„Die Maske der Vergangenheit“

06.09.2016    taz Berlin

Die Rückkehr des Historizismus in Berlin: Im Wiederaufbau des Stadtschlosses drückt sich ein Unbehagen mit der Gegenwart aus. Eine Streitschrift.

Von Ronald Berg

Je mehr sich die Fassade des Humboldtforums über dem Beton schließt, desto mehr wird das Gebäude zum Symbol für einen neuen Historismus – nicht nur in der Architektur. Denn Historismus ist nicht nur ein Stil, wie er im 19. Jahrhundert Mainstream war. Historismus ist eine Haltung, eine Weltanschauung und – so könnte man sagen – das Mittel, sich über die Fragwürdigkeit des eigenen Selbst hinwegzuhelfen.

Dieses Gefühl war kennzeichnend für eine Zeit, die zu ihrem wissenschaftlichen, technischen und ökonomischen Fortschreiten keinen formalen Ausdruck gefunden hatte. Das heißt, im Grunde war man sich seines Status in der Weltgeschichte keinesfalls wirklich bewusst. Die Großspurigkeit, die im Laufe des 19. Jahrhunderts im Bauen Einzug hielt, versichert sich doch immer nur durch die Anleihe bei anderen Epochen der eigenen vermeintlichen Größe.

Man denke hier nur an den Berliner Dom, der, obwohl im 20. Jahrhundert fertiggestellt, doch eine der letzten Ausgeburten des vor­angegangenen Jahrhunderts darstellt und als protestantische Kirche klar erkenntlich dem katholischen Petersdom Konkurrenz machen will.

Über die Rekonstruktion des Berliner Schlosses gleich gegenüber vom Dom ist bereits viel gesagt und gestritten worden. Fest steht, dass auch dieser Bau als symbolische Form und Ausdruck der Berliner Republik gedacht ist. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) spricht vom „bedeutendsten Kulturprojekt Deutschlands, auf das die ganze Welt schaut“. Was also soll das Berliner Schloss bedeuten?

Zunächst ist der Neubau der Schlossattrappe ein Siegeszeichen über die untergegangene DDR. Die hatte ihrerseits an gleicher Stelle mit dem Palast der Republik ebenfalls schon ein Zeichen setzen wollen, und zwar durch Abriss der Kriegsruine des Berliner Hohenzollernschlosses.

Das Schloss wiederholt nun mit der Überbauung des Orts noch einmal die gleiche Geste: Das Nachwendedeutschland rekonstruiert hier das Äußere eines barocken Prunkbaus, der zur Erhöhung Friedrich I., als erstem König „in Preußen“ im Jahre 1701, das nötige repräsentative Prestige bereitstellen sollte. Die Verherrlichung der preußischen Herrschaft wird der rekonstruierten barocken Fassade nun also noch einmal eingeschrieben.

Dazu in merkwürdiger Diskrepanz steht das Innere des Gebäudes mit seiner Nutzung als Museum für die außereuropäischen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (siehe Grafik). Das alte Außen und das moderne Innen der Museumsräume des Humboldt-Forums passen eigentlich nicht zusammen.

Aber gerade diese Diskrepanz zwischen Fassade und dem sie tragenden Bauwerk zeichnet den Historismus aus. Die repräsentativen Gebäude dieser Epoche setzten sich Masken auf, die Architektur war im Grunde eine regelrechte Verkleidung, ein jeweilig als passend erachtetes Stilgewand.

Banken bekamen eine italienische Renaissancearchitektur verpasst, Museen sahen aus wie antike Tempel, Gerichte wie barocke Schlösser und Kirchen wurden bevorzugt im gotischen Stile errichtet. Nun also wiederholt das Schloss als Symbolbau der Berliner Republik jene Manie des 19. Jahrhunderts, sich in allem Tun und Wirken immerfort auf die Geschichte berufen zu müssen.

