„Zwei Bronzereliefs für das neue Berliner Schloss“

12.07.2022 – Berliner Zeitung

Von Ulrich Paul

Das neue Berliner Schloss wurde zwar bereits im vergangenen Jahr als Humboldt-Forum eröffnet, doch einige letzte Rekonstruktionen an der historischen Fassade stehen noch aus.

Dazu gehören zwei Bronzereliefs sowie zwei dazugehörige Schrifttafeln, die nach historischem Vorbild wiederhergestellt wurden. Sie sollen am Portal 3 unter der Kuppel ihren Platz finden.

 

Noch in Arbeit: Relieftafel „Grundsteinlegung des Schlosses im Juli 1443“ (Foto: Gritt Ockert, Förderverein Berliner Schloss e.V.)

Die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, die den Bau des neuen Schlosses gemanagt hat, lud am Dienstag in die Werkshallen der Skulpturengießerei Knaak nach Oberschöneweide, wo die Bronzereliefs entstanden sind. Es sei „eine normale Arbeit“ gewesen, sagte Gießerei-Inhaber Thorsten Knaak, als sei dies nichts Besonderes.

Die Bronzereliefs sind 4,15 Meter breit und 2,55 Meter hoch. Jedes Relief hat ein Gewicht von etwa einer Tonne. „Das Herausforderndste wird sein, es nachher schön einzupassen, sodass ich das Schloss nicht kaputt mache“, sagte Knaak. „Ich habe links und rechts nur 1,5 Zentimeter, da muss ich aufpassen.“

Die ursprünglichen Bronzereliefs waren im Jahr 1902 als Schmuckelemente am Portal 3 angebracht worden, berichtete Hans-Dieter Hegner, Vorstandsmitglied der Stiftung. Sie zeigten zwei Motive, die für das Schloss wichtig gewesen seien: einmal die Gründungslegende und dann die beiden Architekten Andreas Schlüter und Johann Friedrich Eosander, wie sie ihrem Auftraggeber den barocken Umbau des Schlosses präsentieren. Nach dem Abriss des Schlosses 1950 waren die Reliefs zerstört worden.

Tafeln werden aus Spendengeldern finanziert

Während die beiden neuen Bronzereliefs in Berlin hergestellt wurden, kommen die beiden dazugehörigen Schrifttafeln aus Lauchhammer. Sie sind jeweils 4,75 Meter breit, aber nur 1,96 Meter hoch, sagte Hegner. Zur Außengestaltung am Portal 3 komme später noch die Große Schlosskartusche hinzu. Sie ist acht Meter hoch und soll Ende des Jahres fertig sein. „Damit hätten wir Portal 3 hergestellt“, sagte Hegner.

Finanziert werden die Reliefs aus den 80 Millionen Euro, die als Spenden für die Rekonstruktion der historischen Fassaden eingegangen sind. Zum Preis der Reliefs machte Hegner keine Angaben.

Das Relief mit der Gründungslegende zeigt Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg bei der Grundsteinlegung des ersten Schlosses im Jahre 1443. Die dazugehörige Inschrift lautet in der Übersetzung in heutiges Deutsch: „Es ist wohl jedermann bekannt, dass wir unser ganzes Leben lang niemals auf Hader oder Krieg bestanden haben und begehren noch heutigen Tages nichts anderes als meine Ehre und Recht.“ Dieses Relief soll samt Schrifttafel vom Betrachter vor dem Schloss aus gesehen links vom Portal 3 montiert werden.

Auch kurz vor der Vollendung: Relieftafel „Vorführung des Schloss-Modells durch Schlüter im Jahr 1699″ (Foto: Gritt Ockert, Förderverein Berliner Schloss e.V.)

