Schmaler Grat zwischen Parkplatz und Barock

Eine der wichtigsten städtebaulichen Entscheidungen zum zukünftigen Gesicht der Mitte Berlins fällt in diesen Tagen: Die Jury des Wettbewerbes zur Gestaltung des Schlossumfeldes tritt zusammen und berät die Vorgaben, an die sich die teilnehmenden Landschaftsarchitekten halten müssen. Der groß angelegte, internationale Wettbewerb soll noch im Sommer starten. Er wird darüber entscheiden, ob die einmal fertiggestellte Rekonstruktion des Schlüterbaus wie ein Fremdkörper wirken wird – oder ob das 600 Millionen Euro teure Projekt im Ensemble mit Dom, Neuem Museum, Einheitsdenkmal und Staatsratsgebäude den künftigen Mittelpunkt eines lebendigen Stadtquartiers bildet.

Dass schon dem Auslobungstext für den Wettbewerb eine derartige Bedeutung zukommt, liegt daran, dass Senatsbaudirektorin Regula Lüscher sich festgelegt hat. Sie favorisiert eine moderne Platzgestaltung. Die Rekonstruktion des Schlossplatzes in seiner aus den Vorkriegsjahren bekannten Gestalt sowie die Rückkehr von dort ursprünglich aufgestellten Denkmälern – darunter Neptunbrunnen und Rosse-bändiger – hatte sie abgelehnt. Zuletzt begründete sie dies im Abgeordnetenhaus mit den dabei entstehenden Kosten. Schlägt sich das in der Ausschreibung des Wettbewerbs nieder?

Mitglied der Jury ist auch Manfred Rettig, Vorstand der für die Rekonstruktion des Schlüterbaus verantwortlichen Stiftung Berliner Schloss Humboldtforum. Noch liege ihm kein Entwurf für den Ausschreibungstext zur Umfeldgestaltung vor. Dieser werde aber ohnehin in einem Kolloquium mit allen Jury-Mitgliedern abgestimmt.

Einfluss auf den internationalen Wettbewerb könnte auch das Ergebnis eines konkurrierenden „Ideenwettbewerbs“ haben, den der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft ausgelobt hat. Dessen Ergebnisse stellt die Jury kommende Woche vor. Und auch hier geht es um die „Freiraumgestaltung“ rund um das Schloss. Beteiligt sind fünf Hochschulen und Technische Universitäten – und deren Vorschläge sind nicht ins Korsett von Bauvorschriften eingeschnürt.

Der Tagesspiegel, 08.08.2012

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert