Tagesspiegel-Kommentar „Warum nicht noch das Schlüter-Treppenhaus nachbauen?

Der Tagesspiegel hat am 30. Juni diesen Beitrag veröffentlicht:

 

Wenn man schon das Berliner Schloss rekonstruiert, wäre es folgerichtig, auch das Haupttreppenhaus nachzubauen. Als finaler Tusch dieser barocken Architektur-Oper.

Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

Nun stehen sie also endlich, die Skulpturen auf der Attika des Humboldt Forum. Sehen von unten wirklich irgendwie barock aus. Aus der Nähe – die meisten Mobiltelefone haben ja inzwischen gute Zooms – erkennt man schnell: Stilistisch sind sie um 2015 zu datieren. Aber das war durchaus gewünscht. Und es gibt ärgerlichere Teile dieses Nachbaus, etwa seine weitgehend ahistorische Milchkaffee-Farbigkeit.

Es heißt, nun sei der Nachbau der Fassaden abgeschlossen. Folgerichtig fordert die rührige „Initiative Schlossaneignung“, die Fassadenspendensammler des „Fördervereins Berliner Schloss“ müssten jetzt ihre Räume am Portal V räumen.

Eine internationale Ausschreibung solle Nachnutzer finden, eine „unabhängige, internationale und divers besetzte Jury“ entscheiden. Hauptsache, keiner vom Humboldt Forum ist dabei. Wäre ja auch zu peinlich, wenn eine Jury ausgerechnet den Förderverein als Nachnutzer kürte.

 

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Das Portal VI vom Berliner Schloss – hier könnte das Große Treppenhaus, die „Gigantentreppe“ von Andreas Schlüter, rekonstruiert werden.

 

Denn hat dieser wirklich schon seinen Dienst getan? Er fordert jedenfalls auch den Nachbau des großen Treppenhauses von Schlüter. Wieder nur aus Spenden zu finanzieren. Die Stiftung Humboldt Forum wehrt ab. Sie trägt schon genug Last mit der neuen Preußenherrlichkeit. Aber wenn die Forderung nicht ausgerechnet von dem Förderverein käme, würden wir wohl seriöser darüber debattieren als: „nicht finanzierbar“, „nicht beschlossen“, „Preußenkult“.

Immerhin war dies Treppenhaus bis zu seiner ruchlosen Sprengung 1950 der Höhepunkt eines nördlich der Alpen einzigartigen barocken Raumkunstwerks aus Schlossplatz, Schlossfassaden, Durchfahrten, dem prachtvollen Schlüterhof (versuchen Sie einfach mal, die von Franco Stella brutal-klobig entworfene Westfassade zu ignorieren).

Die Menschen gingen – manchmal sogar auf dem Pferd – die Stufe hoch in die Paradekammern. Also die Räume, die nicht mehr der Architektur wegen, sondern der nun wirklich unwiederholbaren Ausstattung Schlüters wegen glänzten.

Der Nachbau der Schlossfassaden wird umstritten bleiben. Dafür sorgt schon die grausam-bedenkenlose Nachschöpfung von antijüdischen Spruchzeilen an der Kuppel. Aber sie stehen nun einmal. Und da kann man durchaus argumentieren: Methodisch wäre der Abschluss mit dem Nachbau des Schlüter-Treppenhauses sinnvoll. Erst damit würde diese große barocke Architektur-Oper ihr hohes C erhalten.

Es gibt Skulpturenabgüsse, einige Baufragmente, vor allem aber die Pläne, die der unermüdliche Bau- und Schlossforscher Goerd Peschken rekonstruiert hat. Ein Treppenhaus-Modell schenkte er der Stiftung Humboldt Forum. Lohnt sich anzusehen, um besser debattieren zu können. Nichtmachen geht schließlich immer.

Übrigens: Kürzlich feierte Peschken seinen 94. Geburtstag. Ganz herzlichen Glückwunsch nachträglich!

 

Textquelle: Der Tagesspiegel, 30.06.2025; Foto: Förderverein Berliner Schloss e.V.

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6 Kommentare zu “Tagesspiegel-Kommentar „Warum nicht noch das Schlüter-Treppenhaus nachbauen?

  1. Also ran und Baugenehmigung erwirken! Wäre wieder dabei, wenn Spenden für kleine Stücke erbeten werden (also nicht für einen allgemeinen Topf).

  2. So, wie die Rossebändiger wieder vor die Lustgartenfassade gehören und der Neptunbrunnen seinen alten Platz einnehmen sollte, so sollte auch das Giganten-Treppenhaus wieder die Verbindung von Schlüterhof zu den Innenräumen herstellen. Ich würde dann auch wieder für das Projekt spenden; versprochen!

  3. Schon mehrmals gelesen und gewundert: Schlüters Glanztreppe . . . und da sollen die Leute hoch zu Ross hochgeritten sein??????????????? Mir schleierhaft!!!

    1. Das geht schon. Die zweiläufige Treppe hatte auf einer Seite normale Stufen und auf der anderen Seite schräg nach aufwärts gestellte Stufen mit nur geringen Absätzen. Das kenne ich von mehreren Burgen und Schlössern.

    1. Zur Entschlüsselung Ihrer Zeihen: Das letzte Sigma ist wohl falsch. Ein Ensemble ist die Summe. HF steht für Humboldt Forum, GigTH für GigantenTreppenhaus, Moritz für Moritz-Figur, NB für
      Neptunbrunnen,, 2RB für Rossebändiger usw.

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