Das zweite Relief, das rechts vom Eingang angebracht werden soll, zeigt König Friedrich I. von Preußen, dem der Architekt Andreas Schlüter das Modell des neuen Schlosses präsentiert. Dahinter ist Königin Sophie Charlotte zu erkennen, der Johann Friedrich Eosander (seit 1713: Eosander von Göthe) als Baumeister den Plan der Schlosserweiterung erläutert. Die dazugehörige Inschrift im heutigen Deutsch lautet: „Friedrich I. König der Preußen, Kurfürst von Brandenburg 1688–1713. Ich werde mein Königsamt so führen, dass ich weiß, dass es sich um die öffentliche Angelegenheit und nicht um meine Privatangelegenheit handelt.“

 

Über weitere Schmuckelemente für die Kuppel wird noch entschieden

Die beiden historischen Inschriften und Reliefs zusammen hatten das Ziel, den Charakter der Hohenzollernherrschaft als vorbildlich vor Augen zu stellen: als gerecht und als Diener des Gemeinwohls. Die Reliefs und Inschriften beziehen sich somit auf die klassischen „Herrschertugenden“ in der europäischen Tradition wie Stärke, Mäßigung, Gerechtigkeit und Klugheit.

Reliefs und Schrifttafeln sollen in den nächsten Wochen montiert werden. Neben den Arbeiten an Portal 3 sind laut Stiftung in diesem Jahr noch Ausbauarbeiten am Portal 4 geplant. Auf der östlichen Seite des Durchgangs soll hierbei eine Schutztür aus der Kaiserzeit als „Spur der Geschichte“ platziert werden.

Im laufenden Jahr sollen zudem die Planungen für die Teilrekonstruktion der Kassettendecke und der Säulen im Portal 5 starten, deren Bauausführung für das nächste Jahr vorgesehen ist. Außerdem ist für das vierte Quartal dieses Jahres geplant, eine Nachbildung des indischen Sanchi-Tors an der Nordseite des Schlosses zu errichten, von dem bereits eine Kopie vor den Museen in Dahlem stand.

Ob über diese Arbeiten hinaus im Jahr 2023 noch die ursprünglich geplanten Balustradenfiguren und Prophetenskulpturen auf der Schlosskuppel errichtet werden, soll laut Stiftung im Stiftungsrat diskutiert und zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Im Inneren des Schlosses sind keine Rekonstruktionen geplant, sagte Hegner. Es werde also keinen Wiederaufbau der historischen Gigantentreppe oder Ähnliches geben.

Nachdem im vergangenen Jahr zunächst nur ein Teil des Humboldt-Forums eröffnet wurde, folgen in wenigen Wochen die übrigen Bereiche. Am 17. September werde mit einer 24-Stunden-Öffnung der noch fehlende Ostflügel mit den Beständen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst zugänglich gemacht, kündigte Generalintendant Hartmut Dorgerloh an.

Vorher gibt es aber noch einige Einschränkungen. So stehen vom 10. August bis einschließlich 24. August Wartungsarbeiten an – unter anderem an den Fenstern in der großen Treppenhalle. Der Besuch der Dachterrasse ist während der Arbeiten nicht möglich

 

Quelle: Berliner Zeitung, 12.07.2022

 

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12 Kommentare zu “„Zwei Bronzereliefs für das neue Berliner Schloss“

  1. Die Gigantentreppe fehlt !! Das wäre doch ein großes Ziel um den doch sehr modernen Charakter im Inneren an den historischen Ursprung wieder heranzuführen.

  2. Es stimmt doch, dass die Rekonstruktion der Kuppel in historischer Form beschlossen wurde und durch einen Spender finanziert wird? Wie kann es dann sein, wenn jetzt im Stiftungsrat über die Balustraden-Figuren und Propheten-Figuren erneut diskutiert und zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden soll? Könnte es sein, dass der Stiftungsrat aus Angst vor „Kuppel- und Symbolgegnern“ oder wegen eigener neuer Vorbehalte rückwärts rudern will?

    1. Sehr geehrter Herr Praetorius, Im neuesten Berliner Extrablatt las ich, dass es sich um vier – und nur um vier – Figuren handelt, die die Gesichtszüge von Mitgliedern der Anfang des 19 Jahrhunderts regierenden Hohenzollern tragen (so damals gewollt). Meines begrenzten Wissens gibt es keine Diskussionen über die anderen Figuren, egal ob Propheten oder andere..

