Protokoll der Jahresmitgliederversammlung

des Fördervereins Berliner Schloss e.V.

am 28. Juni 2010 um 19.30 Uhr

im Großen Festsaal des Roten Rathauses, Berlin 

 

Der Vorsitzende des Vereins, Prof. Dr. Richard Schröder, eröffnet um 19:35 Uhr die Mitgliederversammlung, begrüßt die Mitglieder und Spender und dankt für ihr Kommen. Außerdem begrüßt er die Gäste Manfred Rettig als Vertreter des Bauherrn (Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum) und den „ Schlossarchitekten“ York Stuhlemmer, der nun seit Mai Mitglied im Team des Chefarchitekten Franco Stella ist. Beide werden über den derzeitigen Sachstand referieren und später bei der Aussprache zur Verfügung stehen. Die Mitglieder haben am Eingang den Jahresabschluss 2009, die Jahresplanung 2010 und den Jahresbericht 2009/10 erhalten. 

Der Vorsitzende stellt fest, dass die Einladungen zur Versammlung form- und fristgerecht am 11. Juni 2010 versandt wurden. Die Satzung gibt vor, dass hierfür eine Frist von zwei Wochen einzuhalten ist, dies wäre der 14. Juni gewesen. Auf seine Frage, ob es hierzu einen Widerspruch gebe, meldet sich kein Mitglied. 

Da eine ordnungs- und fristgemäß eingeladene Mitgliederversammlung gemäß unserer Satzung beschlussfähig ist, stellt der Vorsitzende nun fest, dass die Mitgliederversammlung beschlussfähig ist.  

Der Mitgliederstand ist relativ konstant. Hatte der Verein im letzten Jahr 1464 Mitglieder, sind es nun 1440. Davon sind 158 Mitglieder anwesend.

Der Vorsitzende stellt fest, dass sich alle Mitglieder am Eingang registriert, ihre Stimmkarte abgeholt und auch die Unterlagen mitgenommen haben. Er weist darauf hin, dass gegen eine Schutzgebühr von € 10,- nach der Versammlung auch der testierte Abschluss 2009 in gebundener Form am Podium gekauft werden könne. Darüber hinaus steht er bereits in ungekürzter Form im Internet und kann dort kostenlos ausgedruckt werden. 

Prof. Schröder eröffnet nunmehr die Tagesordnung. 

TOP 1: Genehmigung des Protokolls der Mitgliederversammlung vom 29. Juni 2009

Dieses Protokoll steht seit langer Zeit im Internet und wurde auch allen Mitgliedern mit dem Mitgliederrundschreiben zugeschickt. Auf Nachfrage von Prof. Schröder gibt es keine Anmerkungen zum Protokoll.

Prof. Schröder lässt nun über die Genehmigung des Protokolls abstimmen. Ohne Gegenstimmen und Enthaltungen wird das Protokoll der letzten Mitgliederversammlung genehmigt. 

Prof. Schröder stellt fest, dass nach dem Versand der Einladungen kein weiterer Antrag zur Tagesordnung eingegangen ist. Auf seine Frage nach weiteren Anträgen zur Tagesordnung, jetzt aus der Versammlung heraus, gibt es keine Meldungen. 

TOP 2: Bericht des Vorstandes und der Geschäftsführung über die Arbeit des Fördervereins in den Jahren 2009 / 2010, insbesondere über den aktuellen Stand des Schlossprojektes. 

Der Vorsitzende Prof. Schröder schlägt vor, dass aufgrund der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Verschiebung des Baus des Humboldtforums – Wiederaufbau des Berliner Schlosses auf 2014, unsere Pflichtberichte und Beiträge zum abgelaufenen Jahr so kurz wie möglich gehalten werden sollen. Außerdem merkt er an, dass diese auch im Internet nachzulesen sind bzw. in schriftlicher Form vorliegen. Prof. Dr. Schröder fragt, ob jemand gegen diese Vorgehensweise ist. Es finden daraufhin keine Wortmeldungen statt.

 

Herr v. Boddien berichtet über die Aktivitäten des Vereins im Jahr 2009 sowie über das erste Halbjahr 2010. Der Bericht liegt dem Protokoll in schriftlicher Form bei.

