„Ein Barockgebäude ohne Barock wäre eigentümlich“

Von Maria Ossowski

Wie steht es um die Berliner Schloss-Baustelle?

Dauert länger, kostet mehr – schon viel zu oft fielen diese Schlagworte, wenn es um Berliner Großbaustellen geht. Anders beim Berliner Schloss: Hier geben sich die Verantwortlichen optimistisch, im Zeit- und Kostenplan zu bleiben. Doch auf die Schloss-Bauherren warten noch einige Herausforderungen.

Alles läuft nach Plan, dank des „Schlossherrn“: Manfred Rettig ist Architekt mit einer Menge an praktischer Baustellenerfahrung, sein offizieller Titel lautet Vorsitzender der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum. Dieser Mann hat den gesamten Bonn-Berlin-Umzug gemanagt, alle Bauten geplant, alle Pläne umgesetzt. Er kennt die Tücken des Gewerbes und ist in Bezug auf das Berliner Schloss optimistisch:

„Mein Ziel ist für 2015, dass wir das Gebäude von außen so abdichten, dass wir im Jahr 2016 innen vernünftig arbeiten können. Wir werden zudem mit den Arbeiten an der historischen Fassade beginnen,“ sagt Rettig.

Das Richtfest können die Berliner als Volksfest am 12. Juni feiern. Zu diesem Termin wollen der Bund, die Stiftung und der Preußische Kulturbesitz noch mal ordentlich trommeln für die Barockfassade, es fehlen insgesamt noch über 70 Millionen Euro. Auch hier ist Rettig optimistisch.

„Mit dem Baufortschritt stellen wir jetzt schon einen gewaltigen Spendenzuwachs fest. Im vergangenen Jahr haben wir schon über 15 Millionen Euro eingenommen. Und wenn der Spendenfluss so bleibt, sehe ich überhaupt kein Problem, die Fassade so zu bauen wie geplant.“

Die Landesregierung ist wieder mit im Boot

Das klingt nach eitel Sonnenschein, dabei hat es doch kräftig im Gebälk geknirscht, als sich die Stadt Berlin mit der Zentral- und Landesbibliothek aus dem Projekt zurückziehen wollte. Dies ist vom Tisch, Rettig hat sich durchsetzen können. Grundsätzliche bauliche Veränderungen seien jetzt jedoch tabu, mahnt Rettig die Politik – ansonsten bekäme Berlin einen zweiten BER. Alles müsste neu konfiguriert werden. Die Klimaanlage und der Brandschutz sind voll auf eine Bibliothek ausgerichtet.

Im Zentrum des Schlosses entsteht das Humboldtforum, zwei Museen aus Dahlem sollen hier eine neue Heimat bekommen: die ethnologische Sammlung und das Museum für asiatische Kunst. Bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz arbeitet die Stabsstelle Humboldtforum mit Hochdruck an diesem Umzug. Die Planer stehen dabei vor besonderen Herausforderungen, erläutert der Präsident der Stiftung, Hermann Parzinger:

„Große Objekte, wie zum Beispiel die Schiffe der Ozeaniensammlung, kann man nicht komplett zerlegen, sondern nur teilweise. Deshalb hat man auf der Schloss-Baustelle große Aussparungen frei gelassen, um diese Objekte einzubringen.“

Auch Parzinger setzt auf die Baufortschritte und die Zeit, um Spenden für die Fassade einzuwerben – klingt jedoch etwas verhaltener als der Schloss-Bauherr.

„Bei vergleichbaren Projekten wie bei der Dresdner Frauenkirche zogen die Spenden erst ab einer gewissen Phase der baulichen Entwicklung an. Es bleibt zu hoffen, dass das auch beim Schloss so sein wird.“ Und lakonisch setzt Parzinger hinzu: „Ein Barockgebäude ohne Barock wäre ein bisschen eigentümlich.“

Die wichtigste Baustelle: Ein neuer Intendant

Doch es gibt noch eine zweite Baustelle für das Stadtschloss, die es zu abzuräumen gilt. Denn für die Ausstellungen und für die Inhalte im Schloss braucht es einen Intendanten – den gibt es immer noch nicht. Es eilt, es müssen noch viele leere Räume bespielt werden, und die Schloss-Skepsis in weiten Teilen der Bevölkerung gilt es abzubauen. Keine leichte Aufgabe. Einige Namen dringen immer wieder aus der Gerüchteküche, ganz vorn der amtierende Chef des British Museum, Neil MacGregor, ein 73-jähriger Schotte. Die Bundeskanzlerin persönlich soll diesen herausragenden Kulturmanager gefragt haben. Der Allerjüngste ist er nicht mehr.

Das gilt auch für einen herausragenden Kenner der Berliner Kulturszene, dessen Namen man immer wieder mal hört: Michael Naumann, Schlossunterstützer der ersten Stunde. Dann hat die Zeitschrift ART kürzlich den Direktor des Hauses der Kunst in München, Okwui Enwezor, ins Spiel gebracht, Dokumenta-Chef 2011, oder Viola König, die Direktorin des ethnologischen Museums. Da es sich um die wichtigste Personalie im Kulturbereich handelt, kann man den Entscheidern bei der Auswahl nur ein gutes Händchen wünschen.

Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg, 12.01.2015

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