      1. Das habe ich nicht gewusst. Interessant, empörend und völlig unakzeptabel. Man stelle sich vor, ein Mensch steht demnächst unten auf dem Schlossplatz oder auf dem Schinkelplatz gegenüber und erkennt plötzlich hoch oben auf der Kuppel einen steinernen Propheten mit vermuteten Gesichtszügen von Friedrich Wilhelm IV. Muss dieser Mensch nicht erschreckt einen verdeckten Versuch des Fördervereins erkennen, durch die Hintertür wieder die Wiedererrichtung der rückwärtsgewandten kaiserlichen Monarchie in Deutschland zu unterstützen?

    2. Der Entwurf des Architekten Franco Stella zur Teilrekonstruktion des ehemaligen Stadtschlosses zum Humboldt Forum ,sah keine Kuppel vor. Diese Überlegungen das Schloss mit einer Kuppel zu krönen und mit einem Kreuz,dass zudem von einer Grossspenderin finanziert wurde,zu vollenden,war eine Idee des Förderverein Wiederaufbau Berliner Schloss. Um die Diskussionen über Kuppelinschrift und Kuppelkreuz endlich aus der Schusslinie zu bringen,spreche ich mich als Förderin des Wiederaufbau dafür aus ,das dass Band in der Kuppel durch ein farbiges, dem Gebäude angepasstes Band ersetzt wird und das Kreuz entfernt wird und eine andere Verwendung findet.Das wäre für beide „ Corpus Delicti „ eine tragbare Lösung, damit dass Humboldt Forum endlich als das Gebäude wahrgenommen wird, als Ort für Wissenschaft, Kunst und Kultur für das es geplant wurde und als Weltmuseum für alle Kulturen seine Aufgaben wahrnehmen kann.

      1. Und ich als Förderer spreche mich klar und entschieden dafür aus, diese unsinnige Debatte um die Rekonstruktion eines historischen Zustands endlich zu beenden! Genauso energisch, wie ich die Neukonzeption eines Museumsbaus unter Verwendung religiöser Symbole bekämpfen würde. Neidvoll blickt man nach Dresden, wo man aus einer Rekonstruktion etwas die Menschen Verbindendes ableiten kann. Nur in Berlin vergiftet man das gesellschaftliche Miteinander, indem bestimmte Kreise ein Politikum aus einer Sache machen, die andernfalls niemanden interessiert hätte. Stellt endlich diese ach so wichtige Kommentierungstafel auf und dann ist bitte Ruhe.

  3. Tatsächlich wird die Gigantentreppe eines Tages rekonstruiert. Es gibt etwas Mächtigeres und Dauerhafteres als den Willen der Linksradikalen, die das Humboldt-Forum übernommen haben … es ist der Wille des Volkes, sein Schloss wiederaufzubauen!

  4. Die Gigantentreppe, von Franco Stella schon in der Grundkonzeption technisch und machbar vorgepant, kann ohne größere Umbaumaßahmen eines Tages eingebaut werden. Alle Einzelteile werden extern gefertigt und vor Ort zusammengefügt. Der Museumsbetrieb wird dadurch nur wenig beeinträchtigt. Eine Finanzierung über ein Spenden/Mäzenatentum ist dabei realistisch und machbar.Die Bauchschmerzen heutiger Kritiker werden sich dann wohl wieder pünktlich einstellen. Wer hat denn hier jahrelang dafür geackert, dass heute a l l le Schmuckelemente der Fassaden bezahlt sind? Ein wenig mehr Dankbarkeit und Anerkennung würde auch den ach so intellektuellen Nörglern gut anstehen.

  5. Ich weiß wirklich nicht, über was der Stiftungsrat zu den Balustraden-Figuren diskutieren muss. Es gibt eindeutige Beschlüsse des Bundestages zur originalgetreuen Rekonstruktion der Schlossfassaden, wo die Balustraden-Figuren natürlich dazu gehören. Ich vermute hinter den ganzen Verzögerungen steckt Kulturstaatsministerin Claudia Roth.

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