„Ein Meisterwerk von Schinkel soll verhunzt werden“

26.09.2023   WELT

 

Von Rainer Haubrich

Der Bundestag hat 62 Millionen Euro für den Wiederaufbau von Schinkels Bauakademie im Herzen Berlins bereitgestellt. Doch die Bundesstiftung, die das umsetzen soll, hätte lieber eine „zeitgenössische Interpretation“ des berühmten Bauwerks. Dafür gibt es keine politische Legitimation.
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Seit drei Jahren thront im Herzen der Hauptstadt wieder das Berliner Schloss mit seinen prächtigen Barockfassaden. Aber noch immer fehlt der Schlussstein zur Vollendung der historischen Mitte: die Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel, die im Zweiten Weltkrieg beschädigt und dann von der DDR abgerissen wurde. Sie war ein ikonischer und für die Moderne wegweisender Bau, der in jeder Architekturgeschichte erwähnt wird.

Dabei sind alle Voraussetzungen für eine Rückkehr des Gebäudes erfüllt. Schon im November 2016 hatte der Deutsche Bundestag „die Wiedererrichtung der von Karl Friedrich Schinkel erbauten Bauakademie“ beschlossen und dafür 62 Millionen Euro bereitgestellt. 2019 wurde die Bundesstiftung Bauakademie gegründet, die das Gebäude errichten und als Zentrum für Architektur und Städtebau betreiben soll.

2021 begannen Gründungsdirektor Guido Spars und sein Team mit der Arbeit. Im Sommer 2022 ergab eine repräsentative Umfrage von Forsa, dass 67 Prozent der befragten Bundesbürger für eine äußerlich originalgetreue Rekonstruktion des Schinkel-Baus sind. Und im Koalitionsvertrag der Berliner Landesregierung aus CDU und SPD steht: „Die Wiedererrichtung der historischen Fassade der Bauakademie ist durch ein geeignetes Verfahren sicherzustellen.“

Entgegen dieser glasklaren Beschlusslage hängen Guido Spars und sein Team der fixen Idee an, die Bauakademie nicht mit rekonstruierten Fassaden, sondern als zeitgenössische Interpretation zu errichten, „so wie Schinkel heute bauen würde“, als exemplarisches Gebäude für eine klimagerechte Wende im Bauen.

Geht es nach Spars, würde gegenüber dem Berliner Schloss nicht ein weltberühmtes Meisterwerk Schinkels zurückkehren, sondern vielleicht ein Würfel aus semitransparenten Polycarbonatplatten entstehen oder eine Konstruktion aus Holz und Stampflehm. Dass aber gerade der originale Wiederaufbau klimagerecht, nachhaltig und lehrreich sein könnte, scheint ein Gedanke zu sein, der jenseits von Spars Horizont liegt.

Die Idee einer zeitgenössisch interpretierten Bauakademie ist so ziemlich das einzig Substanzielle, was das Team Spars bisher zustande gebracht hat – mit immerhin neun Mitarbeitern. Aber selbst die reichen dem Gründungsdirektor nicht aus. In einer Mail an den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesbauministerium Sören Bartol forderte Spars eine deutliche Aufstockung seines Budgets, außerdem weitere vier Stellen und dazu vier wissenschaftliche Referenten.

Zugleich sorgt der Führungsstil von Spars offenbar für schlechte Stimmung in der Bundesstiftung Bauakademie. Laut internen Dokumenten wird ihm unter anderem vorgeworfen, das Vergaberecht und die Haushaltsordnung „wissentlich und aktiv“ umgangen zu haben.

Es könnte nicht schaden, wenn sich Guido Spars darauf konzentrieren würde, seinen Laden ordentlich zu führen. Anstatt eine Architektur-Ikone wie Schinkels Bauakademie zu verhunzen, sollte er endlich den Bundestagsbeschluss zum Wiederaufbau umsetzen.

 

Quelle: WELT, 26.09.2023 

2 Kommentare zu “„Ein Meisterwerk von Schinkel soll verhunzt werden“

  1. Die ganze Welt würde über die „Deutsche Demokratie“ lachen, wenn was beschlossen wurde von einen „Herrn Guido Spar“ defacto ins Gegenteil führt. Es wird Zeit mit dem historischen „Neubau“ von Schinkels Bauakademie zu beginnen, das Geld ist da, wenn Nötig mit anderen Personal !!!

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