Geschenk an den Zaren:
1713 starb Friedrich I. und hinterließ immense Schulden. Sein Nachfolger war äußerst sparsam und dem Prunk seines Vaters überhaupt nicht zugetan. Deswegen hielt er auch nichts von dem “Cabinet aus Bernstein”.
1716 weilte Zar Peter I. von Rußland am Berliner Hof. Dieser äußerte ungeniert, was er am liebsten aus Berlin als Gastgeschenk mitnehmen wollte. So schenkte Friedrich Wilhelm I. dem Zaren wertvolle Schätze aus dem Besitz seines Vaters, um sich seiner Bündnisgunst, insbesondere bei der Übernahme Pommerns durch Brandenburg-Preußen, zu versichern.
“…daß der König dem Czaar zwey kostbahre praesente gethan hat, nämlich das prächtige, schöne Jagtschiff (heutige Lesart: Luxusyacht), dan ein prätieuses Bernstein-Getäffel zu einer vollenkommenen Bekleidung und Ausschlagung eines Cabinets….Der Czaar hat mit großer Verbindlichkeit zu erkennen gegeben, daß er auf ein Gegenpräsent starck würde bedacht seyn.”
30.000 Reichstaler hat das Bernsteinzimmer gekostet, weit weniger als das “Jagtschiff”, das mit 100.000 Talern zu Buche schlug. 1717 verließ das Zimmer Berlin und wurde über Memel und Riga nach St. Petersburg gebracht. Dort wurde es zunächst im alten Winterhaus, sechs Jahre später im Winterpalais eingebaut. Von dort kam es 1755 in das Versailles nachempfundene Katharinenpalais in Zarskoje Selo, der Sommerresidenz der Zarenfamilie.
Das Bernsteinzimmer in St. Petersburg im Schloss Katharinenhof, Zarskoje Selo:
Der mit dem Einbau beauftragte Carlo Rastrelli brauchte zusammen mit dem Italiener Martelli acht Jahre, um das Bernsteinzimmer in einen etwa sechsmal so großen Saal so einzufügen, dass trotz dieser gewaltigen Vergrößerung der ursprüngliche Charakter des Zimmers erhalten blieb. Dabei fanden natürlich auch die Paneele Verwendung, die nach dem Einbau des Kabinetts im Berliner Schloss eingelagert wurden. Erst Friedrich der Große schenkte sie dem Zaren.
Zusätzlich mussten viele Teile neu angefertigt werden, so z.B. 24 venezianische sowie ein bernsteingerahmter Spiegel. Das Zimmer bestand nach der Vergrößerung also nur noch zum kleineren Teil aus der Originalsubstanz des Berliner Schlosses. Das silberne Denkmal Friedrichs des Großen, nach dem berühmten Berliner Standbild als Miniatur geschaffen, wurde erst im 19. Jahrhundert im Zimmer aufgestellt, als Zeichen der Bewunderung und des Danks für diesen Preußischen König.
Gegengeschenk des Zaren für das Bernsteinzimmer:
An das Gegenpräsent hat sich der “Herrscher aller Reussen” erst ein Jahr später wieder erinnert.
König Friedrich Wilhelm I. hatte eine Vorliebe für lange Soldaten, die mindestens 1,90 m groß sein mussten. Mit einer sehr hohen Mütze ausgestattet, waren sie furchterregend lang, denn die Menschen des 18. Jh. waren doch sehr viel kleiner als die des 21. Jahrhunderts.. Die “Langen Kerls” wurden so zu Lieblingsgarde des Königs, der durch sie zum “Soldatenkönig” wurde, ohne dass er auch nur einen einzigen “richtigen” Krieg mit ihnen geführt hatte.
Um dem König zu schmeicheln, schickte der Zar deswegen 55, mit Gewehren aus Tula bewaffnete “Lange Kerls” im Sommer 1718 nach Berlin, dazu eine Drechselbank (eine weitere Vorliebe des Königs), eine Barke und einen von Peter selbst gefertigten Elfenbeinpokal.
Das ist nun die wahre Geschichte!
(Quellen:Günter Wermusch: Die Bersteinzimmer – Saga; Goerd Peschken: Das Bernsteinzimmer, Schriftenreihe der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten 2002)