Der Vorsitzende dankt dem Geschäftsführer für den Bericht, eine Aussprache hierzu ist nach dem Bericht des Schatzmeisters unter TOP 4 vorgesehen. Prof. Schröder betont, dass aufgrund der Konzentration auf die aktuelle Lage auf die Berichte der regionalen Freundeskreise verzichtet wird.

Der Vorsitzende dankt allen Teilnehmern der regionalen Förderkreise sehr herzlich für ihre Arbeit und ihr wunderbares Engagement für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses.

TOP 3: Bericht des Schatzmeisters / Geschäftsführers über den geprüften Jahresabschluss 2009 sowie den Haushaltsplan 2010

 

Der Vorsitzende erteilt dem Schatzmeister, Herrn Dr. von Grawert-May, das Wort und bittet den Geschäftsführer, Details der Jahresabschlüsse zu erläutern.

Der Schatzmeister berichtet, dass die Finanzen des Vereins geordnetet seien, er über ausreichende Liquidität verfüge und neben den Bauplänen auch schon eine erste Million Euro an die Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum überwiesen habe. Der Jahresabschluss 2009 habe den uneingeschränkten Prüfungsvermerk der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grieger Mallison CTG AG, Berlin erhalten.  Das Recht, das DZI-Spenden-Siegel, das Zeichen der Vertrauenswürdigkeit, zu führen sei bis Ende 2010 erneut verlängert worden. Es habe keine ungewöhnlichen Vorfälle in Sachen Buchhaltung und Geldverkehr gegeben.

(Starker Applaus aus der Versammlung)

Der Schatzmeister erläutert das Zahlenwerk und den Jahresabschluss 2009 in den wichtigsten Positionen. 

Der Vorsitzende dankt dem Schatzmeister und übergibt das Wort an den Geschäftsführer. 

Dieser erläutert den ausgeglichenen Haushaltsplan 2010, den er wegen des Spendeneinbruchs nach den Sparbeschlüssen im Juni als Mindesthaushalt bezeichnet. Niemand könne ernsthaft eine solide Spendeneingangsrechnung erstellen, dies sei z. Zt. eher spekulativ zu sehen. Der Haushalt 2010 sei aber durch die Vermögensrücklagen schon jetzt finanziert. Für den Förderverein gelte im Übrigen auch weiterhin das vom Vorstand festgestellte Verbot, Schulden zu machen.

Um die Spendensammlung zu stimulieren, habe man ein Sperrkonto mit Rückzahlungsverpflichtung an die Spender als Ventil dafür eingerichtet, doch noch weiter zu spenden. Nur bei einem weiterhin ausreichenden und am Ziel orientierten Spendenfluss sei der Verein erfolgreich. Die Rückzahlungsverpflichtung gelte nur für den Fall, dass das Projekt Wiederaufbau der Schlossfassaden endgültig scheitern würde, wie dies manche Medien jetzt behaupteten. Dazu werde es nach den eindeutigen Erklärungen der Bundesregierung nicht kommen. Auf dem Sperrkonto seien seit Mitte Juni schon über 80.000 Euro eingegangen. Boddien wertet dies als Zeichen der ungebrochenen Bereitschaft, für den Wiederaufbau zu spenden.

Außerdem hätten zahlreiche Bürger schriftlich zugesichert, nach Baubeginn zu spenden. 

Daher müsse dringend öffentlich Klarheit über den Termin eines irreversiblen Baubeginns von der Regierung hergestellt werden. Anders sei das nach dem Kartellamtsspruch erneut erschütterte Vertrauen der Spender in das Zustandekommen des Projekts nicht wiederherzustellen.

TOP 4: Aussprache zu TOP 2 und 3

Prof. Dr. Schröder eröffnet die Aussprache zu TOP 2 und TOP 3 und bittet um Wortmeldungen zum abgelaufenen Geschäftsjahr.

Ein Mitglied betont seinen Respekt vor den Aktivitäten des Fördervereins und seiner Mitstreiter. Dennoch wirft er die Frage auf, ob es wirklich nötig sei, in New York Spendengelder zu sammeln und ob wir das Projekt nicht selbst schaffen könnten, ohne Hilfe aus dem Ausland.

Herr von Boddien merkt an, dass es die Amerikaner waren, die auf den Förderverein zugekommen seien. Es wäre unklug, diese Spenden nicht anzunehmen. Außerdem unterstütze diese Hilfe aus dem Ausland den Gedanken des Humboldtforums mit seiner Internationalität und Kulturenvielfalt. 