Friedrich Nietzsche hat über „Nutzen und Nachteil der Historie“ eigentlich schon 1874 alles Wesentliche gesagt. Und man kann in diesem Pamphlet auch Passendes zur Rekonstruktion des Berliner Schlosses finden: „Denen wird der Weg verlegt; denen wird die Luft verfinstert, wenn man ein halb begriffenes Monument irgendeiner großen Vergangenheit götzendienerisch und mit rechter Beflissenheit umtanzt, als ob man sagen wollte: ‚Seht, das ist die wahre und wirkliche Kunst: was gehen euch die Werdenden und Wollenden an!‘“ Genauso aber passiert es heute wieder: Die Geschichte wird als Argument benutzt, so, als wäre sie eine Wahrheitsinstanz und eine des guten Geschmacks noch dazu.

Wie konnte es zu dieser erneuten Vergötzung der Geschichte kommen? Architektur ist dabei ja nur das sichtbarste Symptom einer historistischen Haltung, wie sie schon einmal im 19. Jahrhundert vorexerziert wurde. Denn die Geschichte ist ja nichts anderes als eine kodifizierte Erzählung der Vergangenheit.

Zunächst scheint es dabei bloß um Sinngebung zu gehen. Doch damit geht noch etwas anderes einher: Das Heute legitimiert sich durch eine Geschichte, die in der Gegenwart ihr – vermeintlich – teleologisches Ziel gefunden hat. All jene, die von dieser Gegenart profitieren, die Macht, Einfluss und Prestige haben, berufen sich deshalb nur allzu gern auf Geschichte. Es sind schließlich immer die Sieger, die (ihre) Geschichte schreiben.

Wer heute die Gegenwart zu seinen Gunsten umgestalten will, der sucht seine Vorlagen und Vorbilder nicht mehr in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit. Das ist der entscheidende Unterschied zur Moderne. Denn seit Mitte der 70er Jahre scheint in die Zukunft kein Heilsversprechen mehr zu liegen. Der sogenannte Fortschritt hatte zwar fließend Warmwasser, Massenmotorisierung und Bildung für alle gebracht, aber er konnte das Gefühl der existenziellen Unbehaustheit in den modernen Verhältnissen nicht vermeiden.

Die egalitäre Massengesellschaft der Moderne fand damals ihren Ausdruck in „unwirtlichen“ Großsiedlungen am Stadtrand, die – kaum waren sie in Beton gegossen – als gescheitert galten. Und das, obwohl keiner in das Mietskasernenelend mit Außenklo und Kohleofen zurückkehren wollte.

Nur: Glanz und Gloria, Prunk und Prestige, womit sich die ehemaligen Untertanen immer noch gern identifizieren, lassen sich offenbar mit sozialem Wohnungsbau – anders als mit einem Schloss – nur unzureichend verwirklichen. Oder anders gesagt: Wer sich – zum Beispiel beim Bauen – zur Fortsetzung einer großen Tradition erklärt, erhöht sich selbst, auch wenn die eigene Größe unter Umständen nur eine Augentäuschung darstellt, weil man sich auf den Schultern von Riesen platziert.

Die städtebauliche Entwicklung der letzten vier Jahrzehnte ist dafür ein prädestiniertes Beispiel. Das „Europäische Denkmalschutzjahr“ 1975 mit seiner Aufwertung des Historischen an sich steht als Wendepunkt für den Rollback der Traditionalisten gegen die Moderne. Spätestens seit Mitte der siebziger Jahre – Berlin ist da keine Ausnahme – wird die Moderne durch die Idee einer Postmoderne angegriffen. In den Achtzigern blickt man im Städtebau nur noch zurück.

Zeilenbau und Wohnhochhäuser sind von nun an passé und Großsiedlungen wie die Gropiusstadt und das gerade erst 1974 fertiggestellte Märkische Viertel werden als anti­urban verteufelt. Josef Paul Kleihues bebaut 1971–76 im kahlschlagsanierten Brunnenviertel im Wedding als Erster wieder ein ganzes Straßengeviert mit einem Wohnblock in traditionellen Dimensionen – nur die Hinterhöfe fehlen.

