Tausende erkunden die Baugrube des Berliner Stadtschlosses

Mehr als 10.000 Besucher haben am Sonntag die Gelegenheit genutzt, sich über die Rekonstruktion des Berliner Schlosses zu informieren. Manche wollten alles bis in kleinste Detail kennenlernen.

Von Isabell Jürgens

Wie tief unter der Baugrube wird der U-Bahn-Tunnel verlegt? Woher stammen die Vorlagen, nach denen die Steinmetze die Schmuckelemente für die Fassade herstellen? Gibt es im Untergrund noch Reste des alten Schlosses? Und was blieb vom Palast der Republik? Das waren die häufigsten Fragen, die die Bauexperten am Tag der offenen Baustelle auf dem Schloßplatz in Mitte beantworten mussten. „Mehr als 10.000 Besucher“, schätzte Bernd Wolter, Sprecher der Stiftung Berliner Schloss – Humboldt-Forum, hätten am Sonntag die Chance genutzt, sich aufDeutschlands größter Kulturbaustelle nach der Wiedervereinigung umzuschauen. Schon vor Öffnung des Bauzauns um 10 Uhr hatte sich eine lange Besucherschlange gebildet.

Auch die Familien Barz und Richter aus dem brandenburgischen Jüterbog nutzten die Gelegenheit, sich auf der Schlossbaustelle umzusehen. „Es ist doch eine einmalige Chance, unseren Kindern heute die Baugrube zu zeigen“, so Tanja Richter. In ein paar Jahren, so die 33-Jährige weiter, würden sie den Kindern Lida (8) und Anna (5) dann bei einem weiteren Berlin-Ausflug zur Eröffnungsfeier die heute geschossenen Erinnerungsfotos aus der Baugrube zeigen. Dirk Barz hatte auch einen ganz persönlichen Grund für den Besuch: „Ich arbeite in der Projektleitung der Schlossbaustelle und möchte meinem achtjährigen Sohn zeigen, womit ich mich den ganzen Tag so beschäftige“, ergänzte der Familienvater.

Interesse an Berliner Geschichte
Für den Berliner Bankkaufmann Alexander Möbius war es „selbstverständlich“, an diesem Sonntag auf die Baustelle zu kommen. „Ich interessiere mich sehr für die Berliner Geschichte und speziell das Haus Hohenzollern“, so Möbius. Besonders gefreut habe ihn deshalb, dass der Grundstein für den Wiederaufbau der 1950 gesprengten Hohenzollernresidenz ausgerechnet an seinem 40. Geburtstag, am 12. Juni, gelegt wurde. „Das ist doch ein historischer Moment und zugleich ein tolles Geburtstagsgeschenk“, sagte Möbius. Und machte sich auf den Weg zu den Verkaufszelten am Rande der Baugrube.

Dort wolle er beim Förderverein Berliner Schloss noch ein Souvenir erstehen: Einen eigenen Grundstein als Briefbeschwerer in Form eines kleinen gestempelten Ziegelsteins aus der Ziegelmanufaktur Glindow bei Berlin. Die zehn Euro fließen an den Förderverein und dienen als Beitrag zur Errichtung der historischen Schlossfassade. Denn diese soll, wie berichtet, an drei Seiten des Gebäudes errichtet und allein aus Spenden finanziert werden. 80 Millionen Euro sind dafür erforderlich – 20 Millionen hat der Förderverein bereits zusammen. „Das ist doch zu diesem frühen Zeitpunkt recht ordentlich, schließlich soll das Humboldt-Forum im Berliner Schloss erst Mitte 2019 eröffnet werden“, so der freundliche Herr am Verkaufstresen. Der Tag der offenen Baustelle werde den Spendenstand ordentlich befördern: „Die Ziegelsteine finden reißenden Absatz“, berichtete der Schlossfreund.

Spickzettel reicht nicht für alle Antworten
Von dichten Zuhörertrauben umgeben waren am Sonntag auch die Mitarbeiter des Architekten und des Baumanagements und der künftigen Nutzer des Schlosses – erkennbar an dunkelblauen Bauhelmen mit dem Stiftungslogo. Ihre Aufgabe: Alle Fragen rund um das Berliner Schloss – Humboldt-Forum zu beantworten.

