06.07.2105 Morgenpost Sachsen
Was wäre Berlin ohne die Sachsen? Nüscht. Jetzt bauen wir sogar am Gesicht des neuen Stadtschlosses mit.
Von Torsten Hilscher
Schließlich werden drei Fassaden des wiedererrichteten Hauses bis 2019 hauptsächlich mit Sandstein von hier verziert.
Sven Schubert (50) ist abgekämpft. Bis abends war er in Berlin, um seine neueste Aufgabe am Schloss zu besprechen. Dort wird die Firma des Dresdner Steinmetz und Steinbildhauermeisters zwei von fünf Portalen und eine historische Kartusche aus Sandstein nachbilden!
Insgesamt 700 Kubikmeter Material. Fein bearbeitet. Die ersten Teile sind schon in der Hauptstadt, weitere folgen Ende Juli und werden angebaut.
Angebaut, nicht drangehangen, darauf legen Schubert und seine 20 Mitarbeiter wert. Denn das auch Humboldtforum genannte Schloss hat zwar einen Betonkern.
„Aber davorgebaut werden Ziegel und davor unser Sandstein. Das ist so massiv, der könnte auch ohne den Beton stehen.“
Simse, Säulen, Kapitelle, sogenannte Türgewände – alles Nachbildungen des im Zweiten Weltkriegs (nur mäßig) zerstörten und 1950 von den Kommunisten abgerissenen Hohenzollernschlosses.
„Der originale Sandsteinschmuck ist fotografisch gut dokumentiert, aber Originalteile sind kaum noch vorhanden“, erzählt Schubert.
Daher haben er und andere im Auftrag der Berliner schon zehn Jahre lang an Modellen und Vorlagen gearbeitet. Immer in Verbindung mit dem Förderverein Berliner Schloss und der später gegründeten offiziellen Stiftung Berliner Stadtschloss/ Humboldtforum als Bauherrin.
Dass Schubert bei den Portalen zum Zuge kam, hat gute Gründe: „Es gibt nicht mehr viele bei uns, die das Handwerk so umfänglich beherrschen.“
Denn er und seine Leute sind auch Künstler, Historiker, Planer. Zum Beispiel Diplomgeologe und Steinmetz Edgar Scheidewig (37).
Er sitzt gerade vor einem Computer und bestimmt dort am 3D-Modell, wo einmal welches Steinbild mit welchen Fugenmaßen Fassade wird. Heute hat er sich eine sechs Meter hohe Eckkartusche vorgenommen. Sie wird dicht bei Portal II mit Blick auf den Berliner Dom ans Schloss gebaut.
Oder der Künstlerische Leiter Ralf Knie (49): Unter seinen feinen Schlägen entsteht zur Zeit ein riesiger Engel, der einmal das barocke Bild des Schlosses unterstützt.
Seine ersten beruflichen Schritte machte Meister Schubert übrigens bei den Sächsischen Sandsteinwerken Pirna. Diese Profis starteten soeben gemeinsam mit der Firma Dreßler-Bau den Wiederaufbau von Portal III.
Jenem Tor, das direkt unter der Kuppel den Haupteingang rahmt – typisch sächsisch: ganz vorn am Bau.
Quelle: Morgenpost Sachsen, 06.07.2015