Prompt wird er ab 1979 Planungsdirektor der Internationalen Bauaustellung (IBA) und prägt in den Achtzigern mit dem Stichwort „Kritische Rekonstruktion“ die weitere Geschichte im Berliner Stadtbau. Blockrand und Traufhöhe werden dann in der Ära des Senatsbaudirektors Hans Stimmann von 1991 bis 2006 für die Berliner Innenstadt zum Dogma. So gut wie alle Neubauten haben sich seitdem in ein historisches Korsett zu fügen, auch wenn das angeblich Historische sich bei näherem Betrachten als höchst zweifelhaft ausnimmt.

Hochhäuser versenkt

Zum Beispiel in der barocken Friedrichstadt, die 1688 als westliche Stadterweiterung im Schachbrettmuster angelegt wurde – übrigens auf Geheiß ebenjenes Friedrich I., der sich bei Andreas Schlüter eine imposante Erweiterung seiner Berliner Residenz bestellte, die jetzt in der Fassade des Humboldtforums kopiert wird. Daher also der Name Friedrichstadt.

Die barocke Bebauung dieser Gegend, die heute von der U-Bahn als „Stadtmitte“ bezeichnet wird, war zunächst niedrig, die Höfe noch Gartenland. Das sogenannte Schleiermacher-Haus in der Taubenstraße/Ecke Glinkastraße von 1738 mit einem einzigen Obergeschoss und Mansardendach ist heute das letzte Zeugnis der Bebauung des 18. Jahrhunderts.

Was jetzt aber in dem auf Stimmann zurückgehenden Planwerk Innenstadt als historisch festgeschrieben wird, ist eine wilhelminische Überbauung des Blocks, also ein Zustand aus der Zeit um etwa 1900 – eine Historie wird der anderen vorgezogen. Was nun heute im barocken Stadtgrundriss steht, sind allerdings keine parzellengroßen Wohn‑ und Geschäftshäuser mehr wie um 1900, sondern Megastrukturen, die einen ganzen Block umfassen und bis zu fünf Tiefgeschosse und mehrere Dachgeschosse über der „historischen“ Traufhöhe von 22 Metern aufweisen. Es sind also in Wirklichkeit im Boden steckende Hochhäuser. So viel zur Berufung auf die Geschichte.

Überkommene Idee

Als Argument für die Doktrin des (Pseudo‑)Historischen beim derzeitigen Bauen dient noch ein weiterer Begriff als Argument: die sogenannte europäische Stadt. Auch das meint in Wirklichkeit kein historisches Phänomen, sondern ist reine Ideologie, die eine bestimmte überkommene Idee von Stadt als Norm für die aktuelle Stadtgestalt festlegen will, und zwar ähnlich herrschaftlich wie einst im alten Preußen.

Das von der Moderne so vehement bekämpfte „steinerne Berlin“ wird jetzt zum Vorbild für den Städtebau. Die Hierarchisierung in Straßenfront‑ und Hinterhof, aber auch in Zentrum und Peripherie ist einer der Effekte der Rückkehr zur „europäischen Stadt“ genauso wie die Korridorstraße, die rechts und links von Häuserreihen gesäumt ist, und die Lochfassade, die weniger Licht hereinlässt und Flexibilität erlaubt als durchgehende Fensterbänder. Allesamt Merkmale, die die Moderne abschaffen wollte.

Aber was ist so schlecht am „befreiten Wohnen“ mit Licht, Luft und Sonne, das die Moderne forderte? Nun, vielleicht die Tatsache, dass es bei der „europäischen Stadt“ gar nicht in erster Linie um gutes Wohnen geht, sondern um die Rekons­truktion einer idealisierten Historie, ungeachtet der Tatsache, dass sich Schmuckplätze im Stadtgefüge oder kleine Läden im Erdgeschoss heute nur ausnahmsweise realisieren lassen.

