„Was vom Palast der Republik übrig blieb“

19.09.2020 Der Tagesspiegel

Vor dem neuen Berliner Stadtschloss war einst der Palast der Republik. Eine Ausstellung beschäftigt sich nun mit der Geschichte des abgerissenen Gebäudes.

Von Patrick Volknant

Immer wenn die Sonne auf ihn schien, verwandelte sich das Braun seiner Fensterfassade in strahlendes Kupfer: Bis zu seinem Abriss war der Palast der Republik das größte und symbolträchtigste Relikt der sozialistischen Vergangenheit Berlins. Nur wenige Meter von seinem einstigen Standort widmet ihm das DDR-Museum jetzt eine Sonderausstellung.

„Der Palast der Republik bewegt die Gemüter bis heute“, erklärt Ausstellungsleiter Sören Marotz, der zusammen mit dem Historiker Stefan Wolle die Ausstellung kuratiert hat. In dem Gebäude erkennt er eine Art „Seismographen“ für die Stimmung zwischen Ost und West.

Erzählt werden soll in der Ausstellung nicht nur die Geschichte des Palastes selbst, sondern auch das, was vor ihm war und auf ihn folgte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beschloss die SED 1950 die Überreste des ausgebrannten Berliner Schlosses zu sprengen. An die Stelle des traditionsreichen Baus sollte ein moderner Sitz für die Volkskammer, das nominell das höchste Verfassungsorgan der DDR, treten.

Etliche Pläne zur Gestaltung des neuen Gebäudes wurden entworfen. Einer von ihnen ist auch in der Ausstellung zu sehen. Am Ende entschied man sich für den Entwurf des Architekten Heinz Graffunder. Die Tochter des 1994 verstorbenen Berliners hat dem DDR-Museum einige der Arbeitsinstrumente ihres Vaters zur Verfügung gestellt, die nun bewundert werden können.

Bei der Errichtung des Palastes halfen nicht nur Bauarbeiter, sondern auch Soldaten. „Wenn es eines gibt, das den Bau des damaligen Palastes von heute unterscheidet, dann ist es seine Termintreue“, weiß Marotz. Man habe jedoch auch keine große Wahl gehabt: Die Führung der SED hätte Verspätungen nicht geduldet.

Das den Palast umgebende Areal sollte zunächst als Paradeplatz genutzt werden. Als man jedoch feststellte, dass die Erschütterungen das Gebäude bedrohten, wurde die Fläche zu einem Parkplatz umgeändert. Letztlich fungierte der Palast der Republik nicht nur als Sitz der Volkskammer, sondern auch als Mittelpunkt des kulturellen Lebens in Ost-Berlin, weiß Marotz: „Er war in erster Linie ein Palast des Volkes.“ Schon seine feierliche Eröffnung im Jahre 1976 soll sage und schreibe 105.000 Menschen angelockt haben.

Auch danach hatte der Palast einiges an Programm für die Allgemeinheit zu bieten: Im geräumigen Innenraum des Palastes konnte man bowlen, ins Kino gehen und vorzüglich speisen. Bestimmte alkoholische Getränke, die es sonst nirgendwo Ostdeutschland gab, wurden hier ausgeschenkt. Zwei der übriggebliebenen Liköre sind Teil der Ausstellung.

Ein Palast fürs Volk

Immer wieder wurde der Palast für Veranstaltungen aller Art genutzt. Unter anderen traten hier Udo Lindenberg und Carlos Santana auf. „Die Kinder Ostberlins wissen vielleicht noch, wie beliebt er als Fotomotiv war“, erinnert Marotz. Er selbst sei als Kind zwei Mal in dem Bau zu Gast gewesen. Um die Geschichten rund um den Palast zum Leben zu erwecken, bietet das DDR-Museum eine digitale Komponente im Rahmen seiner Ausstellung an. Die Kuratoren fordern Berlinerinnen und Berliner dazu auf, ihre persönlichen Erinnerungen, die sie mit dem Palast der Republik verbinden, zu teilen.

Wer möchte, kann dem Museum seine eigene Geschichte via Mail zukommen lassen. Die schönsten Erzählungen sollen dann ausgewählt und über die Social-Media-Kanäle des Hauses veröffentlicht werden.
Dass der Palast nach der Wende geschlossen wurde, hält Ausstellungsleiter Marotz persönlich für den falschen Schritt. Er ist sich sicher, dass man für die Fragen nach seiner Nutzung, die früher oder später aufgetaucht wären, Lösungen hätte finden können. „Stattdessen wurde ein Konflikt unnötig geschürt, der zumindest zur Einheit Deutschlands nicht beigetragen hat“, so Marotz.

