Gigant des Stillen Ozeans – Ein berühmtes Südsee-Boot in Dahlem wird abgebaut

 

Der Umzug der Museen aus Dahlem nach Berlin-Mitte ist in vollem Gange. Eine der größten Herausforderungen sind der Abbau und die Überführung der großen Südsee-Boote. Unsere Autorin Karolin Korthase war beim Abbau des Auslegerbootes von der Pazifikinsel Luf dabei.

 

In der Südseehalle des Ethnologischen Museums in Dahlem erinnert nur wenig daran, dass hier bis Anfang 2017 noch ein Museum zum Besuch einlud. Fast alle Großobjekte aus der ehemaligen Dauerausstellung liegen inzwischen fertig verpackt in Kisten oder in Papier gehüllt auf Holzpaletten. Die Tage bis zum Transport ins Humboldt-Forum sind gezählt. Schon im April sollen Tieflader auf dem Parkplatz des Museums halten und die größten Exponate des Hauses nach Berlin-Mitte transportieren.

Mit wie viel Arbeit der Abbau der Großobjekte verbunden ist, lässt sich erahnen, wenn man mit Leonie Gärtner, der leitenden Restauratorin der Südseeabteilung, spricht. Sie erzählt, dass jedes Objekt zunächst gereinigt, dokumentiert, zerlegt, gefestigt und gesichert werden muss, bevor es verpackt werden kann. Bei einigen Objekten, wie zum Beispiel dem 15 Meter langen Boot von der Insel Luf im Pazifischen Ozean sei dieser Prozess, so resümiert Gärtner, besonders aufwändig.

In den letzten Monaten wurde die Holzkonstruktion, die komplett ohne Nägel und Schrauben auskommt, Stück für Stück in ihre Einzelteile zerlegt und umfassend restauriert. Die Takelage und der Aufleger mit Schwimmkörper mussten vorsichtig abgenommen und das Segel sowie der Mast umgelegt werden. Außerdem wurde die Kalfaterung, also die Abdichtung zwischen den Holzplanken, mit einem Bindemittel gesichert, das nun wie ein weißer Farbanstrich anmutet. Diese Maßnahme ist zwingend notwendig, um zu verhindern, dass es während des Transports zu Beschädigungen am Holz kommt. Das Bindemittel löst sich im Laufe der Zeit von selbst auf und gibt dann die wunderschönen Malereien, die die Außenwände des Bootes zieren, wieder in vollem Umfang frei.

 

Das Boot von der Insel Luf gehört zu den letzten seiner Art und wurde Dokumentationen zufolge erstmals im Jahre 1899 in einem Bootshaus gesehen. Luf gehörte damals zum so genannten kaiserlichen Schutzgebiet Deutsch-Neuguinea, das einen großen Verbund von Südseeinseln umfasste und bis zum Ende des Ersten Weltkrieges eine deutsche Kolonie war. Nach Ankauf des Bootes durch die Handelsgesellschaft Hernsheim & Co. kam es 1904 nach Berlin und wurde dort dem Ethnologischen Museum angeboten. In Dahlem war es dann ab 1968 zu sehen und gehört seither zu den Highlights der Südseeausstellung. 50 Jahre lang stand es auf einer Rampe im Ethnologischen Museum und lud mit seiner Schönheit zu Fantasiereisen in die 15.000 Kilometer entfernte Welt der Südsee ein.

Um den imposanten, aus nur einem Baumstamm gefertigten Rumpf des Luf-Bootes von der Ausstellungsrampe hinunterzubewegen, sind zwei Portalkräne nötig. Mit dem Abbau der Großobjekte wurde die Logistikfirma Hasenkamp beauftragt, die auf Kunsttransporte spezialisiert ist. Fünf Mitarbeiter bewegen den größten und auch schwersten Teil des Bootes, der mehrere Tonnen wiegt, Stück für Stück von der Rampe hinunter in Richtung Kistenboden. Dort wird er dann fixiert und an den Stellen, wo die Kalfaterung gesichert ist, mit Kissen aus Polyethylenfolie und Styproporkügelchen gepolstert.

Ähnlich aufwändig ist auch der Umgang mit dem stark abgenutzten Schwimmkörper und den Auslegern. Da die einzelnen Bootsteile nur mit Pflanzenfasern miteinander verbunden sind, ist äußerste Vorsicht beim Transport geboten. Hinzu kommt, dass sie zu breit für die Ausbringöffnung sind, die extra für die Großobjekte in die Seitenwand des Museums geschlagen werden soll. „Die Ausleger müssen deshalb um 90 Grad gekippt und anschließend in einer Hilfskonstruktion fixiert werden“, erzählt Matthias Farke, der Chefrestaurator des Ethnologischen Museums.

 

Dass die wertvollen Exponate durch den Abbau und den Transport Schaden nehmen können, befürchtet der Fachmann aber nicht: „Wenn die Bedingungen stimmen, können die Boote ewig gelagert werden.“ Wichtig seien vor allem eine optimale Luftfeuchtigkeit und -qualität und das Verhindern eines Schädlingsbefalls. Um den Booten keinen klimatischen Stress zuzumuten, werde es nur bei schönem Wetter Fahrten nach Berlin-Mitte geben, so Matthias Farke. Schönes Wetter bedeutet in diesem Fall, dass nur im Sommerhalbjahr zwischen April und September transportiert werden kann und dass es keinen Regen oder Frost geben darf.

Im Humboldt Forum verbleiben die Großobjekte dann bis zum endgültigen Aufbau 2019 erst mal in ihren Kisten. Dass es in dieser Zeit zu keinen Temperatur- oder Feuchtigkeitsschwankungen kommt, ist durch eine konstante Raumklimatisierung gewährleistet. Auch regelmäßige Kontrollen durch Museumsmitarbeiter sind geplant. Wenn alle Baumaßnahmen abgeschlossen und auch die kleineren Objekte ins Humboldt Forum umgezogen sind, kann schließlich mit dem Wiederaufbau der Südseeboote begonnen werden.

Geplant ist eine prominente Platzierung der Boote im Eingangsbereich und damit auch im Herzen des Humboldt Forums. Das Luf-Boot wird zusammen mit fünf anderen Booten in Originalgröße und ungefähr 50 Bootsmodellen in einem Raum über zwei Stockwerke präsentiert werden. Dorothea Deters, die die Südseeabteilung des Ethnologischen Museums kuratiert, sagte hierzu in einem Interview mit „Deutschlandfunk“: „Diese Boote, die allein schon wegen ihrer Größe nach wie vor beeindruckend sind, werden noch in (…) den Kontext der Bedeutung des Meeres (gestellt). (…) Wir möchten verschiedene Aspekte mit diesen Booten zeigen: Zum einen, dass das Meer nicht trennte, sondern die Inseln auch verbunden hat, dass es ein Verkehrsweg war, ein Kommunikationsweg, auch, dass es mehr identitätsstiftend war, früher bis heute, oder auch ein (…) überlebenswichtiger Nahrungslieferant war.“

 

Mehr zum Umzug der Museen aus Dahlem nach Berlin-Mitte gibt es in der Reihe „Auf dem Weg zum Humboldt Forum“.

 

>> Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem offiziellen Blog der Staatlichen Museen zu Berlin, Museum and the City.

 

Text: Karolin Korthase; Fotos: Gritt Ockert

 

 

 

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