„Historische Schlossfassade wird mit Teilen des Palastes der Republik verkleidet“

01.04.2015      Berliner Zeitung

Von Thomas Rogalla und Stefan Strauß

Auferstehen aus Ruinen: Für eine historische Schlossfassade am Humboldt-Forum fehlt das Geld. Eine Gebäudeseite soll deshalb mit Teilen des Palastes der Republik verkleidet werden. Der Senat will damit eine weitere Bau-Pleite wie am BER und der Staatsoper verhindern.

Hier entsteht ein Schloss! steht am Bauzaun des Humboldt-Forums in Mitte, doch bislang ist nur ein nackter, grauer Betonrohbau zu sehen. Das soll sich ab dem heutigen Mittwoch ändern. Denn es werden die ersten historisch nachempfundenen Fassadenteile aus Sandstein angeliefert, die an den Betonklotz geschraubt und ihm das Aussehen des früheren Berliner Schlosses verleihen sollen. Das sorgt bei der Stiftung Berliner Schloss für Freude, im Senat jedoch für Ärger. Denn von den 80 Millionen Euro Spenden, die die Stiftung für die Fassade sammeln wollte, sind nicht einmal 30 Millionen beisammen.

Eine Task Force in der Senatskanzlei entwickelt deshalb Pläne, eine der Rohbaufassaden mit noch vorhandenen Teilen des früheren Palastes der Republik zu gestalten. Sollte die Schloss-Stiftung nicht bis Ende 2015 die komplette Finanzierung für ihre Schlossvariante nachweisen, komme die Palastvariante zum Zuge, heißt es. Keinesfalls werde Berlin sich auf Jahre hinaus neben dem BER in Schönefeld und der Staatsoper in seiner historischen Mitte eine weitere halbfertige Bauruine leisten – und sich vollends zum Gespött der Nation machen.

Neben der Task Force hat sich ein parteiübergreifender Kreis von Politikern, Architekten und Denkmalschützern zusammengefunden, der ebenfalls die durch Geldmangel gewonnene Zeit nutzen will, um dem abgerissenen Palast der Republik am authentischen Ort doch noch ein bauliches Andenken zu verschaffen. Die Initiative tagt streng vertraulich. Sie will ihre historisch sensible, weil ideologisch im Ost-West-Streit befrachtete Planung nicht gefährden. Dem Vernehmen nach gehören dem Kreis die linke, um die Rettung der DDR-Moderne bemühte Stadtplanungsexpertin Katrin Lompscher sowie der frühere Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) an, der in konservativ-bürgerlichen Kreisen Blockaden gegen eine angemessene Palast-Erinnerung auflösen soll.

Der Kreis geht davon aus, dass letztlich das Kostenargument überzeugen wird, weil die weitgehend aus industriellen Normstahlteilen konstruierte DDR-Fassade teilweise noch auf einem Industriegelände in Lichtenberg eingelagert und weit billiger zu rekonstruieren sei als die in Handarbeit gefertigte Sandsteinoptik für das kaiserliche Schlossmodell. Bauliche DDR-Kompetenz hat sich der Kreis in Gestalt eines Brigadiers des früheren VEB Spezialbau Berlin geholt, der am Bau des Palastes beteiligt war. Parallel arbeitet eine Arbeitsgruppe im Senat mit einem Team von Historikern, Designern und früheren DDR-Bediensteten an einem Projekt, das auch im Inneren des Humboldt-Forums die Palast-Zeit wachrufen soll.

Dem Vernehmen nach sollen möglichst viele von den Palast-Einrichtungsgegenständen im neuen Gebäude wiederaufgestellt werden. Der Senat will damit, wie es in einem zwölfseitigen Konzeptpapier heißt, die „gesellschaftliche und politische Besonderheit des einstigen DDR-Prachtbaus würdigen“. Tatsächlich sind etliche Gebrauchsgegenstände, Kunstwerke und Mobiliar aus dem Palast gut erhalten geblieben. Sie lagern in Berliner Depots oder wurden als Leihgaben an auswärtige Museen weitergereicht. So hat etwa das Haus der Geschichte in Bonn schon 1990 das riesige DDR-Emblem mit Hammer und Zirkel im Ährenkranz bekommen, das früher an der Palastfassade hing. Ein Rückkauf durch Berlin wird sondiert.

Lampen und Drehsessel

Nahezu unbekannt ist die Tatsache, dass etwa in einem Depot des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Spandau noch etliche Stühle aus dem früheren Plenarsaal der Volkskammer lagern, ebenso Tisch-, Steh- und Balustradenlampen sowie Drehsessel und Tische aus dem Jugendtreff des Palastes. Sogar der Hammer von der Grundsteinlegung im Jahr 1973 ist noch vorhanden.

Im Depot befindet sich zudem die „gläserne Blume“, an der sich früher Besucher trafen. Auch Gemälde, Fahnen und die legendäre Milchbar sind eingelagert. „So viel wie möglich“, so der interne Auftrag, soll die Arbeitsgruppe in den kommenden Wochen zusammentragen. Die Idee dazu soll von Berliner SPD-Mitgliedern gekommen sein, die in der DDR aufgewachsen sind. Offenbar hofft die SPD, mit dem Projekt vor allem bei den Menschen im Ost-Teil der Stadt zu punkten. 2016 wird in Berlin gewählt.

 

Quelle: Berliner Zeitung, 01.04.2015

 

 

(Ein klasse Aprilscherz!)

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