TOP 5: Genehmigung des Jahresabschlusses 2009 und des Haushaltsplans 2010

 

Der Vorsitzende bittet die Mitgliederversammlung, den Jahresabschluss 2009 und den Haushaltsplan 2010 zu genehmigen. Die Abstimmung erfolgt en bloc, offen, mit Handzeichen, durch Zeigen der Stimmkarte.

Der Jahresabschluss 2009 und der Haushaltsplan 2010 werden ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen genehmigt.

TOP 6: Entlastung des Vorstandes 

Auf Antrag eines Mitglieds wird der Vorstand ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen entlastet.

TOP 7: Bericht über die Aktivitäten des Fördervereins für das Jahr 2010

Der Vorsitzende kündigt nun Herrn Manfred Rettig, den Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum, als Redner an.

Dieser berichtet, dass der ursprüngliche Finanzplan z.Zt. von Minister Tiefensee aus dem Jahr 2008 auf eine Bauzeit von 2011 bis 2014 ausgerichtet gewesen sei. Diese kurze Bauzeit sei jedoch unrealistisch gewesen. Im Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung sei der Bau vor den Sparbeschlüssen schon bis 2017 gestreckt worden, was auch zu einem niedrigeren Mitteleinsatz pro Jahr führen würde. Nach den Sparbeschlüssen der Bundesregierung vom Juni 2010, die zu einer Verschiebung des Baubeginns auf 2014 geführt hätten, habe man diesen nun wieder auf 2012/13 vorverlegt, allerdings noch nicht verbindlich. Man hat gemerkt, dass sonst erhebliche Mehrkosten entstehen würden, so in Dahlem, wo seit 1996 in die Museen wegen der Planung ihres Umzug in die Stadtmitte kaum noch investiert worden wäre, aber auch beim Bau des Humboldtforums selbst. 

Wegen des geplanten Baus der U5 ab 2013 unter dem Humboldtforum müssen schon 2012 vorgezogene Baumaßnahmen zur Bodenertüchtigung durchgeführt werden, da sonst die Kosten für die Fundamente des Humboldtforums um gut 30 Millionen Euro steigen würden. Die Schildvortriebsmaschine für den Tunnelbau würde ohne darüber liegende Fundamentplatte des Humboldtforums den Boden dort so auflockern, dass kostspielige Zusatzfundamente, z.B. ein Brückenbauwerk über dem U-Bahn-Tunnel nötig würden. Bundesminister Ramsauer gehe nun davon aus, spätestens 2013, also noch in dieser Legislaturperiode mit dem Schlossbau verbindlich und irreversibel offiziell zu beginnen. Die bisher bewilligten Mittel des Bundes und des Landes Berlin würden ausreichen, um die Planungen abzuschließen, das Baugenehmigungsverfahren und die Ausschreibungen durchzuführen und die erwähnten vorgezogenen Baumaßnahmen 2012 und 2013 zu finanzieren. Er würde also nur zu einer kaum merklichen Verzögerung kommen. 

Ein solcher vorgezogener Baubeginn könne zugleich auch die aus dem Tritt geratene Spendensammlung wieder verstetigen, da die Verunsicherung der Spender durch die radikalen Interpretationen des Moratoriums in den Medien als endgültiges Aus für den Schlosswiederaufbau nur so beseitigt werden könne. Die Spendensammlung zur Finanzierung der historischen Schlossfassaden sei ein zu wichtiges  Standbein für die Finanzierung des Gesamtkomplexes, als dass man sich dort eine lange Verunsicherung leisten könne. 

Manfred Rettig berichtet weiter, dass die Stiftung als Bauherrin die Einrichtung einer Schlossbauhütte schon in diesem Herbst plane. Dafür solle eine Halle der ehemaligen britischen Alexanderkaserne in Spandau als Steinmetz- und Steinbildhauerwerkstatt angemietet werden. Die historischen Originale, aber auch die bislang vom Förderverein hergestellten Prototypen und 1:1 Modelle der Fassaden, sollen dort konzentriert eingelagert werden, um das gesamte Anschauungsmaterial für die Schlossfassaden für deren Herstellung dort zu präsentieren. Diese Bauhütte sei auch für den Publikumsverkehr geöffnet, auch als zusätzliches Instrument für den Erfolg der Spendensammlung. In diesem Zusammenhang anerkannte  Manfred Rettig ausdrücklich die Vorleistungen des Fördervereins auf diesem Gebiet. Man werde nach den Bauplänen nun auch den Fassaden-Modellbau des Fördervereins noch in diesem Jahr übernehmen.  

