„Krach um Rossebändiger“

22.08.2015    Berliner Abendblatt

Einst schmückten die zwei „Rossebändiger“, ein Geschenk des russischen Zaren Nikolaus I., die Terrasse des Berliner Stadtschlosses. Nach Kriegsende wurden sie im Kleist-Park aufgestellt. Jetzt tobt ein Streit um den künftigen Standort.

Von Viktoria Graf

Historie respektieren

Die „wechselvolle Geschichte muss ablesbar bleiben“, teilt die SPD Tempelhof-Schöneberg mit. Dass die beiden Bronzestatuen am Kammergerichtsgebäude im Kleist-Park gelandet sind, sei kein Zufall, der einfach rückgängig gemacht werden könne. Der Grund für die Aufregung: Die „Gesellschaft Berliner Schloss“ fordert in einer Petition, den Neptunbrunnen samt „Rossebändigern“ an den Ursprungsstandort, also vor das frühere Schloss, wo derzeit das Humboldtforum entsteht, zu verlegen – für die SPD eine Zumutung. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher Christoph Götz: „Die ,Gesellschaft Berliner Schloss‘ will auf Kosten unseres Bezirks ihr preußisches Disneyland rund um das Humboldtforum komplettieren. Wenn sie Dekoration für das Schloss benötigt, sollte sie sich um zeitgemäße Künstler bemühen statt im Heinrich-von-Kleist-Park zu plündern und Geschichte zu klittern.“ Besonders harsch wird die Kritik, wenn es um Baustadtrat Daniel Krüger (CDU) geht. Dieser lasse den Park verkommen und kämpfe an zwei Fronten. Zum einen ist er verantwortlich für Grünanlagen im Bezirk, zum anderen ist er Schatzmeister bei der „Gesellschaft Berliner Schloss“. Kein Widerspruch, findet Krüger selbst: „Die ‚Rossebändiger‘ werden ihrer Funktion nicht gerecht. Es gibt immer wieder Fälle von Vandalismus, wovor wir die Skulpturen schützen wollen“, sagt er.

Viel investiert

Der Kleist-Park sei ein wichtiges Naherholungsgebiet und müsse aufgewertet werden, doch dürften die „Rossebändiger“ nicht mit dem Park gleichgesetzt werden, so Krüger. Er geht davon aus, dass 2019 die Pferdestatuen vor dem fertiggestellten Humboldt-Forum glänzen werden. „Die Petition der Fürsprecher läuft und ist parteiübergreifend. Da finden sich auch SPD-Kollegen“, sagt der CDU-Politiker. Er könne die Aufregung nicht verstehen. Es stimme nicht, dass kein Geld für den Park ausgegeben wird. Man habe viel investiert: 2013 eine Viertelmillion Euro für einen Spielplatz, in diesem Jahr folge ein zweiter und bis 2017 wird unter Bürgerbeteiligung der nördliche Bereich erneuert. Auch die Denkmalpflege kostet: drei Millionen gab es 2008 für die Königskolonnaden und 250.000 Euro für die „Rossebändiger“.

 

Quelle: Berliner Abendblatt, 22.08.2015

 

 

 

3 Kommentare zu “„Krach um Rossebändiger“

  1. Eigentümlich parteiübergreiffend hart Kritik über berliner und deutsche Geschichte. War das Schloss mit seiner Historischer Umgebungen ein „Disneyland“? Dismeyland liegt in Paris, Florida und Hollywood und sind Fantasieschöpfungen in sehr moderner Zeit mit nur Märchen alls Qellen.
    Die alte Bebaung in Berlin sind Geschichte, die wieviel in ihre kleine Restaurierung als möglich ergänzt müssen sein. Ferstehe überhaupt nicht das Wort „Disneyland“. Vielleicht sind es für die Gegner gegenwert mit Preussen auch von einige als Preussisismus genennt. Ohne Preussen sollte  das heutige Deutschland nicht existieren.

