Berlin streitet um nackte Schlosskuppel

Berlin streitet um nackte Schlosskuppel

Bauminister Ramsauer hält nachträgliche historische Ausgestaltung für möglich

 

Modell des Siegerprojekts von Francesco Stella. (Bild: Imago)

Nach dem Ja der Haushaltspolitiker des Parlaments zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses ist umgehend ein Streit um die Kuppel des Bauwerks entbrannt. Vor allem Sozialdemokraten kritisierten, dass trotz Baukosten von inzwischen 590 Millionen Euro eine kahle Kuppel ohne barocke Verzierungen geplant sei.

(dpa) Grünes Licht für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses – doch um die Kuppel ist umgehend ein Streit entbrannt. Vor allem sozialdemokratische Politiker kritisierten, dass trotz Baukosten von inzwischen 590 Millionen Euro eine kahle Kuppel ohne barocke Verzierungen geplant ist. Der christlichsoziale Bauminister Peter Ramsauer wies die Bedenken zurück.

«Wir planen die Konstruktion der Kuppel so, dass sie gegebenenfalls auch erst später ihr barockes Kleid erhalten kann», sagte Ramsauer. «Je mehr und je früher Spenden für die Rekonstruktion eingehen, desto eher kann die Kuppel ihre vom Architekten Franco Stella vorgesehene historische Form erhalten.»

Nach Ansicht von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse wäre der Verzicht auf die barocke Hülle ein Schaden für Deutschland. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bundesrepublik die vollständige Realisierung des grössten Kulturprojekts ihrer Geschichte an ein paar Millionen scheitern lässt», sagte der SPD-Politiker: «Damit würde sich dieser Staat auf peinliche Weise lächerlich machen.»

Spenden für Ausgestaltung

Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte zuvor endgültig grünes Licht für den Wiederaufbau der Preussen-Residenz in Berlins Mitte gegeben. Danach steigen die Kosten um 38 auf 590 Millionen Euro. Die barocke Ausgestaltung der Kuppel und mehrerer Portale sei aber nur über Spenden finanzierbar, entschieden CDU/CSU, FDP und Grüne. Dafür wären weitere 25 Millionen Euro nötig.

 

Das Berliner Schloss als Attrappe (Bild vom 15. Juli 1993). (Bild: Imago)

Der Geschäftsführer der Humboldt-Stiftung, Manfred Rettig, zeigte sich zuversichtlich, dass dies gelingt. «Die Menschen wissen jetzt, dass das Schloss gebaut wird. Dadurch wird auch die Spendenbereitschaft steigen.» Das Votum des Haushaltsausschusses bedeute das endgültige «Go» für das Projekt. «Wir können jetzt die Planungsaufträge vergeben und die Realisierung vorantreiben.»

Wichtigkeit der Kuppel

Wie Thierse kritisierte auch Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz die drohende kahle Kuppel. «Wenn man ein anständiges Schloss bauen will und nicht Walt Disney, dann gehört die Kuppel zu den elementaren Stilelementen», sagte der Souialdemokrat: «Es jetzt der Zivilgesellschaft zu überlassen, diesen Teil aus Spenden zusammenzutragen, ist eine Mogelpackung.»

Von den am Mittwoch genehmigten 590 Millionen Euro Baukosten übernimmt 478 Millionen der Bund, 32 Millionen das Land. 80 Millionen Euro sollen durch Spenden hereinkommen. Mit den 25 Millionen für historische Kuppel und Portale wären es 105 Millionen Euro.

Der Förderverein Berliner Schloss hat bisher allerdings erst etwa 15 Millionen Euro gesammelt. Für weitere sieben Millionen gebe es feste Zusagen, sagte Vereinschef Wilhelm von Boddien: «Bis das Schloss fertig ist, haben wir noch sieben Jahre Zeit. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn wir das nicht schaffen.»

Abschluss der Bauarbeiten für 2019 vorgesehen

Die Bauarbeiten für das Mammutprojekt sollen nach einem Aufschub durch die Bundesregierung im vergangenen Jahr 2014 beginnen und 2019 abgeschlossen sein. Die jetzt genehmigte Planung sieht vor, die Kuppel nur in einer «vereinfachten Grundform» zu bauen. Die Konstruktion soll laut Beschluss aber so sein, dass die barocken Schmuckelemente später angebracht werden können, ohne die Statik zu gefährden.

Das Schloss war im Krieg stark zerstört und 1950 auf Geheiss der DDR-Oberen gesprengt worden. Mit der Rekonstruktion soll unter dem Namen Humboldt-Form ein neues Kultur- und Kommunikationszentrum im Herzen Berlins entstehen. Hauptnutzer der mehr als 40’000 Quadratmeter werden die Staatsbibliothek, die Humboldt-Universität und vor allem die Preussenstiftung sein. Sie will in der Nachbarschaft der Museumsinsel ihre hochkarätige Sammlung aussereuropäischer Kunst zeigen.

www.nzz.ch am 7.7.2011

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