„Gut für Verbraucher und Klima“

Boyens Medien, 01.11.2019

Die Heizung läuft auf hohen Touren, aber in den Räumen wird es nicht richtig warm. Das ist schlecht für Wohlbefinden, Umwelt und Portemonnaie. Doch gehört dieses Problem nicht der Vergangenheit an und kommt in Zeiten moderner Heizungsanlagen und fortschrittlich isolierter Gebäude nicht mehr vor? 

Weit gefehlt, weiß Professor Dr. Oliver Opel von der Fachhochschule Westküste (FHW). Die Tücken moderner Heiz- und Kühlanlagen sind sein Spezialgebiet. Er ist einer von wenigen Experten bundesweit, die zwei Hauptübeltätern auf der Spur sind, die Heizungen am effizienten Heizen hindern und Kühlanlagen am effektiven Kühlen: Rost und Bakterien. Er widerlegt auch gleich die nächste weit verbreitete Meinung. Beides sei nicht etwa ein Ärgernis, das erst im Laufe vieler Jahre bei altersschwächelnden Anlagen zutage trete. Schon bald nach dem Einbauen, auf Großbaustellen manchmal sogar schon unmittelbar davor, haben er und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter Korrosion, also Rost, an den empfindlichen Leitungen, an Ventilen, Pumpen und Armaturen festgestellt. Die Folge: Heiz- und Kühlkreisläufe werden nicht vollständig durchströmt. Es kommt zu Blockaden, Verstopfungen, Ausfällen und dem Gefühl, dass trotz einer modernen, leistungsfähigen Anlage keine wohlige Wärme oder keine angenehme Kühle zu spüren ist. Dies fühlen auch die Sensoren der automatisierten, eigentlich energiesparenden Anlagen. „Die Temperaturfühler lassen daher weiter heizen und heizen beziehungsweise kühlen und kühlen. Das bedeutet Energieverlust“, erklärt Professor Opel – also unnötig hohe Kosten und erhöhter CO2-Ausstoß.

Vielfach werde Chemie eingesetzt, um Verengungen und Blockaden aufgrund von Korrosion und Bakterien wieder frei zu bekommen. Doch das kostet Geld und belastet die Umwelt. Der Projektleiter und sein Team wollen das Problem stattdessen an der Wurzel anpacken. Sie haben erforscht, wie es sich weitestgehend vermeiden lässt: durch spezielle Schläuche mit einer Sperrschicht, die nahezu keinen Sauerstoff durchlässt, und eine besondere Wasserqualität in den Leitungen. Nun wollen sie Bauherren und Planer, Handwerker, Architekten und Ingenieure, Firmenchefs und andere Entscheider dafür sensibilisieren und beraten – regional ebenso wie bundesweit.

Gleichzeitig geben sie ihnen ein Instrument an die Hand, um den Durchfluss der Anlagen mit einem Sensorsystem zu überwachen, das sie selbst entwickelt haben. Damit wird kontrolliert, ob die Anlagen wirklich so effizient heizen oder kühlen, wie sie es theoretisch können. Schließlich soll heutzutage keine Energie mehr verschwendet werden. Sollte sich eine Verengung anbahnen, wird diese früh erkannt. „Wir errechnen den Korrosionsindex.“ Dafür nutzen die Wissenschaftler ihre eigene erprobte Berechnungsmethode.

Der Professor für energetische Optimierung von Gebäuden berät und unterstützt gern Interessierte in der Region. Er hält Vorträge vor Fachverbänden und steht als Ansprechpartner auch vor Ort zur Verfügung. Planer und Bauherren eines berühmten Bauwerks in der Hauptstadt machen sich das Wissen der Heider Experten ebenfalls zunutze. In Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig ist das Dithmarscher Team seit 2017 beim Bau des Humboldt Forums dabei. Schließlich soll das hochkarätige Museum im wieder aufgebauten Berliner Schloss auch in energetischer Hinsicht ein Vorzeigeobjekt für nationale und internationale Besucher sein.

Im kommenden Jahr soll es eröffnet werden. Jetzt geht es in die heiße Phase. Für die Wissenschaftler gilt es, die drei Heizkreise und den Kühlkreislauf des Mammutbauwerks effizient zu regulieren. Denn das beste Konzept für den sparsamen Einsatz von Energie nütze nichts, wenn der tägliche Betrieb nicht reibungslos funktioniere, erklärt Professor Opel. Das weit verbreitete Problem der Korrosion in modernen Anlagen werde in Fachkreisen jedoch leider noch stiefmütterlich behandelt und selten gleich offen aus dem Weg geräumt.

Anders beim Humboldt Forum in Berlin und zwei neuen Hotels in Hamburg, an deren Bau und Planung die Heider beteiligt sind. Spezielle Schläuche, exakte Installation sowie elektrisch schwach leitendes Füllwasser sollen Korrosion weitestgehend verhindern. Zusätzlich installierten die FHW-Wissenschaftler zur Überwachung ihre Sensoren und analysieren zwei Jahre lang deren Daten, bis der Bauherr das allein übernimmt. Auch Wasserproben werden gezogen und auf verstärktes Wachstum von Bakterien hin untersucht. Die Messungen, Berechnungen und Empfehlungen für Konsequenzen dienen jetzigen Bauherren ebenso wie der weitergehenden Forschung. Ihre Ergebnisse bringt der Professor auch in Ausbildung und Schulungen sowie in diesen Monaten in die Richtlinien des VDI (Verein deutscher Ingenieure) ein, die zurzeit aktualisiert werden. Die von Dr. Opel geleitete Projektgruppe arbeitet am Institut für die Transformation des Energiesystems (ITE) der FHW, das anteilig vom Förderforum der FHW mitfinanziert wird.

 

Quelle: 01.11.2019, Boyens Medien

 

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