„Berliner Stadtschloss – Wenn aus Beton Barock wird“

11.09.2015    Berliner Morgenpost

Auf dem Schloßplatz entsteht der größte Ziegel-Neubau der Nachkriegszeit in Deutschland. 3,5 Millionen rote Ziegelsteine werden verbaut.

Von Isabell Jürgens

Auf dem Schloßplatz in Berlins historischer Mitte entsteht der größte Ziegel-Neubau der Nachkriegszeit in Deutschland. 3,5 Millionen rote Ziegelsteine werden dafür sorgen, dass aus dem Betonrohbau, der ab März 2013 aus der riesigen Baugrube emporgewachsen ist, nach und nach ein rotes Schloss wird. Doch anders als das Rote Rathaus, das nur ein paar Hundert Meter entfernt steht, wird das Berliner Schloss nur vorübergehend „erröten“. Denn schon bald wird der rote Ziegel, wo er nicht von Schmuckelementen aus Sandstein verdeckt wird, mit einer beigen Putzschicht versehen.

Der Baufortschritt am Humboldt-Forum, dem größten und teuersten Kulturbauvorhaben der Bundesrepublik seit der Wiedervereinigung, ist von Passanten am Besten auf der dem Nikolaiviertel zugewandten Südseite zu beobachten. Dort ist der Beton im Erdgeschoss bereits flächendeckend hinter der davor errichteten Ziegelfassade verschwunden. „Genau wie bei der historischen Hohenzollernresidenz entsteht ein Vollmauerwerk – nur dass wir den Ziegelbau um den Rohbau aus Beton herum errichten“, erklärt Bernhard Wolter, Sprecher der Stiftung Berliner Schloss – Humboldt-Forum. Zwischen den beiden Schichten, energetisch sinnvoll, ist Platz für eine ordentliche Dämmschicht.

Tonnenschwere Kolossalsäulen werden die Portale zieren

Über den Fenstern im ersten Stockwerk, dem Piano nobile, dem bevorzugten Geschoss der Adeligen, das in den Berliner Gründerzeitbauten auch als Beletage bezeichnet wurde, sind die Bauarbeiter auch bereits dabei, die von Bildhauern aus Sandstein gefertigten aufwendigen Schmuckelemente anzubringen. Gut zu erkennen sind auch bereits die Postamente, die beidseits der Portale I und II angebrachten Sockel, die später die 14 Meter hohen Kollossalsäulen tragen sollen. „Jede dieser Säulen wird aus acht Säulentrommeln zusammengesetzt“, erklärt der Leiter der Schlossbauhütte, Bertold Just. Die aus Sandstein gefertigten Trommeln haben einen Durchmesser von 1,20 Metern und wiegen jeweils rund fünf Tonnen.

Wie sehr sich die Berliner für die Details der historischen Rekonstruktion des 1950 gesprengten Berliner Schlosses interessieren, wurde beim Richtfest im Juni deutlich. Rund 50.000 Besucher nutzten die Chance, sich auf den zwei Tagen der offenen Baustelle selbst ein Bild vom Fortgang der Arbeiten zu machen.

Informationen aus erster Hand

Die Berliner Morgenpost bietet ihren Lesern nun die Möglichkeit, sich am 17. September um 19.30 Uhr im Kino Zoo-Palast an der Hardenbergstraße in Charlottenburg aus erster Hand von ausgewiesenen Experten informieren zu lassen und über die bauliche Gestaltung sowie die inhaltlichen Konzepte zu diskutieren. Unser nächstes Leserforum in der Reihe „Morgenpost vor Ort“ trägt den Titel „Berlin freut sich auf sein Schloss – Was kommt in das Humboldt-Forum?“

Vielen Berlinern ist zwar bekannt, dass in das Schloss nach Fertigstellung das Humboldt-Forum einziehen und die außereuropäischen Kulturen präsentieren soll. Doch was genau sich hinter dem Schlagwort vom „Weltmuseum“ verbirgt, was die viel beschworene „globale Perspektive“ beinhalten soll, erscheint doch noch reichlich nebulös.

Auf dem Podium diskutieren:

Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin (SPD), Horst Bredekamp, Professor an der Humboldt-Universität und einer der Gründungsintendanten des Humboldt-Forums. Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss e.V., Sabine Bangert, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus sowie Jochim Stoltenberg, Autor der Berliner Morgenpost. Moderiert wird die Veranstaltung von Hajo Schumacher, Publizist und Kolumnist der Morgenpost. Nach der etwa einstündigen Gesprächsrunde können die Teilnehmer im Publikum Fragen stellen und mitdiskutieren. Die Teilnahme an unserer Veranstaltung ist kostenlos. Sie müssen sich allerdings zuvor in unserer Redaktion anmelden. Wie das geht, lesen Sie in dem nebenstehenden Infokasten.

Berlin will sich als Weltstadt präsentieren

Erst im März dieses Jahres hatte sich der Regierende Bürgermeister überraschend in die Nutzungsdebatte eingeschaltet. Berlin stehen 4000 der rund 40.000 Quadratmeter Nutzfläche im Humboldt-Forum zu. Doch anstatt diese, wie ursprünglich geplant, für die „Welt der Sprachen“ zur Verfügung zu halten, die die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) gestalten wollte, will Müller dort nun die Geschichte Berlins präsentieren. Unter dem Titel „Welt.Stadt.Berlin“ soll interaktiv erlebbar werden, was Berlin zur Weltstadt werden ließ. In dieser Woche hat Michael Müller nun den Mann vorgestellt, der die Berliner Flächen mit Inhalten füllen soll. Der derzeitige Direktor des Amsterdam Museums, Paul Spies, wird von Februar 2016 an Direktor der Stiftung Stadtmuseum Berlin – und Chefkurator der Eröffnungsausstellung im Humboldt-Forum.

Spies wird die Berlin-Ausstellung in enger Abstimmung zur Intendanz um Neil MacGregor, konzipieren. Der Schotte soll ab Oktober die Gründungsintendanz des Berliner Humboldt-Forums übernehmen. Unterstützt wird MacGregor dabei von Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem Professor für Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität, Horst Bredekamp.

Anfang 2018 soll alles fertig sein

Läuft alles wie geplant – und bisher ist das Projekt noch voll im Kosten- und Zeitrahmen – wird das rund 615 Millionen Euro teure Bauvorhaben Anfang 2018 fertig. Der Finanzausschuss des Bundestages hat genau festgelegt, wer wie viel vom Schloss zahlen muss. Vereinbart ist, dass Bund mit 478 Millionen Euro den Löwenanteil übernimmt, das Land Berlin ist mit 32 Millionen beteiligt. 80 Millionen für die Fassadenrekonstruktion sollen aus Spenden finanziert werden, 25 Millionen für die Historische Ausgestaltung der Kuppel und weiterer Bauelemente.

 

Quelle: Berliner Morgenpost, 11.09.2015

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