Der Stil kommt zum Schluss

Die sogenannten „europäische“ manchmal auch „historische Stadt“ genannten Areale, in Berlin also das Altbaugebiet innerhalb des S-Bahn-Rings, werden ungeachtet veränderter Lebens‑, Arbeits‑ und Verkehrsverhältnisse von der real existierenden Stadtplanung zur idealen Schablone auch für das heutige Bauen festgeschrieben. Und das historische Vorbild gilt inzwischen nicht mehr allein im Städtebau, sondern wird immer öfter auch auf die jeweilige Architektur appliziert, bei der Säulen, Gesimse und Quaderputz keine Seltenheit mehr sind.

Beim Häuserbau läuft es heute strukturell ähnlich wie im 19. Jahrhundert, ob bei Wohnbauten oder Bürohäusern: Es wird ein Kasten mit Fensterlöchern aus Beton gegossen, dann kommt heute die Wärmedämmung dran, und obenauf folgt schließlich, was früher „der Stil“ war. Statt aus Stuck ist das heute meist eine dünne Steintapete. Am Ende sieht alles ziemlich gleich aus.

Der 1997 fertiggestellte Block von Aldo Rossi in der Friedrichstadt ist hier zugleich Ausnahme und Regel: Rossi hat seinem 08/15-Bau – mit postmodernem Augenzwinkern – an der Schützenstraße drei Fensterachsen vom Palazzo Farnese aus Rom aufgepappt: Renaissance à la Michelangelo, jedenfalls bis zur Wärmedämmung. Im Grunde unterscheidet sich dieses ironische Fassadenzitat nicht viel von jenem Gehabe aus historistischen Zeiten. Die immer wieder gern zitierte Anekdote für das Bauen im 19. Jahrhundert lautet: Kommt der Polier zum Bauherrn und fragt: „Das Haus ist fertig, was soll’n nun für ein Stil dran?“ Den Stil aber besorgte man sich in der Historie – ob aus Rom oder anderswo.

Und das Stadtschloss unterscheidet sich im Prinzip nicht von dieser historisierenden Praxis, ja die Rekonstruktion des Schlosses überbietet sie sogar noch, weil hier die historische Fassade zuerst da war und das Haus gleichsam in sie hineingebaut werden musste.

Nun kann man nicht sagen, dass Schlüter oder dessen Nachfolger, Eosander von Göthe, für den König von Preußen schlechten Stil fabriziert hätten, obwohl auch sie aus Rom zitiert haben. Wenn man aber heute mit einem rekonstruierten Schloss über die Geschichte triumphieren will, eine Geschichte, die den Staat Preußen ausgelöscht hat und seine Residenz gleich dazu, dann legitimiert auch der schöne Schein früherer Tage dieses Unternehmen nicht.

Warum – so könnte man fragen – hat man denn nicht im Geist der eigenen Zeit gebaut? Oder ist dieser so rückwärtsgewandt, dass es ihm gefällt, sich in barocken Fassaden feudaler Herrscher widerzuspiegeln? Das wäre als Zeichen allerdings mehr als bedenklich, das wäre buchstäblich reaktionär.

 

 

 

Quelle: taz Berlin, 06.09.2016

 

 

 

 

31 Kommentare zu “„Die Maske der Vergangenheit“

  1. Das Fazit des Artikels missfällt zwar, aber man muss anerkennen, dass der Autor sich in der Kunstgeschichte auskennt und gut argumentiert etwa was die Friedrichstadt betrifft. Unter vielen Schlossgegnern damit eine angenehme, rare Ausnahme.

  2. In der Gründerzeit wurden eben wirklich das letzte Mal das Stadtbild positiv prägende, sich einfügende Gebäude errichtet und Plätze mit Aufenthaltsqualität geschaffen.

  3. Verstehe nicht ganz, wieso ihr hier immer irgendwelche taz-Artikel verlinkt, deren einseitige Intention sowieso jedem klar ist. Hat dieses Nischenblatt für Alt-68er wirklich solche Aufmerksamkeit verdient? Ich glaube kaum, dass der typische taz-Leser dem Stadtschloss positiv gegenübersteht, er bekommt hier nur seine Animositäten bestätigt. WHO cares?

