„Stalin-Plan: Ost-Berlin sollte ein Klein-Moskau werden“

22.01.2018   Berliner Kurier

Von Norbert Koch-Klauke

Er ist wieder da. 65 Jahre nach seinem Tod taucht der sowjetische Diktator Josef Stalin (1878-1953) in Berlin wieder auf. In der Schau „Der Rote Gott“, die am 26. Januar in der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen eröffnet wird. Sie zeigt nicht nur, wie Stalin trotz Massenmorden in der DDR verehrt wurde. Es ist sind erstmals auch Pläne zu sehen, wie nach dem Willen des Diktators der Osten Berlins radikal umgebaut werden sollte.

Die Ausstellungsmacher haben Bauentwürfe aus den Jahren 1950/51 aufgespürt, nachdem das im Krieg zerstörte Zentrum der DDR-Hauptstadt nach sowjetischen Vorbild neu entstehen sollte. Im Mittelpunkt war ein gigantischer Regierungspalast geplant. Der riesige Prachtbau sollte sich an dem Ort in den Himmel recken, an dem das Berliner Stadtschloss stand, das 1950 auf Befehl des SED-Chefs Walter Ulbricht (1893-1973) gesprengt wurde.

Mit zehn DDR-Architekten nach Moskau

In der Schau in Hohenschönhausen ist ein Nachbau des Modells aus den 50er-Jahren zu sehen. Ein Wolkenkratzer, umgeben von einem massiven Bürogebäudeblock – so sollte das sogenannte „Zentrale Regierungsgebäude der DDR“ aussehen. Mit seinen 150 Metern wäre es damals das größte Gebäude in Berlin gewesen“, sagt Kurator Andreas Engwert (49). Zum Vergleich: Das zu dieser Zeit höchste Bauwerk Berlins, der Funkturm im Westteil, war und ist nur 147 Meter hoch.

Der geplante Regierungspalast erinnert nicht ohne Grund an gigantische Moskauer Bauwerke wie die Lomonossow-Universität, dessen Turmbau mit 240 Metern Höhe von Stalin befohlen wurde. Die Baupläne für das Ost-Berliner Stadtzentrum ließ Ulbricht auf Weisung der sowjetischen Machthaber anfertigen. „1950 fuhr er deshalb mit einer Delegation von zehn DDR-Architekten extra nach Moskau“, sagt Kurator Engwert. „Dort erhielten sie die von Stalin und seinen Leuten verfassten ,16 Grundsätze des Städtebaus in Deutschland’.“

Nach Stalins Tod hatten sich die Pläne erledigt

In den 37 Etagen sollte die SED und die Blockparteien mit Büros und der Verwaltung einziehen, auch DDR-Ministerien. In den unteren Bauten waren Kultureinrichtungen fürs Volk geplant. „Vor dem Gebäude sollten große Flächen als Aufmarschplätze für Kundgebungen entstehen“, sagt Engwert. „Dafür kam nicht nur der gegenüberliegende Lustgarten infrage. Einige Entwürfe sahen darum sogar den Abriss des Berliner Doms vor.“

Der Wolkenkratzer wurde nie realisiert. „Der Bau der Stalinallee hatte Vorrang“, so der Kurator. „Nach Stalins Tod hatten sich die Pläne erledigt.“ Auf dem Platz entstand in den 70er-Jahren der Palast der Republik.

 

Quelle: Berliner Kurier, 22.01.2018

 

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