Ende 2010/Anfang 2011 wird die Stiftung mit Ihren Büros in das Kronprinzenpalais, also in die unmittelbare Nähe des Bauvorhabens, ziehen.

Am 30.06. findet in Berlin die konstituierende Sitzung des Kuratoriums der Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum statt. Diesem Kuratorium gehören namhafte Vertreter des öffentlichen Lebens aus Politik, Wirtschaft und Kultur an.

Vor ca. 5 Wochen habe eine erste Forumsveranstaltung der Stiftung mit einem Podiumsgespräch stattgefunden, an der kompetente Vertreter aller 6 Parteien des Bundestags teilgenommen hätten. Alle bekannten sich bei dieser Veranstaltung einmütig und klar zum Bau des Humboldtforums, auch die Vertreter der Linken. Er habe deswegen nicht den leisesten Zweifel am Zustandekommen des Projekts.

Die Zeit bis zur Eröffnung der Humboldtbox soll neben der Ausstellung des Fördervereins im Infocenter Berliner Schloss zusätzlich ab Mitte Juli mit einer kleinen Informationsschau der Stiftung im Kronprinzenpalais überbrückt werden. 

Auf einer Tagung im Frühjahr in der Villa Vigoni am Comer See bekannten sich führende Denkmalpfleger mit einem Thesenpapier zur Konzeption der möglichst originalgetreuen Rekonstruktion der Schlossfassaden. Soweit möglich, sollten auch historische, bei der Vernichtung des Schlosses geborgene Bauteile wieder in diese integriert werden. Dieses Papier soll nach dem Sommer publiziert werden.

Herr Rettig betont, dass er mit dem Aufschub des Baubeginns auch die Chance sehe, im Detail über viele Dinge noch einmal gründlich nachzudenken, um sie zu optimieren. So könne man die Bauplanung gründlich auf alle Eventualitäten hin durchspielen und so optimieren, dass spätere Baupreissteigerungen durch nachträgliche Änderungen am Plan weitestgehend ausgeschlossen werden könnten.

Darüber hinaus sollte man schon jetzt gemeinsame Aktivitäten der Stiftung und des Vereins planen. Diese würde dem großen Projekt sehr nützen. 

Abschließend fordert Herr Rettig die Anwesenden auf, mit ihrem Engagement gerade jetzt nicht nachzulassen und viele neue Freunde und Spender zu gewinnen.

(Lang anhaltender Applaus).

Prof. Schröder dankt Herrn Rettig und betont, dass für den Förderverein die Zusammenarbeit mit der Stiftung äußerst hilfreich und wichtig sei. Man habe in ihr einen wirklichen, freundschaftlich verbundenen Partner gefunden.

Anschließend berichtet der bisher vom Förderverein beauftragte Architekt Stuhlemmer über den Stand der Bauplanung. Er wurde im Mai in das Stella-Team als der für die Rekonstruktion der Schlossfassaden verantwortliche Architekt aufgenommen.

60 Architekten, Ingenieure, Statiker und Planer seien im Planerhaus an der Fischerinsel tätig und würden gemeinsam die spannende Aufgabe der Planungsarbeiten meistern. Er betont, dass Stellas Entwurf eine schlossgerechte und in sich geschlossene Konzeption darstelle. 

Prof. Schröder dankt Herrn Stuhlemmer für seine Ausführungen und eröffnet die Aussprache. Er bittet die Anwesenden um Wortmeldungen, Fragen und Beiträge. In diesem Zusammenhang kündigt er an, dass Herr von Boddien sein Diktiergerät einschalten werde um eine spätere Auswertung der Beiträge zu ermöglichen. Der Vorsitzende fordert die Diskussionsteilnehmer auf, vor dem Wortbeitrag anzukündigen, wenn eine solche Aufzeichnung des eigenen Beitrags nicht erwünscht sei. In diesem Falle würde das Diktiergerät selbstverständlich ausgeschaltet werden.