  4. Der Autor ist sicherlich äußerst qualifiziert und kennt sich in seinem Metier aus.
    Seine Stoßrichtung wird jedoch recht schnell deutlich. Er ist fundamental gegen das Schloss.
    Wenn ich mich so in meinem Wilmersdorfer Kiez (Spichernstraße/Prager Platz) umschaue, so muss ich allerdings feststellen, dass mir jedes Gebäude hier das den Bombenkrieg und die „Nachkriegsbrutalsanierung“ überlebt hat, 1000 mal lieber ist, als die hässlichen und einfallslosen architektonischen Bauten der Nachkriegszeit. (Stichwort Bundesallee – vom bebaumten Boulevard zur hässlichen verbreiterten Autorennpiste mit größtenteils 0815-Bebauung).

  5. Ein lächerlicher Artikel, der dem historismus nicht gerecht wird. Mit seiner Argumentation müsste der Autor auch die Renaissance wortreich zerfetzen. Das wäre konsequent. Und genau, ebenso absurd.

  6. Alles schön und gut nur, leider sind die Staedte die die Moderne baute oft seelenlos, haeßlich und in ihren Maßen oft unmenschlich. Ich lebe in einer solchen Stadt. Da lob ich mir den Historismus.

  7. Dass überhaupt so viel an der Rekonstruktion herumkritisiert wird, zeigt nur, dass Berlin aus seiner Provinzmentalität immer noch nicht herausgefunden hat. Man stelle sich mal Paris ohne Louvre vor, London ohne Buckingham Palace, Wien ohne Hofburg, Budapest ohne Burgpalast etc. Diese Gebäude sind ein identitärer Teil der Europäischen Stadt, gerade in ihrer Funktion als Hauptstadt. Zumal gerade Berlin ja überhaupt erst um das Stadtschloss herum entstanden ist. Für jedes andere Land wäre eine solche Rekonstruktion selbstverständlich, nur bei uns checken es wieder ein paar nicht.

  8. Der Artikel ist der erste vernünftige kritische Artikel den ich lese. Er macht wunderbar deutlich um was es der gegnerischen Seite geht und was ihre Argumente sind bzw ihre Ansichten.
    Jedoch sind auch hier gewisse Verherrlichung und Unwahrheiten zu finden.
    Zunächst, er kritisiert, dass die moderne mit ihrem Futur-Gedanken nicht weiter geführt wurde. Gleichzeitig kritisiert er den Historismus weil er lediglich kopiert. Erstens folgte nach der Moderne die postmoderne und diese besticht erst richtig durch ihre Verwendung von Glas und Stahl, zweitens kopiert die moderne auch nur den Bauhausstil und schöpft damit aus der Vergangenheit. Was vollkommen ok ist, den Architekten suchen sich immer Inspiration.
    Nächster Punkt, er fragt rhetorisch was dagegen spräche luftig und hell zu wohnen. Und kritisiert das vorher bestehende Mietskasernenelend. Also, wer luftig leben will der zieht entweder an den Stadtrand oder aufs Dorf aber eben nicht ins Zentrum einer Metropole die Umtauschplatz von Millionen von Menschen ist.
    Darüberhinaus, hat er jemals in einem Block aus den 60ern, 70ern gewohnt? Diese lobt er ja. Naja, wer darauf steht einen Pfeiler einmal quer durch die Decke zu haben, wer Wände mag die so dünn sind das man weder ein Loch darin bohren kann noch vom Lärm des Nachbarn verschont bleibt und wer gerne in einen Haus lebt das nach 10 Jahren abbruchreif ist, der findet sowas bestimmt toll ( ich spreche aus Erfahrung)
    Weiterhin kritisiert er zwar die heutige Generation dass diese den Historismus verherrliche, verherrlicht aber gleich darauf die Nachkriegszeit mit ihrer Architektur. Ein kleiner Widerspruch, wie ich finde.

  9. Was fuer ein Trottel, der Palast der Republik war schlichtweg hässlich und Asbest verseucht. Aber wenn der Autor sich unbedingt wichtig machen möchte und in alles etwas Hineininterpretieren muss, bitte.

