„Comicmuseum zieht ins Stadtschloss“

01.04.2016    Der Tagesspiegel

Kulturstaatsministerin beteiligt Deutsche Comicstiftung an Planung für Humboldtforum – das provoziert neben Zustimmung auch Kritik in der Szene.

Von Lars Törne

Die Nutzungspläne für das Humboldtforum im wieder errichteten Berliner Stadtschloss sollen nach einer Übereinkunft von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und der vor kurzem gegründeten Deutschen Comicstiftung e.V. erweitert werden. Wie dem Tagesspiegel von Vertretern beider Seiten bestätigt wurde, soll in Zusammenarbeit zwischen dem Bund und der Stiftung ein Konzept für ein Comicmuseum erarbeitet werden, das in einem Flügel des künftigen Humboldtforums seine Heimat finden soll. Vorbild ist das nationale französische „Musee de la Bande Dessinee“ in Angoulême.

Angeschoben hatte das Projekt bereits der Vorgänger von Grütters, Bernd Neumann. Er hatte sich gegen Ende seiner Amtszeit wiederholt positiv über die wichtige Rolle des Comics für die Kulturlandschaft geäußert. Ausschlaggebend für die jetzt bekannt gewordene Planung eines Comicmuseums soll das 2013 beim Internationalen Literaturfestival Berlin verabschiedete „Comic-Manifest“ gewesen sein, dass eine größere Anerkennung von Comics als Kunstform zum Ziel hatte. Neumann hatte damals in einem Tagesspiegel-Interview auf die Frage, ob Deutschland nicht wie Frankreich oder Belgien Comics mit öffentlichem Geld mehr fördern sollte, geantwortet: „Darüber kann man nachdenken.“ Daraufhin hat sein Haus offenbar eine Zusammenarbeit in die Wege geleitet, deren Ergebnis sich jetzt abzeichnet.

In dem Museum sollen nach Fertigstellung des Humboldtforums in Form des einstigen Stadtschlosses im Jahr 2018 wechselnde Ausstellungen mit Comic-Originalzeichnungen und Veranstaltungen „die lange unterschätzte Bedeutung der grafischen Erzählung im europäischen und globalen Kontext“ vermitteln, heißt es aus dem Umfeld der Beteiligten. Damit werde das Konzept des Humboldtforums, das sich als „einzigartiges Zentrum für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Bildung mit internationaler Ausstrahlung“ versteht, um eine zunehmend relevante Kunstform erweitert.

Neben öffentlichen Veranstaltungen mit Szene-Stars wie Ralf König oder Nicolas Mahler seien auch wissenschaftliche Fachkongresse denkbar. Die Kosten, die mit einem einstelligen Millionenbetrag beziffert werden, sollen zum Teil durch Steuergelder und zum Teil durch eine Crowdfunding-Aktion finanziert werden, die voraussichtlich Ende dieses Jahres beginnen soll.

In der Comicszene wurde die Nachricht größtenteils mit Zustimmung aufgenommen. „Endlich wird auch in Deutschland die Bedeutung der Neunten Kunst von höchster Stelle anerkannt“, erklärte die Gesellschaft für Comicforschung in einer ersten Stellungnahme. Kritik gab es allerdings von Vertretern der Manga-Szene: „Wir wurden bei den Plänen mal wieder von Anfang an ignoriert“, erklärte ein Manga-Autor, der namentlich nicht genannt werden wollte. Auch gibt es bei Twitter und Facebook erste Kommentare von Anhängern der Independent-Comicszene, dass die Präsentation von Comics als Kunstform in einem Bau wie dem rekonstruierten Stadtschloss der ursprünglichen Idee von Comics als alternative Kunstform widerspreche und „eine weitere Graphic-Novelisierung“ befördere.

 

Quelle: Der Tagesspiegel, 01.04.2016

 

Anmerkung unsererseits:

Sie haben es sicher am Datum 1. April gemerkt – das war natürlich ein April-Scherz!

 

 

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