Herr Böhme (Freundeskreis Köln-Bonn) dankt Herrn Rettig für seine Erläuterungen und betont, dass dieser dem Förderverein den Rücken gestärkt habe. Herr Böhme betont, dass „jetzt erst recht“ gehandelt werden müsse. Er möchte Herrn von Boddien dazu motivieren noch mehr Mitglieder zu gewinnen. 

Daraufhin betont Herr von Boddien, dass die Akquisition von Spendern wichtiger sei als die Zahl der Mitglieder zu steigern. Bisher hat der Förderverein über 12.000 Spender, also fast das zehnfache des Mitgliederbestands, die mehr als fünfzehnfach mit Ihren Spenden gegenüber den Mitgliedsbeiträgen zum Bau beitragen würden. Sie würden nach dem Baubeginn über ihre Freundes- und Bekanntenkreise die besten „Verkäufer“ des Wiederaufbaus des Schlosses sein, weil sie selbst sich über ihre Spende mit diesem identifiziert hätten. Über sie könne der Schneeballeffekt rasch verstärkt werden. Zuvor aber müsse kurzfristig deren Motivation durch eine baldige Bekanntgabe eines verbindlichen Baubeginns wieder hergestellt werden, zu groß sei die Enttäuschung nach den Sparbeschlüssen zu spüren. 

Ein anderer Redner dankt zunächst Herrn Rettig, dem Vorstand und der Geschäftsführung für deren weiterhin positive Grundeinstellung und  Optimismus. Er meint auch, dass die Sparbeschlüsse der Bundesregierung von falschen Fakten ausgingen, tatsächlich würde bei einem späteren Baubeginn nicht nur nichts gespart, sondern vieles teurer werden als jetzt geplant. Diese Erkenntnis müsse dringend öffentlich gemacht werden. Außerdem sehe er die vom Förderverein im Juni in Berlin durchgeführte repräsentative Meinungsumfrage eher kritisch, trotz ihres positiven Ergebnisses. Sie hätte nicht nur in Berlin sondern in ganz Deutschland stattfinden müssen. Schließlich bittet er, den Bundestag mit einer Resolution aufzufordern, die Grundsteinlegung schon für 2012 festzulegen.

Herr Rettig stellt fest, dass die geplanten Baumaßnahmen bislang nach dem Baukostenindex von 2007 aufgestellt worden seien. Natürlich müssen inflationsbedingte Kostensteigerungen bei einer Fertigstellung erst 2018 in Kauf genommen werden. Z.Zt. liege man jedoch auch bei den Kosten noch voll im Plan, ohne Abstriche an der Qualität des Bauwerks machen zu müssen. Man dürfe vor allem jetzt keine Vergangenheitsbewältigung betreiben, sondern müsse nach vorn sehen. Er sei insgesamt sehr optimistisch und betont noch einmal, dass aufgrund des U5-Baus unbedingt vorgezogene Maßnahmen schon 2012 erfolgen müssen, selbst wenn diese aus psychologischen Gründen nicht gleich als Baubeginn bezeichnet würden.

Herr von Boddien sagt zur Meinungsumfrage, dass, wie schon zweimal zuvor, bewusst nur die Berliner befragt worden seien, um so die Entwicklung der Meinungen vergleichbar zu machen. Vor allem sei aber auch die Vergleichbarkeit der Umfrage mit der der Berliner Zeitung von Ende Mai wichtig gewesen, nach der angeblich 80 % der Berliner den Schlossbau abgelehnt hätten. Diese hätte auch nur in Berlin stattgefunden.

Auch im Bundesgebiet gebe es viel Zustimmung, nur sei das Projekt dort noch nicht so breit verankert, es gebe noch sehr viele Menschen, die nichts davon wüssten, auch weil es sie noch nicht interessiere. Dieses würde sich aber mit dem Baubeginn rasch ändern, weil damit die Aufmerksamkeit positiv gesteigert werden könne, so dass man dann auch ganz Deutschland einbeziehen könne, wenn dies später überhaupt noch nötig sei. Schließlich zeige der Erfolg des Baus der Frauenkirche in Dresden, wie deren Zauber auch ohne Meinungsumfragen alle Kritiker still und nachdenklich gemacht habe. Dasselbe werde mit Sicherheit auch in Berlin geschehen, wenn die Figur des Schlosses die Schönheit der alten Mitte wiederherstellen würde. Einen ersten Abglanz davon habe schon 1993/94 die Schloss-Simulation gegeben, ohne die ein Baubeschluss des Bundestags wohl nie hätte herbeigeführt werden können. 

