Eine Ruine als Goldesel

Eine Ruine als Goldesel

Es ist die markanteste Baustelle Berlins. Bizarr ragen die Stahlträger des Palastes der Republik in den Himmel über der Stadt – und die Morphologie der Baustelle ändert sich beinahe wöchentlich. Was interessant aussieht, ist vielen ein ständiges Ärgernis: Weil immer wieder Asbest gefunden wurde – und wird -, dauert der Abriss länger als ursprünglich geplant. Und er wird teurer. Zunächst wollte man im Frühjahr 2007 fertig sein, dafür waren zwölf Millionen Euro vorgesehen. Nun rechnet man mit einem Rückbau bis Ende 2008. Kosten: 27 Millionen Euro. Doch es gibt auch gute Meldungen von der Baustelle: Weil der Stahlpreis seit Auftragsvergabe gestiegen ist, dürften das Land Berlin und der Bund, die das Gebäude gemeinsam abreißen lassen, höhere Einnahmen aus dem Verkauf des Schrotts erzielen.

Derzeit bringt eine Tonne Stahl etwa 200 Euro ein, noch vor wenigen Jahren war es nur halb so viel. Bei insgesamt 20 500 Tonnen Abriss-Stahl können der Bund und das Land Berlin mit mehr als vier Millionen Euro rechnen.

Derzeit stehen noch etwa zwei Drittel des Palast-Stahlgerippes. „Wenn die weltweite Nachfrage nach Stahl anhält, geht es auch mit den Einnahmen so weiter“, sagt Projektleiter Michael Möller von der Abrissfirma Ludwig Freytag. Die Firma verwaltet den Stahl treuhänderisch und überweist dann die Einnahmen.

Manuela Damianakis von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist zurückhaltender: „Wir waren immer vorsichtig mit Summen. Es war klar, dass wir Geld einnehmen werden, aber nie, wie viel. Aber natürlich freuen wir uns über jeden Euro.“ Etwaigen Begehrlichkeiten anderer Ressorts erteilte sie aber eine Absage. „Die Summe wird in den Etat für diese Entwicklungs- und Anpassungsmaßnahme eingestellt“, sagt sie.

Unabhängig von der Preisentwicklung gilt weiterhin der aktuelle Zeitplan. Demnach soll der Palast Ende 2008 beseitigt sein. Letzte spektakuläre Zwischenstation soll im nächsten Sommer die Demontage von zwei 85 Meter langen Fachwerkträgern sein. Danach sind als letztes die acht Treppenhäuser aus Beton dran. Spätestens Anfang 2009 soll dort, wo einst das Stadtschloss stand, eine Sandfläche existieren. „Wir bringen am Ende 20 000 Kubikmeter Sand auf – dann ist der Auftrag beendet“, sagt Möller.

Derzeit wird auf dem Bauplatz erstmal Schrott gesammelt. Ab Mitte Oktober, wenn die Fahrgastschiffe ihre Saison beendet haben, dürfen den ganzen Tag über Schubverbände beladen werden. Diese Schiffe fahren dann mit dem Schrott zu den Abnehmern. Wie Bauleiter Möller berichtet, sollen einige Chargen auch an das Stahlwerk Hennigsdorf gehen.

Möglicherweise rückt der Palast schon in einem Monat noch einmal verstärkt ins öffentliche Interesse. Vom 16. bis zum 28. Oktober findet wieder das Festival of Lights statt, bei dem einige Gebäude der Stadt abends und nachts bunt angestrahlt werden. Es gibt Pläne, die Palast-Ruine mit einer Folie zu überziehen und diese zu beleuchten. Die Zustimmung des Senats gibt es bereits.
Berliner Zeitung, 04.09.2007