06.09.2015 Die Welt
Hermann Parzinger rechnet weiterhin damit, dass der Wiederaufbau rechtzeitig abgeschlossen wird. Hausherr des Schlosses solle langfristig ein Intendant aus Afrika, Asien oder Südamerika werden.
Von Tobias Kaiser
Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, rechnet damit, dass der Wiederaufbau des Berliner Schlosses rechtzeitig abgeschlossen wird. „So sieht es derzeit aus“, sagte Parzinger der „Welt am Sonntag“ auf Nachfrage. „Klar, bisher wurde nur der Rohbau hochgezogen, das Komplizierteste kommt jetzt erst: der ganze Innenausbau, die technischen Gewerke und auch der Brandschutz. Aber bisher läuft alles sehr gut.“
Das Schloss soll künftig das Humboldt-Forum beherbergen, in dem künftig vor allem Kunst außereuropäischer Kulturen ausgestellt werden soll. Das Forum soll nach den bisherigen Plänen am 14. September 2019 eröffnet werden.
Parzinger wünscht sich für das Humboldt-Forum im Schloss langfristig einen Intendanten aus Afrika oder aus einem anderen außereuropäischen Kontinent. „Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass das Humboldt-Forum auch mal einen Intendanten aus Afrika, aus Asien oder Südamerika an seiner Spitze hat“, sagte Parzinger. „Das wäre das sichtbarste Zeichen, dass es das geworden ist, was wir uns wünschen und den Besuchern und Herkunftsgesellschaften der Sammlungen versprochen haben.“
Parzinger gehört der dreiköpfigen Gründungsintendanz an. Bei einer Dreierspitze müsse es aber nicht bleiben, sagte Parzinger: „Man wird sehen, ob das Humboldtforum später im Regelbetrieb auch von einer Intendantengruppe oder besser doch nur einer Persönlichkeit geführt wird.“
Zusammenarbeit trotz politischer Eiszeit mit Russland
Der profilierte Archäologe und Kulturmanager bedauerte, dass durch die politische Krise zwischen Russland und dem Westen eine Lösung der Beutekunstprobleme in weite Ferne gerückt sei: „Man kann noch so gute Kontakte haben, das Beutekunstproblem werden wir auf absehbare Zeit nicht lösen, jetzt ohnehin nicht. Aber für die Russen ist das einfach ein schwieriges Thema, die dort von Nazideutschland begangenen Verbrechen wiegen zu schwer“, sagte Parzinger.
In der Zusammenarbeit mit russischen Kollegen gebe es aber keine zusätzlichen Probleme. „Wir sind uns mit unseren russischen Kollegen völlig einig, dass die Kontakte trotz politischer Eiszeit auf keinen Fall abbrechen dürfen“, sagte Parzinger.
„Im Gegenteil, gerade jetzt ist es wichtiger ist als jemals zuvor, dass zumindest in der Wissenschaft und Kultur die Zusammenarbeit weitergeht. Natürlich verurteilen wir, was in der Ukraine geschieht, aber gerade in solchen Situationen sind Kulturbeziehungen ein Hoffnungsanker.“
Quelle: Die Welt, 06.09.2015