Um Steinbildhauer zu sein, braucht man in erster Linie ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und sehr viel Geduld! Klaus Rieck besitzt diese Eigenschaften. Zurzeit schlägt er die Kolossalfigur des Propheten „Jona“ aus einem ursprünglich sechs Kubikmeter großen und 15 Tonnen schweren Block Reinhardtsdorfer Sandstein!
Wir durften ihn in seiner Werkstatt in der Schönerlinder Straße in Pankow besuchen:
Klaus Rieck liebt es, am Stein zu arbeiten und kann sich keine andere Arbeit vorstellen! Es wird insgesamt sieben Monate dauern, um die Figur aus dem sächsischen Sandstein zu befreien. Für Rieck ist es bereits nach der „Justitia“ für den Schlüterhof und der „Mäßigung“ für das Außenportal III die dritte Figur für das neue Berliner Schloss.
Neben sieben weiteren Propheten wird der Jonas in wenigen Monaten seinen Platz am Tambour der Schlosskuppel finden. Zu diesem Zeitpunkt, im Juli dieses Jahres, hat der Stein noch ein Gewicht von 4,5 Tonnen. „Es sind sehr viele Fossilien wie Muscheln oder Schalentiere im Stein eingeschlossen“, sagt der Steinbildhauer. Das darf auch nicht verwundern, schließlich handelt es sich beim Reinhardtsdorfer Sandstein um „aufgefalteten“ Meeresboden, der über 90 Millionen Jahre alt ist! Grundsätzlich werden die Steine nach den Orten benannt, bei denen sie gebrochen werden. Reinhardtsdorf ist ein kleiner Ort in der Nähe von Pirna im Elbsandsteingebirge.
Mit einem so genannten „Punktiergerät“ setzt Rieck Punkte auf das von der Bildhauerin Valerie Otte geschaffene Gipsmodell des Jonas, welche er dann auf den Steinblock überträgt. Das Gestänge mit verschiebbarer Punktiernadel liegt an drei Punkten des Modells auf. Wie viel der Bildhauer vom Stein wegschlagen muss, zeigt ihm die verstellbare Punktiernadel. Hunderte von Punkten werden akribisch gesetzt und macht jede Figur zu einer wahren Herkulesarbeit!
Die Punktiertechnik wurde von dem französischen Bildhauer Nicolas-Marie Gatteaux (1751–1832) entwickelt und ermöglicht ein exaktes Kopieren des Modells. So wird jeder Schlag ein Treffer. „Der Jonas“, so Rieck, „ist die erste Figur, welche ich liegend schlage!“ Im Oktober wird sie dann aufgerichtet und zum Berliner Schloss transportiert.
Die Kuppel des Berliner Schlosses wurde erst zur Mitte des 19. Jahrhunderts auf das mächtige Portal III gesetzt und geht auf einen klassischen Entwurf Karl Friedrich Schinkels zurück. Die oktogonale Form des Tambours ist ein deutlicher Verweis auf den „Karls Dom“ in Aachen. Die Ecken des Oktogons wurden mit jenen acht Kolossalfiguren/Propheten geschmückt, deren Funktion über die der dekorativen Gestaltung weit hinaus geht.
Es war der deutsche Maler Max Beckmann, welcher sagte, „Kunst dient der Erkenntnis, nicht der Unterhaltung, der Verklärung oder dem Spiel!“ Die Propheten verkünden den Glauben und sind somit Ausweis der tiefen Religiosität des ehemaligen Auftraggebers!
Im Frühjahr des kommenden Jahres wird die Kuppel inklusive der acht Propheten in ihrer ursprünglichen Schönheit wieder erstrahlen.
Text und Fotos: Marc Schnurbus, Förderverein Berliner Schloss e.V.
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Ich freue mich jetzt schon auf den neuen Anblick der Kuppel wenn die Figuren aufgestellt sind. Ich bin zuversichtlich, dass das Schloßfassaden-Projekt nicht so schnell beendet sein wird, wie Herr Dorgerloh verkündet hat, sondern dass nach den Durchgängen und den Balustraden auch im Inneren etwas weitergeht.