Der Gnadenstoß folgt 2006

Das Inventar der ehemaligen Volkskammer wurde aus dem Palast entfernt. Heute verwaltet die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Relikte – es sind Hunderte – an einem geheimen Ort. Zu ihm habe man zwar Zugang erhalten, so Marotz, doch eine Ausstellung größerer Möbelstücke sei nicht möglich gewesen. Ein Foto gibt stattdessen eine Vorstellung davon, was und wie viel dort lagert.

Sonderausstellung „Palast der Republik”, 24. September 2020 bis 5. April 2021, DDR-Museum, Karl-Liebknecht Straße 1, Eröffnung: 23. September um 18 Uhr.

Im Jahr 2006 beschloss die Bundesregierung, dem mit Asbest verseuchten Gebäude den Gnadenstoß zu versetzen. Von den glorreichen Zeiten des Palastes war da schon lange nichts mehr zu spüren. Bereits im September 1995 hatte man Strom und Heizung abgestellt und ließ die Einrichtung zur Ruine verkommen. „Es gibt Menschen, die sprechen hier von Siegerjustiz“, sagt Marotz. In der Ausstellung sollen aber sowohl die Befürworter als auch die Gegner seines Abrisses zu Wort kommen. Kurz vor der Eröffnung des umstrittenen Berliner Stadtschlosses regt das DDR-Museum jedoch zum Nachdenken darüber an, was sonst hätte sein können.

 
Quelle: Der Tagesspiegel, 19.09.2020
 

20 Kommentare zu “„Was vom Palast der Republik übrig blieb“

  1. Es wird immer noch darüber gestritten warum der Palast der Republik abgeräumt und die Entscheidung zur Rekonstruktion des Berliner Schlosses gefallen ist.
    Das Entscheidende war m. E. nicht eine besondere Abneigung gegen den Palastbau und schon gar keine „Siegermentalität arroganter Wessis“. Es gab ja viele Versuche, den Palast einschließlich des übergroßen Aufmarsch-Trabbi-Parkplatzes durch Ergänzungs- und Anbauten in ein städtebaulich geschlossenes und an den Straßenverlauf besser angepasstes Umfeld einzubinden. Das ungelöste Problem blieb der Aufmarsch-Trabbi-Parkplatz. Es gab viele Entwürfe mit alternativer, moderner Bebauung, die raumfüllender waren und schließlich die Kubatur des Schlosses aufnahmen. Aber alle ergänzenden und alternativen Architekturkonzepte waren vor internationalen, unabhängigen Gremien gescheitert. Hinzu kam die Problematik mit einem zum originalen Innenleben des Palastes passenden Raumprogramm und die Problematik der Kosten, wonach ein Wiederausbau des Palastes vom Rohbau den Kosten eines kompletten Neubaus gleichgekommen wäre. Schließlich setzten sich dann erst spät, 2002, die ersten drei Gewinner-Entwürfe mit starkem Rekonstruktionsanteil in der Kubatur des Schlosses durch. Es war also sicher keine arrogante Hau-Ruck-Methode von Siegern, sondern ein längerer ergebnisoffener Lernprozess, der zu der endgültigen Lösung Franco Stellas führte. Das sind zumindest meine Informationen und vielleicht können Gegner das ERgebnis somit leichter akzeptieren.

    1. Nein kann ich nicht hier wurde einfach kapitalistische Siegerjustiz geübt . Es ist und wahr eine Schande den Palast abzureißen aber dieser Herr Boden oder wie der heißt wollte ja unbedingt diesen preussischen Kaisersitz wieder haben. Nun steht es da. OK man hat sich dran gewöhnt und wird in Zukunft wenn denn Mal alles fertig ist auch seine guten Seiten zeigen können aber wenn nicht mal Erichs Blume wieder aufgestellt werden kann einfach weil man es nicht will zeugt für mich von Überheblichkeit Westdeutscher Bauherrn.

      1. Mal ´ne Frage Icto,
        Waren die Bundestagsmitglieder der PDS, die 2008 ganz überwiegend mit für das im Stile des Barock teilrekonstruierten Humboldt-Forums stimmten, alle kapitalistische Sieger?

      2. Da scheint jemand tief verbittert darüber zu sein, dass ihm seine geliebte, demokratische, freiheitsliebende und friedfertige Volkskammer genommen wurde.
        Und diese tollen Lampen!
        Und die Blume!
        Hmm. Das ist doch gar keine Blume. Hohnegger, oder wie der heißt, war doch nur zu blöd zu erkennen, dass dieses 5,20m hohe Gebilde ein Baum ist und keiner hat sich getraut ihm zu widersprechen!
        Das war die Überheblichkeit des Wissenden.