  10. ja genau – ein Unbehagen darin, dass man befürchtet, bald nur noch in Städten aus grauen Kisten modernistischer, allerorts austauschbarer Reduktionsarchitektur, ohne Raffinesse und Kreativität, manchmal sogar Ästhetik, zu leben und/oder Betrachter zu sein

  11. Gott sei Dank war der historismus so ausgeprägt. So haben sich trotz krieg einige komplette Quartiere in vielen Städten erhalten. Was an den Städten heute noch schön ist, danken sie dem historismus

  12. Es ist für mich nicht zu verstehen, warum die Bedeutung dieses Gebäudes immer wieder mit Politik überhöht wird. Hier geht es meines Erachtens um einen ästhetischen Lückenschluss einer klaffenden Wunde im Stadtbild. Die preußisch, reaktionäre Intention, die hier wieder und wieder anklingt, hat das Forum nicht und wird es auch niemals haben, denn sowohl Preußen als auch das ursprüngliche Schloss ist nun einmal Vergangenheit. Wie kann eine Rekonstruktion, die ein Museum und niemals die Wiederherstellung des alten, kaiserlichen Machtzentrums sein wollte, denn überhaupt in den Verdacht des Reaktionismus kommen? Wohl nur deswegen, weil man den eigentlichen, tatsächlichen Hintergrund nicht begriffen hat oder nicht sehen möchte.

  13. So ist es. Der Mensch braucht Identität. Die postmodernen, gesichtslosen Gebäude geben sowas nicht her. Dazu sieht bald jede Stadt gleich aus.

  14. Die beliebtesten Stadtteile sind meist die aus der Gründerzeit und was bis zum 1. Weltkrieg gebaut wurde. Der ganze Nachkriegsschrott und das was heute noch dazugebaut wird ist billigste Architektur und Menschenunwürdigen. Der goldene Schnitt ist ja wohl das Mindestmaß was man eigentlich erwartet darf, aber alleine das ist ja wohl schon zuviel Geschmack.

  15. Wenn ich das noch einmal höre. Das Unbehagen mit Langeweile und Hässlichkeit wäre der bessere Titel. Schwer zu akzeptieren für die Vertreter der Ideologie der Moderne.

  16. Warum so vieles Gerede ?. Vergleichen Sie einfach das rekonstruierte Schloss in Berlin (Schlüter)  mit der Neuen Nationalgalerie (Mies van der Rohe). Wie wäre das Bild, wenn man die austauschen würde?

  17. die Renaissance hat aus der Wiederentdeckung der antiken Architektur und Kunst etwas Eigenes und Neues kreiert, die Renaissance ist eine eigenständige Fortentwicklung und Zeugnis einer einzigartigen und sich ihrer selbst gewissen Epoche. Der „Historismus“ hingegen ist nichts weiter, als die immer wieder weiter abgekupferte und übertapezierte Hülle der verschiedensten geschichtlichen Stile ohne eigenen Wert und kaum mit eigener Kreativität… Historistische Gebäude sind im besten Falle „hübsch geschminkte Leichen“ !… Das „Berliner Schloß“ und der rückwärtsgewandte heutige „Historizismus“ (!), sind allerdings nur noch peinliche Atrappen und Fake-Architektur!!!… scheinbar hat die heutige Gesellschaft weder die intellektuelle Fähigkeit, noch den Mut, noch die Kraft, etwas eigenständiges und wertvolles hervorzubringen. Denn eines ist gewiss: Künstlerischen, architektonischen oder kulturellen „Wert“, hat die Schloßatrappe sicherlich nicht!

  18. wer noch nicht einmal die Begriffe „Postmoderne“ und „Moderne“ auseinanderhalten kann, ist eigentlich disqualifiziert eine ernstzunehmende Meinung über „gute Architektur“ zu äußern.

