FreiburgerJurist
schrieb am 12. Januar 2010
um
17:19
Ich mache mir nochmal die Mühe, auch wenn es wahrscheinlich nicht hilft, da bestimmte Leute eben doch Anspruch auf Ihre eigenen Fakten erheben.
@ Maus
Sie haben mich wirklich nicht verstanden, oder?
Wenn ich sage die Geschichte vor 1933 ist nicht die Vorgeschichte von 1933 meine ich damit zwei Sachen.
1. Es haben Generationen von Nachkriegshistorikern beinahe fieberhaft alle erdenklichen Quellen nach nationalsozialistischem Gedankengut durchforstet. Und oh Wunder, sie sind fündig geworden: Luther und Wagner waren notorische Antisemiten und Bismarck hätte die Katholiken und die Sozialdemokraten sowieso am Liebsten erschießen lassen.
Es ist nicht schwer als Nachgeborener auf die Quellen zu schauen und etwas zu finden, was nicht unserem Zeitgeist entspricht. Wenn Quellen mit der Absicht durchgesehen werden etwas zu finden, das die Wurzel des Nationalsozialismus gewesen sein könnte, wird man zu 100% fündig. Allerdings hat das nichts mehr mit Geschichtswissenschaft zu tun, sondern mit Gewissensberuhigung.
Die Deutschen fragten sich nämlich nach dem 2. Weltkrieg, wie das alles passieren konnte, und da man selbst ja nicht Schuld sein konnte mussten es die Väter und Mütter gewesen sein.
2. Der Nationalsozialismus war eine sozialistische, antisemitische Bewegung. Viele würden jetzt sagen, dass sie natürlich sozialistisch waren, aber die meisten sehen den Nationalsozialismus eher im bürgerlichen Lager angesiedelt. Der Nationalsozialismus entsprang aber nicht dem Zeitgeist des Kaiserreichs, welches sich auf Rechtsstaatlichkeit, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, die Demokratie und eben auch das Militär stützte. Eine Linie zur NS-Zeit zu ziehen ist aber zu einfach. Sebastian Haffner hat in seinem Buch Preußen ohne Legende dazu etwas Schönes geschrieben: „\"Muß man noch ernsthaft auf diese These eingehen, Hitlers Reich sei eine Fortsetzung preußischer Traditionen gewesen?... Preußen, was immer es sonst war, war ein Rechtsstaat gewesen, einer der ersten in Europa. Der Rechtsstaat war das erste, was Hitler abschaffte (streng rechtsstaatlich!). In seiner Rassen- und Nationalitätenpolitik hatte Preußen immer eine noble Toleranz und Indifferenz walten lassen. Hitlers Rassen- und Nationalitätenpolitik war das extreme Gegenbild preußischer. Das extreme Gegenbild preußischer Nüchternheit war auch Hitlers politischer Stil, seine Demagogie und theatralische Massenberauschung, und wenn es für Hitlers Außenpolitik, seine gigantomanischen Eroberungsideen, in der Geschichte überhaupt einen Anknüpfungspunkt gibt, dann war es kein preußischer, sondern ein österreichischer, Schwarzenbergs Politik von 1850... Hitler war schließlich ein Österreicher.\"
Der Nationalsozialismus konnte nur durch bestimmte historische Begebenheiten aufsteigen: 1. Versailler Vertrag, 2. Weltwirtschaftskrise und die hohe Arbeitslosigkeit, 3. Die schlechte Weimarer Reichsverfassung.
Hätten die Nazis in Preußen oder im Kaiserreich etwas Ähnliches versucht so wären sie an den stabilen Verhältnissen gescheitert, die Deutschland vor 1918 nun einmal bot.
Außerdem verwechseln Sie meinen Patriotismus mit Nationalismus. Vielleicht sind das für Sie nur Wörter, aber Wörter sind nun mal wichtig, denn wer nicht sagen kann was er meint, wird niemals meinen was er sagt. Als Patriot spricht man keinem Land den Stolz ab, ganz im Gegenteil: Ich persönlich bewundere z.B. die englische Geschichte und das englische Volk. Für Sie ist Nationalstolz etwas Böses, weil Sie ebenfalls Alles mit der NS-Zeit im Hinterkopf betrachten. Sie messen hier mit zweierlei Maß und zwar indem Sie deutschen Nationalstolz für Schlecht erachten, den Stolz anderer Nationen, wie z.B. in den USA, Frankreich oder Großbritannien wahrscheinlich nicht schlimm finden. Setzen Sie sich etwa bei der Last Night of the Proms hin und protestieren wenn „Rule Britannia“ gespielt wird? Ich denke Nein.
Zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen, dass Studien den Welthandel um 1900 gemessen haben und ergeben haben, dass bereits zu dieser Zeit der globale Handel so stark war, wie er erst weit nach dem 2. Weltkrieg wieder war.