13.11.2015 Neues Deutschland
Bundestag spendiert zehn Millionen Euro für den Umzug – Berlin sträubt sich
Der Bundestag will für ein nostalgisches Schlossumfeld sorgen und greift dafür tief in die Tasche. Auch für das Dachrestaurant auf dem Neubau gibt es Geld. Der Senat hat dem Umzug bisher aber nicht zugestimmt.
Von Bernd Kammer
Das Problem: Der Senat hat dem Umzug des Brunnens vom Platz vor dem Roten Rathaus an seinen historischen Standort bisher nicht zugestimmt. Derzeit führt er einen breiten Bürgerdialog zur Gestaltung der historischen Mitte zwischen Rathaus, Spree und Fernsehturm, in dem sich viele Berliner für den Verbleib des Brunnens ausgesprochen haben. Nächstes Jahr soll ein Ideenwettbewerb folgen. Der Bundestag mische sich nicht ein in die Debatte, beteuerte der Staatssekretär, »aber wenn Berlin so entscheidet, stellen wir die Mittel zur Verfügung, um auch das historische Schlossumfeld wieder herstellen zu können«.
Dazu müsste beispielsweise die Breite Straße verschwenkt werden, um Platz für den Brunnen zu schaffen. »Dort, wo jetzt noch der kleine, grüne Bagger steht, dort würde er hinkommen«, wies Stiftungschef Manfred Rettig die Journalisten ein. Und nur mit dem Brunnen würden auch wieder die historischen Sichtbeziehungen funktionieren zwischen dem Lustgartenbrunnen, der Nord-Süd-Passage – die der Schlossarchitekt gern die »Uffizien von Berlin« nennt – und eben dem Neptunbrunnen.
Die Berliner CDU wertet denn auch die Bundestagsentscheidung als »Signal an die zögerliche Stadtentwicklungsverwaltung«, so ihr Stadtentwicklungsexperte Stefan Evers. »Ein Schlossplatz ohne den Neptunbrunnen bliebe auf ewig nur halbherziges Stückwerk.« Dass der Bund Geld fürs Schlossumfeld vorsieht, begrüßt auch die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Katrin Lompscher. Allerdings wirft sie dem Bund vor, den Umzug des Brunnens »erkaufen« zu wollen. »Der Senat ist gut beraten, den Bürgerwillen ernst zu nehmen und sich hier nicht erpressen zu lassen.« Dazu scheint er auch gewillt zu sein. »Berliner Stadtentwicklung wird in Berlin gemacht und nicht im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages«, erklärte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) trotzig. Zwar begrüßte auch er »jedes finanzielle Engagement des Bundes in Berlin«, verwies aber auf die Debatte zur Zukunft des Rathausforums. »Solange dieser bürgerschaftliche Prozess nicht abgeschlossen ist, steht eine Versetzung des Neptunbrunnens nicht zur Diskussion.«
Gegen die Spende für das Dachrestaurant dürfte es kaum Einwände geben, es sei denn, von der Schlossstiftung selbst. Denn das Projekt »darf nicht in den Bauablauf eingreifen«, warnte Pronold. Doch darüber sind sich bei der Stiftung bisher alle einig. Denn bisher war das Restaurant nur eine Option, die verwirklicht werden sollte, wenn es das Geld dafür gibt. Konstruktiv ist schon alles dafür vorbereitet, doch die Ausführungsplanung will Rettig erst im kommenden Jahr starten, nicht schon jetzt in der »High-Noon-Phase« für die Architekten und Ingenieure, in der alle Technikgewerke für die Gebäudeausrüstung ausgeschrieben werden. Deshalb kann das Restaurant in 30 Meter Höhe, womit es das auf dem Reichstag knapp überragt, möglicherweise erst 2020 und damit ein Jahr nach der Eröffnung des Humboldt-Forums Gäste empfangen.
»Jede Veränderung im Bauablauf hätte einen Dominoeffekt, dann gibt es Auswirkungen auf die Akustik bis zur Entrauchungsanlage«, mahnt Rettig. »Dann hätten wir einen zweiten Flughafen.« Das gilt vor allem als Warnung an den Gründungsintendanten Neil McGregor und Paul Spies, den neuen Chef des Stadtmuseums, die im nächsten Jahr ihre Arbeit aufnehmen. Das Stadtmuseum bezieht die Räume, die bisher für die Landesbibliothek vorgesehen waren. Wie sie gefüllt werden, ist bisher völlig offen. Deshalb sieht Rettig noch »Restrisiken«. Für Sonderwünsche, die Eingriffe in die Substanz bedeuten würden, stehe er nicht zur Verfügung, macht er klar. »Wir haben hier die Chance, mal wieder im Kosten- und Zeitplan zu bleiben.«
Zum Schluss hat er noch eine gute Botschaft an die Freunde des Palastes der Republik: Die Gläserne Blume soll im Schloss wieder aufgestellt werden, wenn auch nur als Kopie. Das Original sei farblich verändert und bestehe nicht aus Sicherheitsglas.
Quelle: Neues Deutschland, 13.11.2015