Eine Dame äußert ihre Verwunderung über den Kommentar „Verständnis für die Kanzlerin“ von Herrn von Boddien, der am 12. Juni 2010 in der WELT veröffentlicht wurde. Sie habe dafür gar kein Verständnis, man hätte die Kanzlerin für die Verschiebung des Baus hart angreifen müssen. Für sie habe das Humboldtforum nichts mit der Befriedigung eines Luxus-Bedürfnisses zu tun, sondern es gehe um das wichtigste Kulturprojekt Deutschlands in diesem Jahrhundert, das vor allem der Bildung breiter Bevölkerungskreise über die Kulturen der Welt gewidmet sei. Sie betont, dass sie Herrn von Boddiens Ausführungen als zu beschwichtigend empfinde.

Herr von Boddien antwortet, dass er es noch nie erlebt habe, mit jemandem konstruktive Gespräche führen zu können, dem er vorher mit einem Tritt vor das Schienbein empfindlich weh getan habe. Um mit den Vertretern der Politik insgesamt gesprächsfähig zu bleiben, habe er Frau Merkel bewusst nicht angegriffen und bittet dafür um Verständnis. Er verweist in diesem Zusammenhang auf den ebenfalls im Mitgliederrundschreiben und Berliner Extrablatt veröffentlichten Welt-Kommentar von Wolfgang Thierse, der sich sehr kritisch mit dem Sparbeschluss auseinandersetze. So sei die Ausgewogenheit der Meinungen doch hergestellt. Es gelte aber eben auch, mit allen Regeln guter Diplomatie und nicht marktschreierisch die Sache weiter zu verfolgen. Dass dies richtig sei, zeige der Erfolg der bisherigen Vereinsarbeit, die durch Geduld, Langmut und Beharrlichkeit in der Sache geprägt gewesen sei.

Ein weiterer Redner äußert seinen Wunsch, dass in der Bauplanung des Schlosses auch die Errichtung von historischen Räumen berücksichtigt werden müsse und fragt Herrn Rettig, ob dies möglich sei. Außerdem schlägt er vor, dass Herr Rettig mit Fachleuten der Denkmalpflege, z.B. aus Warschau, zusammenarbeiten möge.

Herr Rettig bestätigt, dass eine spätere Rekonstruktion wichtiger historischer Innenräume bei der jetzigen Planung bereits berücksichtigt werde. Auch werde die Planung von wichtigen Fachleuten der Denkmalpflege und der Kunstgeschichte begleitet. Der Deutsche Bundestag habe bisher jedoch nur den Schlüterhof und die drei Fassaden abgesegnet. Das Spendenaufkommen sei bislang auch noch nicht so hoch, dass schon jetzt die weiteren, möglichen Rekonstruktionen verabschiedet werden könnten. So sei die Herstellung historischer Raumsuiten eher eine Aufgabe nachfolgender Generationen.

Er betont aber, dass dieses Thema sehr ernst genommen würde bei der Stiftung, auch die noch vorhandenen historischen Keller sollten weitestgehend in das Gebäude integriert werden. Zusätzlich sei im Humboldtforum eine Dauerausstellung zur Geschichte des Ortes, also zur Burg, zum Schloss und dem Palast der Republik vorgesehen. 

Ein Redner regt an, dass die bereits gesammelten 20 Millionen Euro Spendengelder in einen sofortigen Baubeginn investiert werden sollten. Dieser Baubeginn würde ein Signal setzen und die Spendenbereitschaft erhöhen.

Herr von Boddien antwortet, dass der Förderverein seine verfügbaren Mittel weitestgehend ausgegeben habe für die Entwicklung der Baupläne des Schlosses und die 1:1 Modelle der verschiedenen Fassadenprototypen und -kunstwerke. Es seien keine Mittel für die Errichtung des Kernbauwerks über die Spendensammlung vorgesehen, dies sei wirklich nicht Aufgabe des Vereins. Ohne den Kernbau, also als reine Fassadenwände sei aber jeder Baubeginn unseriös, weil nicht nachhaltig. Angesichts der ersten Sitzung des Kuratoriums der Stiftung, dem auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann und andere Wirtschaftsführer angehören, hoffe er zudem auf neue Impulse für die Spendensammlung.

