E.Heine
schrieb am 19. Juli 2012
um
13:15
@Felix, schauen Sie, die Sache ist wohl müßig. Natürlich hat der Städtebau der Charta von Athen zu den Folgen geführt, von denen Sie schreiben. Und trotzdem ist der Abriss des Schlosses diesbezüglich marginal zu nennen. Dessen Fassaden wieder zu installieren kann nichts mit „Heilung“, „Identität“ oder was auch immer zu tun haben.
Sie schreiben:
„Städte sind und waren immer nur deshalb \"schön\", weil sie einzigartig sind und in einer bestimmten Kultur wurzeln. Ich finde es wichtig, dass deutsche Städte trotz oder gerade wegen ihrer Zerstörung diese Einzigartigkeit behalten sollten bzw. in diesem Sinne ergänzt werden.“
Sie benutzen ja selbst den Begriffe „erhalten“, - dass tut man ja aber gerade eben nicht, indem man Imitate wiedererrichtet. Leider muss ich das so sagen, aber dass man ausgerechnet hier immer von „Kultur“ und „Geschichte“ spricht, und dann etwas errichten möchte, dass dieses gar nicht haben kann, und meint, dass Menschen so flach empfänden, und in einer Kulisse geistige Erfüllung finden würden, die doch nichts anderes ist als ein Unfall der Jahre kurz nach einer Jahrtausendwende, das ist doch absurd. Ein Unfall, der von nichts anderem zeugt, als von der Hilflosigkeit eines kleinen Kreises einer älteren Generation gegenüber einer sich verändernden Welt, der sie nichts anderes als „Mythen“ entgegenzusetzen hat. Und zeugt wohl auch weiterhin, von einem kleinen Teil einer jüngeren Generation, die eigentlich nichts weiß, außer dem, was ihnen die Freaks in den virtuellen Welten erzählen. Der Rest ist ihnen egal, ist leicht, und sinnfrei.
Das aber das rechte Spektrum das sehr wohl zu instrumentalisier weiß, darauf reagieren Sie wohlweislich nicht. Es zu ignorieren ist eben Halbwissen, und keine allumfassende Betrachtungsweise.
Während man in Warschau 1945 auf nahezu 150 Jahre Fremdherrschaft und Unterdrückung durch die Nachbarn zurückblicken musste, die ihnen keinen eigenen Staat gönnten, mit dem finalen „Höhepunkt“ dem Volk der Polen eine Art „Helotentum“ mit, Zitat: „Einfachem Rechnen bis 500“ (Himmler), zuzugestehen, stehen wir hier in unserer Berliner Republik, und werfen 50 bis 60 Jahre Demokratie über Bord. Jahre, in denen man sehr wohl geschichtsbewusst war, in denen man sich keineswegs schämen musste, und all dem Unsinn, den Leute in diesen Spalten seit Jahren eben auch abgeladen haben. Insofern hinken solche Vergleiche von Rekonstruktionen ziemlich, und werden nicht besser, wenn man sie ständig wiederholt.
Das ist eben Ihre Blockade, Sie sprechen von einem Bau des 21.Jahrhunderts, gleich wie von Preußen von 1750. Es geht hier aber um die Geste des Wiederaufbaus. Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, diese Art von Identität, mit Großer Halle und Kuppel in neoklassizistischer Manier auf der einen Seite, ist sehr wohl verwandt, mit dem Gefühl das wohl mancher hegt mit Schlosskuppel und dem ach so tollen „Preußentum“ mit seinen ohne Ende verklärten „Werten“ auf der anderen Seite. „Wir sind wieder wer“, - nichts anderes sagen Sie, wenn Sie hier mit der „Scham-Phrase“ arbeiten.
In der demokratischeren Bundesrepublik hat sich niemand geschämt, auch wenn dass wieder und wieder suggeriert werden wird.
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Die Menschen sollten sich lieber Gedanken machen, was sie für Probleme mit unserer Zeit haben. Dann bräuchten sie die Zeitverwirrnis nicht in Abermillionenteuren Bauprojekten manifestieren.