        1. Also für mich scheint es doch eher umgekehrt zu sein. Die Verbittung über dem Abriss der Schlossruine scheint bei einigen Leuten derart gross zu sein, dass sie sich über Alles und Jeden hinwegsetzen, jegliche Logig, moderne Stadtplanung, Architektur, ja sogar die Geschichte selbst, von den vielen Menschen, die diesen Palast durchaus positiv kennengelernt haben weil eben nicht nur Volkskammmer sondern auch ein grosser kultureller Treffpuntk war.
          Selbst wenn, ich betone, selbst wenn der Abriss der Schlossruine Unrecht gewesen ist – man kann altes Unrecht nicht durch neues Unrecht beseitigen. Früher oder später macht man sich unglaubhaft.

      3. Icto, du liegst falsch. Alles was er geschrieben hat ist richtig. Ich erinnere mich daran. Versuche nicht die Geschichte neu zu schreiben, genauso wie die Kommunisten und deren Vorgänger die Nazis es versucht haben. Danke

  2. Den Palast abzureißen wahr tatsächlich eine Schande! Wieso hat man ihn nicht integriert der große Saal war einzigartig den hätte man als Kultur Saal gebrauchen können was wäre es gewesen in einem Schloss mit einem Saal für 3000 Menschen eine Fernsehsendung zelebrieren zu können in historischen wiederaufgeblühter Fassade des Schlosses . Nein jetzt musste es ein Museum werden wo es ja schon so viele gibt in Berlin. Irgendwie wäre es sicher möglich gewesen den Palast zu integrieren in welcher Art auch immer aber das so fliegerisch vorgegangen wurde schmerzt immer noch in der Seele vieler Ostdeutscher .

  3. An meine vorschreiben schaut euch das Schloss an es passt doch bei weitem besser als dieser protzige palstbau. Ich kann die ossis aber verstehen wenn sie den Palast nachtrauern es ist ein weiteres Stück ostdeutsche indentitāt verschwunden .
    Eigentlich wären viele zufrieden gewesen wenn man die Ostfassade als Replik des Palastes kleiner zwar aber originalgetreu wiederaufgebaut hätte so wäre dann wenigstens etwas was an den Palast erinnert hätte aber diese Chance hat man vertan.

  4. Als geborener Westberliner und auch mal Besucher des PdR kann auch ich die Ostberliner verstehen, die den Palast vermissen. Ich selbst hatte bis zur Verkündung des Bauvorhabens für das Berliner Schloss keine Kenntnisse das dies an diesem Ort mal Bestand hatte.
    Meine Persöhnliche Meinung ist aber das der Palast an diesem Ort äußerlich immer wie ein Fremdkörper fungierte.

    Mit der Fassade des Schlosses hat dieser Ort wieder eine Harmonie erreicht , die dem Betrachter eine Glanzleistung der Baukunst vermittelt.
    Die Auskunft das ein Aufbau des gläsernen Baumes wegen dessen desolatem zustandes zu aufwenig und zu Kostenintensiv sei kann man nicht nachvollziehen.
    Er wäre ein Bindeglied für das angemessene und angekratzte Verständnis der Menschen die den Palast und seine Vergangenheit vermissen.
    Hier sind die Verantwortlichen in der Pflicht,
    es sind die Wünsche ihres Volkes, die nicht erhört werden.
    Genauso wichtig ist auch die Umsetzung des Neptunbrunnens, der seinen alten Standort bekommen sollte und so den jetzigen Standort freigibt für eine attraktive Neugestaltung .

    1. Warum kommt keiner der Ostalgie-Fans auf die Idee einen Förderverein zu gründen, Spenden zu sammeln und so was für die Restaurierung des Baumes zu tun?
      Statt dessen wird immer nur gejammert.
      Das Stadtschloss steht schließlich nur deshalb wieder, weil es Menschen mit pack an und interessierte Spender gibt.

      1. Zitat: „Das Stadtschloss steht schließlich nur deshalb wieder, weil es Menschen mit pack an und interessierte Spender gibt.“
        Eindeutig ein klares und entschiedenes Nein. Ein derart großes Gebäude mit der Kulisse des ehemaligen Schlosses konnte nur deshalb gebaut werden weil der Bund und damit alle Steuerzahler Deutschlands, rund eine halbe Milliarde Euro locker gemacht hat. Keine noch so üppige Spendenaktion hätte solch eine gewaltige Summe aufbringen können. Im Vergleich dazu nehmen sich die Spenden gerazu bescheiden aus.

