Schlossherr in Geldnot
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Der Schlossplatz in Berlins Mitte bleibt möglicherweise länger unbebaut als bisher geplant. Wie die Berliner Zeitung am Mittwoch aus Kreisen der schwarz-gelben Koalition erfuhr, sollen angesichts des Sparzwanges die Pläne für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses noch einmal überprüft werden. „Es ist generell alles auf dem Prüfstand“, verlautete aus den Reihen der Unionsfraktion. Von vielen Seiten gebe es den Vorschlag, das Schloss nicht zu bauen, sagte ein Finanzexperte. Am Sonntag wollen Vertreter von Union und FDP bei einer Sparklausur über mögliche Kürzungen im Etat verhandeln
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Innerhalb des Bundesfinanzministeriums gibt es nach Angaben aus Koalitionskreisen jedoch „viele, die dem Schlossprojekt skeptisch gegenüberstehen“. Während der Koalitionsverhandlungen zwischen FDP und Union im Herbst wurde bereits eine Verschiebung des Bauprojekts diskutiert. Beendet wurde die öffentliche Debatte damals durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die bei der Eröffnung des Neuen Museums erklärte, dass sich die Bundesregierung an den Beschluss des Bundestags zum Bau des Schlosses halte. Diese Festlegung Merkels sieht man in der Unionsfraktion heute mit gemischten Gefühlen. Es sei nun schwierig von dem Projekt Abstand zu nehmen, weil es mit dem Namen der Bundeskanzlerin verbunden sei.
Der Bundeshaushalt könnte durch eine Verschiebung des Schlossprojekts im kommenden Jahr nicht auf einen Schlag um hunderte Millionen Euro entlastet werden. Im Haushalt 2011 sind nur rund 70 Millionen Euro für das Projekt veranschlagt, 2012 sind es rund 90 Millionen Euro, in den Jahren 2013 und 2014 jeweils rund 150 Millionen. In diesem Jahr stehen rund zehn Millionen Euro zur Verfügung. Erste Arbeiten wie die Erkundung des Baugeländes wurden bereits erledigt. Seit Monaten ist ein Team um den Schloss-Architekten Franco Stella für das Projekt tätig. „Wir arbeiten weiter an der Entwurfsplanung, Ende des Jahres soll sie fertig sein“, sagte am Mittwoch der Sprecher der Stiftung Berliner Schloss – Humboldt-Forum, Bernhard Stokar von Neuforn. Auch am Informationspavillon mit dem Namen Humboldt-Box wird derzeit gebaut. Die Box entsteht am Rande des Schlossplatzes. Ende des Jahres soll sie fertig sein.
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Berliner Zeitung, 03.06.2010