Bundesbauminister Ramsauer: Das Schloss könne die „alte historische Achse wieder sichtbar“ machen

Geht es nach Bundesbauminister Peter Ramsauer, sind die Tage von Marx und Engels in Berlins Mitte endgültig gezählt. Der CSU-Politiker forderte den Senat auf, das Denkmal für die Galionsfiguren des Kommunismus aus dem Stadtzentrum hinaus auf den Gedenkfriedhof nach Berlin-Friedrichsfelde zu verlagern. „Da gehören die besser aufgestellt – das ist ja so eine Art sozialistisches Reste-Zentrum“, sagte Ramsauer am Dienstag bei seinem Besuch des Informationszentrums Humboldt-Box. Nach Ansicht von Ramsauer sollte der von 2013 an geplante Bau des Humboldt-Forums in der Gestalt des einstigen Hohenzollern-Schlosses auch dazu genutzt werden, das gesamte Umfeld neu und nach geschichtlichem Vorbild zu gestalten. „Der Wiederaufbau des Berliner Schlosses bietet die Möglichkeit, im Stadtbild die alte historische Achse wieder sichtbar zu machen. Diese Chance sollte nicht vertan werden“, wünschte sich Ramsauer.

Ramsauer befeuerte mit seinem provokanten Vorstoß eine seit Jahren kontrovers geführte Debatte, wie denn Berlins historische Mitte in der Nähe des Roten Rathauses einmal aussehen soll. Die einstige Keimzelle der Stadt – dort wuchsen im 14. Jahrhundert die Siedlungen Berlin und Cölln zusammen – hatte durch die Zerstörungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg ihr altes Aussehen völlig verloren. Statt mit dichter, kleinteiliger Bebauung präsentiert sich Berlin zwischen Alexanderplatz und Linden-Boulevard mit einem alles überragenden Fernsehturm, vor allem aber mit öden, schlecht gepflegten Freiflächen.  Eine dieser Lücken – der Schloßplatz – soll bis 2018 mit dem Humboldt-Forum geschlossen werden. Doch wie das Umfeld des Neubaus aussieht, ist bislang unklar. Dabei wird auch die Frage beantwortet werden müssen, wie es mit den Freiflächen auf der dem Humboldt-Forum gegenüberliegenden Spreeseite weitergehen soll. Dazu gehört auch der Bereich, der zu DDR-Zeiten als sogenanntes Marx-Engels-Forum gestaltet wurde.

Das gleichnamige Denkmal in der Mitte des eher schmucklosen Parks musste bereits 2010 seinen angestammten Platz verlassen und an den nordwestlichen Rand umziehen. Grund dafür waren allerdings keine stadtarchitektonischen Entscheidungen, sondern ausschließlich pragmatische Forderungen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Das landeseigene Verkehrsunternehmen soll im Auftrag des Senats die U-Bahn-Linie 5 vom Alexanderplatz bis zum Brandenburger Tor verlängern. Das Marx-Engels-Forum war für die BVG-Fachleute der ideale Ort, um dort die Baustellen-Logistik für das 411-Millionen-Euro-Projekt zu konzentrieren. Wie berichtet, entsteht am Spreeufer ein temporärer Hafen, über den umweltfreundlich per Schiff ein Großteil der Baumaterialien an- und der Bodenaushub abtransportiert werden soll. Zum anderen soll die gigantische Bohrmaschine, die die beiden Tunnelröhren bis zum Pariser Platz in bis zu 25 Meter Tiefe fräsen soll, in den Untergrund geschickt werden. Nach Ende der Arbeiten – voraussichtlich 2018 – ist von der BVG die Rückkehr der unter Denkmalschutz stehenden Bronze-Statuen von Marx und Engels an ihren angestammten Platz geplant. Fast zeitgleich sollen nach den bisherigen Plänen auch die Arbeiten für das Humboldt-Forum beendet sein.

Ob dann auch alle historischen Schloss-Details realisiert sein werden, ist indes noch offen. Bundesbauminister Ramsauer ist jedoch zuversichtlich, dass die erforderlichen Spenden bis dahin zusammenkommen werden. Die Vereinbarung, die Ramsauer erst kurz vor Weihnachten gemeinsam mit dem Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz unterzeichnet hat, sieht vor, dass 80 Millionen der insgesamt mit 590 Millionen Euro veranschlagten Baukosten durch private Spenden finanziert werden. Nach Angaben des Fördervereins Berliner Schloss sind bislang bereits rund 19 Millionen Euro an Spenden zusammengekommen. „Das ist ein sehr respektabler Stand“, so Ramsauer. Das Beispiel des Wiederaufbaus der Frauenkirche in Dresden zeige, dass die Spendenbereitschaft nach dem Baubeginn stark zunehmen werde.

Wie groß das Interesse an dem Projekt sei, würden auch die Besucherzahlen der Humboldt-Box zeigen. Seit Eröffnung des fünfgeschossigen Kubus auf dem Schloßplatz im Juli vorigen Jahres hätten sich bereits mehr als 200.000 Menschen über den Wiederaufbau des Berliner Schlosses informiert. „Das sind umgerechnet aufs Jahr 400.000 Besucher – so viele Besucher haben die meisten Schlösser in Bayern nicht“, sagte Ramsauer.

Berliner Morgenpost, 18. 01. 2012

 

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