das Humboldt-Forum mit Attrappen-Fassade wird sicher so nicht vollendet werden, auch wenn es einen Spatenstich geben wird. Der Rückhalt für dieses merkwürdige Projekt existiert nicht, ist auf jeden Fall instabil, und wird angesichts der horrenden Kosten, verbunden mit einem fragwürdigen Konzept in einer Invest-Ruine enden die wir uns nicht leisten können.
Was soll man sagen (?), - diese werde eigentlich zu begrüßen sein, weil sie eines zeigen wird, - nämlich das man Geschichte nicht bauen kann, und Kultur nicht aus Oberflächen besteht. Identität lässt sich nicht auf „Nationalität“, oder „nationale Größe“ reduzieren, welche als Argument für das Projekt mitunter strapaziert werden. Erst recht nicht in einer Zeit, in der es unabdingbar ist, sich für mehr Europa einzusetzen, bzw. uns außereuropäisches Geschehen immer mehr berührt.
Auf was soll man dann mit einem Attrappen-Schloss verweisen? Ist nicht die Idee schon naiv? Sie ist vor allem alles andere als wissenschaftlich-aufklärerisch, schon gar nicht werden hier „Wunden geheilt“ werden, geschweige ein guter Städtebau demonstriert.
Bereits errichtete Fragmente werden in den nächsten Jahren wohl allenfalls zu einem Neuentwurf inspirieren, dem aber mit Sicherheit andere Prämissen zu Grunde liegen werden.
Noch aber wird durch das derzeitige Projekt Engagement und Aufmerksamkeit bezüglich echter Bau- und Geschichtsdenkmale, wie überhaupt für echte Kultur-Projekte abgelenkt, einschließlich der Investitionen in wirkliche Bildung, - und unglücklich auf eine Art Pseudo-Schloss, ein Monarchie-Denkmal fokusiert, das alles andere als Lösungen und Wege für die Zukunft verkörpern wird, selbst, oder auch gerade weil, dort ein Museum einzieht, das die Kulturen dieser Welt zum Inhalt haben soll.
Weiterhin wird somit die Rückkehr zu Nationalismen Verkörperung finden. „Die Artefakte aus kolonialer Zeit, verpackt im Fürstenschloss“, das ganze als „Medien-Burg“ der (Welt-) Öffentlichkeit vorgesetzt. Das wird Verwirrung bei Laien wie etwa auch bei etwaigen Studenten hervorrufen, und einen befremdlichen Eindruck von unserer Gesellschaft hinterlassen.
Interessant ist hierzu ein kürzlich gesendetes Interview:
(Deutschlandradio Kultur)
Ehemaliger Intendant der Berliner Festspiele Eckhardt
zur Debatte um das Berliner Stadtschloss
„Schwarz:
Herr Eckhardt, welche Faszination geht denn überhaupt von diesem Projekt Stadtschloss für Sie aus?
Eckardt:
Für mich keine Faszination, sondern eine schwere Bürde. Denn wir haben es hier zu tun mit einem Geflecht von Fehlentscheidungen, Fehleinschätzungen und Lebenslügen. Und das hat natürlich enorme Auswirkungen jetzt, auf die mangelhafte Konzeption, was in diesem Gebäude zu sehen und zu hören und zu erleben sein wird. Ich glaube, dass bei der Entscheidung, das Schloss wieder aufzubauen und den Palast der Republik abzureißen, die Leute gar nicht sich vorher richtig informiert haben.“
Nachzuhören,und zu lesen hier, mit vielen weiteren interessanten Aspekten:
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1710377/
Eine Attrappe als Last
Eine Gesellschaft in Angst, so würde ich den Rückzug ins Vorvorgestern bezeichnen, - eine ältere Gesellschaft in Angst, die aber eigentlich gar nicht alt genug ist, um ein zerbombtes und gesprengtes Schloss zu vermissen, zumal es ja seit Jahrzehnten gar nicht mehr bestanden hatte. – Und übrigens auch zukünftig nicht mehr bestehen wird, wie man allein an dem Entwurf von Stella erkennen kann.