  2. Frau
    Dr. Sibyll Klotz (B’90/Grüne) meint, eine Rückversetzung der Rossebändiger an
    den ursprünglichen historischen Standort „würde
    auf entschiedenen Widerstand aus unserem Bezirk stoßen.“ Denn der heutige
    Standort im Kleistpark vor dem heutigen Sitz des Kammergerichts sei „das Ergebnis einer bestimmten historischen
    Entwicklung, die man nicht ausradieren kann.“
    Ich frage
    mich: Aufgrund des zerstörten Berliner Schlosses und des umgebenden Schlossplatzes
    /Stadtzentrums wurden auf Anweisung der sowjetischen Stadtkommandantur vor 70
    Jahren die Rossebändiger vor das Kontrollratsgebäude versetzt. Jetzt haben wir
    die späte Gelegenheit, diese provisorische Situation zu beenden und ein wertvolles
    Symbol einer vorausgegangenen über 100 Jahre alten historisch gewachsenen und
    nicht vergessenen Beziehung aus der russisch-preußischen bzw.
    russisch-deutschen Geschichte wiederzubeleben und auch damit Berlin an
    herausragender Stelle sein historisches Gesicht wiederzugeben. Wer Unter den
    Linden zum Schlossplatz und zum Humboldt-Forum hin flaniert, wird unweigerlich
    auf die eindrucksvollen Rossebändiger stoßen. Aber welcher Berliner oder
    internationale Besucher wird dafür schon in den Kleistpark gehen, wo sie heute
    abseits abgestellt sind? Wer also möchte die würdevolle Präsentation hochkarätiger
    kunstvoller Skulpturen an herausragender Stelle und die damit verbundene,
    erinnerungswürdige Geschichte eigentlich
    „auszuradieren“, Frau Dr. Klotz?

  3. Der
    stadtentwicklungspolitische Sprecher Christoph Götz: „Die Gesellschaft Berliner Schloss‘ will auf Kosten unseres Bezirks ihr
    preußisches Disneyland rund um das Humboldtforum komplettieren. Wenn sie
    Dekoration für das Schloss benötigt, sollte sie sich um zeitgemäße Künstler
    bemühen statt im Heinrich-von-Kleist-Park zu plündern und Geschichte zu
    klittern.“
    Wenn
    Herr Christoph Götz gegen die Rückführung der Rossebändiger an deren historischen
    Standort vor dem Berliner Schloss polemisiert, indem er das rekonstruierte
    Schloss im Stadtzentrummit „preußisches
    Disneyland“ charakterisiert, so beweist er lediglich seine kritische Haltung gegenüber dem Kulturprojekt Humboldt-Forum,
    sonst nichts. Er verwechselt aufwändige, künstlerisch qualitätsvolle, den
    Originalplänen exakt entsprechende, authentische Rekonstruktion von barocken Bauelementen
    mit billiger Pappmaschee-Machart kitschiger historisierender Fantasiebauten. Zudem
    zeigt er, dass er eine bedeutsame Reparaturmaßnahme am historischen Berliner
    Stadtkern nicht verstanden hat. Außerdem verdreht er die Geschichte, da er die
    Entstehung der Skulpturen als Geschenk
    an den preußischen König, den somit damals bewusst gewählten Aufstellungsort
    vor dem Schloss, den späteren künstlerischen Bezug zu den Rossebändigern an
    Schinkels „Altem Museum“nicht erkennt
    oder einfach beiseite wischt. Stattdessen gibt er der Anordnung des
    sowjetischen Stadtkommandanten Nikolai E. Bersarin von
    1945 zur Versetzung vor ein architektonisch weniger bedeutsames,
    neoklassizistisch historisierendes Gebäude im Kleistpark Vorrang. Bedient Herr
    Götz Lokalinteressen, um die Bezirkswählerschaft zu beeindrucken oderwoher sonst kommt dieser verengte Blick?

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