Die Zukunft in der Vergangenheit

Es gibt sie noch, die guten Nachrichten, nicht in der Tagesspresse, aber hier in unserem Blog, im „Berliner Extrablatt“ und für das Humboldtforum im Berliner Schloss, für das Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, zu Recht so engagiert einsetzen: Die Rohbauarbeiten schreiten zügig voran, schon am Ende diesen Jahres werden wir an der Traufkante der Außenfassaden angelangt sein. Nächstes Jahr im Frühsommer feiern wir Richtfest. Anfang 2018 soll das Gebäude fertig und Mitte 2019 bezogen sein.

Erfahrene Bauleute sagen: „Ist erst einmal die Baugrube dicht, dann geht es Schlag auf Schlag am Bau.“ Und die Baustelle für das Humboldtforum im Berliner Schloss gibt ihnen recht. Seit der Grundsteinlegung in der 100 % trockenen Baugrube am 12. Juni bis zum Ende des vergangenen Jahres wurden in den gerade einmal sieben Monaten schon 35.000 Tonnen Beton gegossen. Die über das gesamte Baufeld reichende Bodenplatte von 1,50 m Dicke und die Kellerdecke in einem Ausmaß von 180 x 120 Metern nahmen dabei den Löwenanteil des Betons in Anspruch. Außerdem ist die Bodenplatte hoch mit Stahl bewehrt, da sie ein fugenfreies Bauteil darstellt, das nicht nur das „Gewicht“ des Schlosses tragen, sondern auch die thermischen Spannungen im Stahlbeton ausgleichen muss.

Derzeit werden die letzten Bereiche der Erdgeschossaußenmauern eingeschalt und betoniert. Im Inneren sind bereits viele Zwischenwände und Stützen sichtbar. So ist das künftige Schlossforum, die Fußgängerpassage quer durch das Gebäude, die der Architekt die zukünftigen „Uffizien von Berlin“ nennt, schon ebenso deutlich erkennbar wie die Basis der mächtigen Säulen des großen Westportals. Die hatte im Original Eosander von Göthe nach dem Vorbild des Triumphbogens des Septimius Severus in Rom gestaltet. Am Uferweg an der Spree hinter der Baustelle wird Ihnen sicherlich die neue Spree-Side-Gallery nicht entgehen, die wir auf dem 170 m langen Bauzaun entlang der Spree Ende Januar eröffnet haben. Zusammen mit der Bildagentur bpk der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem Deutschen Historischen Museum haben wir 64 Bilder zum Thema „Alt und Jung in der Fotografie des 20. Jahrhunderts“ ausgesucht. Idee der Initiative ist es, die Menschen, die hier entlang flanieren, neugierig auf das Humboldtforum zu machen. Denn um den Menschen in allen Kulturen der Welt geht es dort wie hier. Im jährlichen Wechsel und mit unterschiedlichen Partnern wollen wir die Bauzaunwand in den Jahren bis zur Fertigstellung nutzen, um mit dokumentarischer Fotografie den Anspruch des Humboldtforums als Dialogort der Weltkulturen zu unterstreichen.

Da wir gerade bei dem Stichwort „Ostfassade“ waren: Bitte lassen Sie sich nicht von der Kampagne einer Berliner Tageszeitung zu den absurden Vorstellungen eines im Wettbewerb seinerzeit im ersten Rundgang gescheiterten Architekten aus München verunsichern: Allzu durchsichtig ist das einzige Ziel dieser Kampagne, den positiven Verlauf des Bauvorhabens vielleicht doch noch stören zu können. Und ich versichere Ihnen: die Ostfassade von Prof. Franco Stella wird sehr wohl einen würdigen zeitgenössischen Abschluss des Bauwerks auf der einzigen Außenseite bilden, die wir aus guten Gründen eben nicht in ihrer zusammengewürfelten historischen Originalität wiederherstellen. Denn so entsteht hier an der Spree direkt am Wasser zukünftig ein herrlicher Ort zum Verweilen. Cafés und Restaurants werden in der Morgensonne zum Frühstück einladen und ab mittags im Schatten einen angenehmen Aufenthalt bieten. Die großen und tiefen Fensteröffnungen zitieren in ihrer geschossabhängig unterschiedlichen Höhe die barocken Fassadenordnungen des Schlosses. In ihrer ruhigen und monumentalen, zeitlosen Gelassenheit wird die Fassade später gleichwohl eine eindrucksvolle Mahnung bleiben, dass das Berliner Schloss als Neubau wieder entstanden ist. Das ist die gute Nachricht und wir sollten sie uns wohl bewahren.

Von Manfred Rettig, Vorstand und Sprecher der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum

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