09.05.2018 Welt
Von Markus Woeller
Es spiegelt vor allem wider, dass, wenn es ums öffentliche Planen und Bauen geht, Berlin eine zutiefst verunsicherte Stadt ist. Da muss man nicht einmal auf den zu klein geplanten Großflughafen BER schauen, dessen mittlerweile wievielter Eröffnungstermin auf wann eigentlich verschoben ist?
Berlin und die Kubatur
Die Diskussion um eine Wiedererrichtung der Bauakademie erinnert an das Gezerre um das Humboldt-Forum, das schräg gegenüber im Berliner Schloss eingerichtet wird. Bekanntlich gab es auch da zunächst den Wunsch nach dem Wiederaufbau, und dann wurde überlegt, was hereinkommt.
Bei der Bauakademie ist es ähnlich: Seit Jahrzehnten existiert die Hoffnung, das von Karl Friedrich Schinkel entworfene und in den 1830er-Jahren errichtete Gebäude zu rekonstruieren. Im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, wurde es 1962 abgerissen. Ab 1999 wurde eine Ecke des Gebäudes originalgetreu wiederaufgebaut und der Rest der Bauakademie mit bedruckten Planen simuliert. So steht die Kubatur seit dem Jahr 2004.
Bloß hängen Gestalt und Funktion bei Gebäuden untrennbar zusammen. Es ist das Wesen von Architektur, einen plausiblen Zusammenhang zwischen gebauter und gedachter Form herzustellen. „So viel Schinkel wie möglich“ heißt dagegen die laue Losung des Projekts. Nicht nur die Schinkel-Lobby dürfte das verunsichern. So viel wie möglich? Das sind in jedem Fall wohl keine 100 Prozent.
Die Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher macht ihren Anspruch an das Haus klar: Die Bauakademie habe eine Lücke hinterlassen. Sie meint damit allerdings nicht nur die bauliche Fehlstelle, sondern eine institutionelle. Eine Bauakademie gibt es nicht, schon gar keine nationale. Und was das sein könnte, auch dafür sollte der Wettbewerb Ideen liefern. Lüscher hat schon eine. Sie will in der Kubatur einen „Nukleus der Innovation“ sehen, in dem über Architektur diskutiert werden soll.
Institution Bauakademie muss erst geschaffen werden
Da wollen viele mit dabei sein: Das jüngst ins Innenministerium gewechselte Bauressort an oberster Stelle, das Land Berlin mit der Technischen Universität, auch das Goethe-Institut soll Interesse haben. Natürlich werden jetzt „Dialogprozesse“ in Gang gesetzt. Und keinesfalls soll etwas in den Medien „zerredet“ werden.
Lieber zerredet man das eigene Projekt selbst und erfreut sich an der bunten Vielfalt der Wettbewerbsgewinner, die sich an der Stelle der Bauakademie so ziemlich alles vorstellen können, innen wie außen.
Quelle: Welt, 09.05.2018