Keine leichte Aufgabe, wie Elisa Ganivet feststellte. Die Französin, die als sogenannter Live-Speaker neben dem Informationszentrum Humboldt-Box neben der Baustelle das Museumskonzept erläuterte, musste bei den detaillierten Fragen der Besucher zum Baugeschehen des öfteren an die Fachmänner vom Bau am Grund der Grube verweisen. „Ich habe mir zwar extra einen Spickzettel mit den wichtigsten Eckdaten zum Projekt mitgebracht“, so die 31-Jährige. Doch wozu genau die zahllosen Stahlmatten dienen, die in acht Metern Tiefe säuberlich aufgeschichtet liegen, „das weiß ich wirklich nicht“, gestand sie.

Faszination U-Bahnbaustelle unter der Baustelle
Gleich neben dem Grundstein mitten in der Baugrube hatte Ralf Hedrich Position bezogen. Der Mitarbeiter der Firma Convis ist mit dem Controlling auf der Baustelle befasst und weiß daher über die Bauabläufe genau Bescheid. Er kann auch erklären, was es mit dem vielen Stahl auf sich hat. Der werde in die Betonschicht eingegossen, erklärte er den Zuhörern, die ihn umringten. „Die Betonschicht, auf der wir heute stehen, ist nur eine Sauberkeitsschicht“, sagte Hedrich.

Im nächsten Arbeitsschritt würden auf diese nun vier Lagen Bewährungsstahl verlegt und mit einer 1,5 Meter dicken Betonschicht ausgegossen. „Das sorgt dafür, dass die Wanne, die wir hier errichten, absolut wasserdicht und stabil ist“, so Hedrich weiter. „Unglaublich spannend“, seien Hedrichs Erläuterungen, befand Ursula Paul.

Insbesondere die Tatsache, dass in wenigen Tagen unter der Baustelle eine weitere Baustelle eingerichtet werde, habe sie fasziniert, sagte die Pankowerin. „Wir haben gerade erfahren, dass dann die BVG mit dem Tunnelvortrieb für ihre U-Bahn-Röhre am Schlossplatz ankommt“, sagte die 66-Jährige. Sie sei überzeugt, dass die „Diskussion um Sinn oder Unsinn des Rekonstruktionsprojektes“ der Vergangenheit angehöre. „Hier kann jeder sehen, wie sehr das Schloss die Menschen begeistert.“

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2 Kommentare zu “Tausende erkunden die Baugrube des Berliner Stadtschlosses

  1. Guten Tag, Ihr Leute vom Fach in Berlin! Am Tage der offenen „Noch-nicht-da-Türen“ war meine Entfernung von 450 km leider etwas weit. Darum ein Vorschlag von mir: Die Kamera zeigt täglich sehr schöne Bilder im Netz. Allerdings immer nur die ganze Bühne betreffend. Einzelheiten sind unendlich klein, sind selbst mit der Lupe nicht erkennbar. Wie wäre es mit noch zwei, drei weiteren Kameras. Mit Geräten, die hier oder da wenigsten einmal einen Hammer, ein paar Steine erkennen lassen, die ein bisschen den handwerklichen Fortschritt zeigen. Darf ich hoffen ?
    Gruß aus Ahlen i.W..

  2. Guten Tag, Ihr Leute vom Fach in Berlin! Am Tage der offenen „Noch-nicht-da-Türen“ war meine Entfernung von 450 km leider etwas weit. Darum ein Vorschlag von mir: Die Kamera zeigt täglich sehr schöne Bilder im Netz. Allerdings immer nur die ganze Bühne betreffend. Einzelheiten sind unendlich klein, sind selbst mit der Lupe nicht erkennbar. Wie wäre es mit noch zwei, drei weiteren Kameras. Mit Geräten, die hier oder da wenigsten einmal einen Hammer, ein paar Steine erkennen lassen, die ein bisschen den handwerklichen Fortschritt zeigen. Darf ich hoffen ?
    Gruß aus Ahlen i.W..

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