  19. Bzgl. Renaissance pflichte ich Ihnen in der Differenzierung bei. Allerdings sehe ich in der Rekonstruktion des stadtschlosses durchaus künstlerischen und kulturellen Wert. Und sorry, eine sich ins Stadtbild einfügende Rekonstruktion ist mir allemal lieber, als nichtsagender Klotz, der laut „modernen“ & „zeitgemäßen“ Architekten „architektonisch wertvoll“ ist.

  20. Wenn Sie in Bezug auf die Bedeutung der Renaissance im Vergleich zum Historismus der Differenzierung zustimmen, dann zerfällt Ihr eigenes „Argument“ in Bezug auf den von Ihnen „lächerlich“ genannten Artikel sofort zu Staub, denken Sie nochmal darüber nach oder lesen Sie die sehr gute „Streitschrift“ am besten noch einmal… in Wirklichkeit aber ist es so, daß die Barockatrappe absolut nichtssagend ist, unecht, unauthentisch, ohne künstlerische Kraft und falsche Tatsachen vorspiegelnd. Im besten Falle wird eines Tages noch eine traurig langweilige Nachäffung dastehen, bei der Inneres mit Äußerem, Nutzen mit Formgebung, Inhalt und Ausdruck in Dissonanz und Häßlichkeit auseinanderklaffen werden. Und noch eine Anmerkung zu dem von Ihnen offensichtlich geschätzten „antiquierten“ Stadtbild: Tragen Sie eigentlich auch Gehrock und Dreispitz und reiten Sie auf einem Pferd oder fahren mit einer Kutsche durch die Welt, oder finden Sie daß diese Dinge historisch überholt sind und nicht zu unserem heutigen Leben passen ?

  21. Wobei man fairerweise sagen muß, daß in manchen Städten (z.B. Frankfurt am Main) sich just die Hausbesetzer aus der 68er Generation für den Erhalt alter Häuser einsetzten, welche vom (diesmal kapitalistisch gesteuerten) Abbruchwahn bedroht waren. Heute ist man um jedes Gemäuer aus Kaisers Zeiten froh, das man aufwendig saniert als Luxusimmobilie verticken kann. Da können die paar putzigen Pseudobarockengelchen an der Fassade ruhig „unecht” sein; Hauptsache, dem Eigentümer oder Mieter gefällt es. Das Kind braucht auch nicht unbedingt einen Teddybären, der von führenden avantgardistischen Künstlern gestylt wurde; Hauptsache das Ding ist kuschlig und geht nicht so schnell kaputt. Man sollte nicht versuchen, die Bevölkerung in Sachen Geschmack „erziehen” zu wollen. Chacun à son (dé)goût! – De gustibus non disputandum.

  22. Ach Herr Roland Berg,
    da holen Sie aber gewaltig aus, um mit höchst professionellem Anspruch 430 Jahre europäischer Bau- und Städtebaugeschichte nach Andrea Palladio als „Historismus“ abzuwerten und lächerlich zu machen. Dabei verwechseln Sie auch noch Historismus als frei nachempfundene Rückgriffe auf Gestaltungselemente früherer Bauepochen mit der exakten Teil-Rekonstruktion eines  zerstörten, weltberühmten Originals. Die Rekonstruktion hat mit Verherrlichung der preußischen Herrschaft, Vergötzung der Geschichte und Großspurigkeit des 19. Jahrhunderts rein gar nichts zu tun! Sie sollten wissen, dass der Schlossbau Schlüters Architektur des 17. Jahrhunderts ist! Sie wissen auch, dass es offene Ausschreibungen für eine moderne Gebäude- und Platzgestaltung mit über 1000 beteiligten Architekten gab. Die Vorschläge wurden von internationalen Gremien allesamt als unzureichend und deplatziert verworfen, weil sie in Rücksichtslosigkeit zum Umfeld und Maßlosigkeit das gesamte Ensemble beschädigten. Vergessen?
    Nehmen wir an, ein Originalgemälde von Rubens wäre mit Säure z. Teil zerstört worden. Würden Sie einen modernen Künstler wie Gerhard Richter beauftragen, die zerstörten Teile des Rubens-Gemäldes „zeitgemäß“ zu restaurieren?

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