        1. Das stimmt doch überhaupt nicht. Die barocken Fassaden, die „Kulisse des ehemaligen Schlosses“ wurden aus Spendengeldern errichtet – mehr als 100Mio Euro. Ja, es wurde zunächst aus Steuergeldern vorgeschossen – da haben Sie Recht. Inzwischen wurde dieser Vorschuss aber nahezu vollständig vom Förderverein an den Bund zurückgezahlt. Ohne den Förderverein und Herrn von Boddiens Engagement hätte man den PdR TROTZDEM abgerissen – nur hätte man für 500Mio einen Betonneubau erhalten. Der Palast wurde nicht abgerissen, damit das Schloss wiederaufgebaut werden kann. Die Entscheidung zu seinem Abriss war schon zuvor gefallen, weil man nichts sinnvolles damit anzufangen wusste, was sich in einem vernünftigen Kostenrahmen hätte umsetzen lassen. Ich habe das damals sehr genau verfolgt.

  5. Ich habe gelesen dass der Förderverein der gläserne Baum sehr gerne ins Humboldtforum sehen will. Das Problem ist aber dass das Orginal nicht mehr taugt und Teilen rekonstruiert werden müssen. Da kommt das Urheberrecht ins Spiel: die Künstler streiten sich wer die Urheberrechte besitzt. Dennoch hoffe ich sehr dass der gläserne Baum und einige lampen dennoch aufgestellt weren können. Denn meines erachtens war nicht das äussere, sondern die lnnenausstattung des Palast der Republik kunsthistorisch wichtig.

    1. Richtig ! Deshalb will ich für die Rekonstruktion der Palastblume spenden das sie wieder aufgestellt werden kann und wieder wie damals als Treffpunkt dient . Denn im Innern war der palast großartig . Ich mich dennoch auf das Berliner Schloss und wenn alles fertig ist irgendwann wird man sicher auch Frieden schließen mit der Vergangenheit des Ortes und der Gegenwart. Es lebe die Baukunst früher sowie heute und alle die den Palast vermissen werden sich irgendwie im Schloss doch etwas wiederfinden.

  6. Natürlich war es ausschließlich die Siegermentalität weswegen man den Palast abgerissen hat. Der Neubeu der Schlosskulisse diente doch von Anfang an nur als Mittel zum Zweck.

    Um ehrlich zu sein, mir geht es gar nicht um den Palast als solchen. Aber alle Argumentationen mit der man dieses Gebäude hat abreissen lassen hinken meines Erachtens gewaltig. Vorallen bleibt für mich die Frage, wann ist denn der Zeitpunkt, bis zu dem man Geschichte bewahren sollte. Wollen wir ernsthaft allen künftigen Generationen Neues zu bauen verwehren. Denn genau das ist doch der Grundtenor hier. Man schreibt gewissermassen etwas fest und sagt, das ist es und sonst gar nichts. Im übrigen finde ich es völlig lächerlich das man zwar tausend Argumente findet ein nicht mehr existierendes Schloss zumindest als Fassade wiederzuerrichten, aber nicht ein ein Argument ein existierendes Gebäude positiv umzubauen und umzudeuten. Die Rückkehr zu einen historischen Stadtkern wie er vor Urzeiten mal gewesen ist und der stadtpoltisch gar nicht mehr in die heutige Zeit passt, stellt für mich eine Bankrotterklärung jeglicher modernen Stadtplanung dar.

  7. Nach den fadenscheinigen Argumenten des Schlossabrisses von Walter Ulbricht (wir bauen das später woanders wieder auf…) war selbst Erich Honecker 1988 der Meinung man solle einen Wiederaufbau finanziell prüfen, das ist wenig bekannt. Das Schlossäußere fehlte in der Silhouette der Stadt. Zu seiner Zeit nach dem der Abriss unumkehrbar war der zu breite und zu hohe Palast der Republik zunächst ein Lückenfüller in der Restaurantversorgung und Unterhaltung. Ich war als West Berliner auch ein paar Mal zu Familientreffen da und nicht negativ. Sehen wir einmal nach vorn und denken an die Besucher der Stadt: was ist für sie wichtiger : ein Restaurantensemble oder ein Humboldt Forum mit zahlreichen kulturellen Ausstellungen, das alte Schloss von außenhervorragend rekonstruiert ohne eins zu sein. Was hätte mehr Besucher gehabt und einen bleibenderen Eindruck Berlins hinterlassen? Weshalb kommen Besucher überhaupt in eine Stadt: um ein unverwechselbares individuelles Geschichtsbild eine Stadt zu bekommen. auch in einem schwer zerstörten Stadtzentrum sollte man wichtige Bauten wiederkennen können. In zahlreichen schwer beschädigten Städten in Europa wird das nicht anders gehandhabt.

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