Ein Teilnehmer sagt, dass er sich dafür schämen würde, wenn es der deutschen Bevölkerung nicht gelingen würde, die nötigen Spendengelder aufzubringen.

 

Manfred Rettig geht davon aus, in Zukunft vor allem auch Großspender zusätzlich gewinnen zu können. Er betont aber auch, dass ein großes, flächendeckendes, bürgerliches Engagement für die Spendensammlung von größter Bedeutung sei.

Herr Paulenz wünscht eine Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit des Vereins, wie könne man die Zusammenarbeit mit Presse und TV verbessern?

Dazu meint Herr Rettig, es sei wichtig, sich von den Negativberichten nicht zu sehr beeindrucken zu lassen, man dürfe nicht den roten Faden verlieren. Man dürfe Meinungen von einzelnen, möglicherweise grundsätzlich gegen das Projekt eingestellten Journalisten nicht zu hoch bewerten. Herr von Boddien ergänzt, dass man die Medien nicht beeinflussen könne, wir müssen weiter beharrlich an unserem Ziel arbeiten. Je mehr Menschen wir schließlich gewonnen haben, umso besser. Schließlich könnten auch die Medien nicht mehr schreiben, was sie wollten, wenn z.B. durch die erwarteten hohen Besucherzahlen der Humboldt-Box sich das öffentliche Bewusstsein zum Schloss und Humboldtforum geschärft habe.

(starker Applaus)

Bernd Busse fordert die anwesenden Mitglieder auf, gerade jetzt weiter zu spenden. Nur wenn der Spendenfluss weiter ansteige, könne der Druck auf die Politik erhöht werden.

Herr Rettig sagt, dass sich viele Bundestagsabgeordnete leider nicht für das Schlossprojekt interessieren würden, da sie mit anderen Themen/Problemen zu tun hätten und diese abarbeiten müssten. Er erläutert, dass die Stiftung und Herr von Boddien schon sehr nahe an der Bundesregierung dran seien. Wir sollten Ruhe bewahren und Respekt vor der Entscheidung der Sparmaßnahmen haben, da der Bau des Humboldtforums und Schlosses schließlich der Unterstützung einer breiten Mehrheit bedürfe.

Er  merkt an, dass am 1. September eine weitere Stiftungsratssitzung stattfinden würde. Er betont noch einmal das gute Vertrauensverhältnis zwischen Förderverein und Stiftung und dankt dafür. Er würde sich über Ideen und Anregungen aus dem Mitglieder- und Spenderkreis, die uns weiter brächten, immer freuen!

Herr von Boddien erwähnt die hohe Fachkompetenz von Herrn Rettig, die uns bei unserer Arbeit nur nützen könne. Außerdem bemerkt er in diesem Zusammenhang, dass die Rekonstruktion der Dresdner Frauenkirche zunächst auch mit größten Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, auch sie wurde als „Disneyland“ verunglimpft, was nun zu gern vergessen werde, da sie nach ihrer Fertigstellung allgemein geachtet und akzeptiert sei.

Er fordert auf, nicht die Nerven zu verlieren, sondern hart am Ball zu bleiben: „Die Hunde bellen, aber die Karawane zieht weiter!“

(Applaus)  

TOP 8: Verschiedenes

Herr Both aus Lübeck bittet darum, die Mitgliederversammlung in Zukunft auf einen Freitag zu legen.

Hierfür hat Herr von Boddien vollstes Verständnis, leider sei trotz einer ersten Anfrage schon im Herbst des vergangenen Jahres der Saal im Roten Rathaus im Juni nicht mehr verfügbar gewesen. Andererseits könne man die Mitgliederversammlung nicht vorverlegen, weil erst im Juni der Prüfungsbericht für den vorjährigen Jahresabschluss vorläge. Man werde sich aber schon jetzt um einen Freitagstermin im Juni 2011 bemühen.

Der Vorsitzende dankt schließlich den anwesenden Mitgliedern und Spendern für ihre rege Beteiligung an der Versammlung. Er schließt diese um 22.15 Uhr.

Berlin, den 28. Juni 2010

gez. Prof. Dr. Dr. h.c. Richard Schröder (1. Vorsitzender und Sitzungsleiter)

gez. Luise von Oldenburg (Protokollführerin), nach Beendigung Ihrer Tätigkeit am 30.6.2010 redigiert von Wilhelm von Boddien