"Ernst Ludwig
schrieb am:05.12.2007 17:11:26
Es geht nicht um Architekturgeschmack sondern um Respekt vor den großen alten Meistern. Das großartige Schloß Schlüters soll im Äußeren wiederauferstehen – wunderbar-, und deshalb verbietet es sich, diese wertvolle Architektur mit Elementen des 21. Jhds. zu versehen. Das wäre etwa so wie ein kunstvoller Biedermeierschrank mit Plastikgriffen."
Ich bezog mich auf meinen Vorschreiber, der ,ohne auch nur ein Argument zu nennen, über Personen und aktuelle Architektur urteilte und das auf einem sehr niedrigem Niveau.
Leider kann werd ich nie ihre Denkweise nachvollziehen können, warum gerade ein Bauwerk des 21.Jahrhunderts, denn das wird das neue Humboldtforum sein, nicht auch in der Formensprache des 21. Jhdts daherkommen darf. Noch weniger konnte ich nachvollziehen das man den PDR abreißt. Zu Schlüters Zeiten hat man wenigstens noch verstanden das man mit dem Bestand zu arbeiten hat. Allein schon des Geldes wegen.
Warum gehen Sie nicht auf den 2. und viel wichtigeren Teil meines Schreibens ein, in dem mangelnde Konzepte des Vereins im Hinblick auf die Verknüpfung Innen/ Aussen angeprangert werden?
Da würde mich Ihre Meinung sehr interessieren.
Aber vielleicht ist dieses Fassadenprojekt ein perfekter Ausdruck unserer Zeit. Einer Zeit in der nur noch die Oberfläche zählt, in der echtes Geschichtsbewußtssein (und dazu gehören eben auch Brüche und Verluste) nicht mehr existiert und falsche Versprechungen gemacht werden. In der viele Menschen nicht mehr ihren Platz finden und sich daher in andere Zeiten oder in die Scheinwelt der Medien träumen.
Ich freue mich auf konstruktive Antworten.
In zwei Dingen haben Sie völlig recht. Natürlich kann ein Museum auch in der Formensprache unserer Zeit daherkommen. Jedes Museum hat sogar das Recht, auch im Äußeren ein Spiegel seiner Zeit zu sein. Ich sehe den Wiederaufbau des Schlosses – zumindest in der äußeren Gestalt – als eine Wiederherstellung des Stadtbildes. Ich kann mir in diesem historischen Zentrum Berlins gar nichts anderes vorstellen, nachdem fast alle anderen historischen Bauten drumherum mehr oder weniger wiederhergestellt wurden. (Zeughaus, Altes Museum, Dom, Kronprinzenpalais u.a. – ich würde mich sehr freuen, wenn auch die Bauakademie wieder käme). Den PdR hatte ich von Anfang an als Fremdkörper empfunden und als Meisterbau der Moderne konnte ich ihn auch nicht sehen. (Ich kenne ihn übrigens noch von innen.)
Und auch das will ich hier nicht verhehlen: Daß dieses Bauwerk verschwindet ist für mich auch ein Akt der Wiedergutmachung, letztlich ein Sieg über die "DDR"-Diktatur. Erst wenn das Schloß wieder steht, sind Ulbricht, Honecker und Konsorten endgültig besiegt. Warum hat sich denn ausgerechnet die ehemalige Staatspartei der Diktatur so vehement für den Erhalt des PdR eingesetzt. Gewiß nicht aus künstlerischen oder städtebaulichen Gründen. Die Genossen wußten die symbolische Bedeutung dieses Abrisses schon richtig einzuschätzen.
Nun, diese klammheimliche – nein, die offene Freude, die ich beim Verschwinden dieses Palazzo Prozzo empfinde ist eine rein subjektive Empfindung, die insbesonders die jüngere Generation ohne DDR-Erfahrung nicht mehr nachvollziehen kann. Deshalb will ich mich wieder auf städtebauliche bzw. ästhetische Argumente beschränken. Man sollte aber wissen, daß gerade dieses Gefühl bei vielen mit ein Grund ist, sich für das Schloß einzusetzen.
Also,den ersten Gedanken aufgreifend: Ich halte das Barockschloß als beste Lösung für diesen Ort, ich wiederhole, für diesen Ort. Woanders kann ich mir sehr gut moderne Architektur vorstellen, z.B. am Alex, (der städtebaulich noch ein tristes Bild bietet), und da gäbe es mit Sicherheit ebenso hervorragende wie abschreckende Beispiele. Stellen Sie sich doch einmal vor, auf dem Gendarmenmarkt hätte man neben dem wiederaufgebauten Schauspielhaus statt des weitgehend zerstörten Deutschen Domes eine moderne Stahl-Glas-Konstruktion hingesetzt. Oder in München. Die Innenstadt war vernichtet, die Residenz eine jammervolle Ruine. Man hat das historische Zentrum aber wiederhergestellt. Damit wird auch ein Stück Heimat zurückgebracht. In Frankfurt wird jetzt ein 70er-Jahre-Bau abgerissen (Stadthaus)und ein Teil der historischen Altstadt mit Fachwerkbauten wieder aufgebaut.
Die vielzitierte Frauenkirche kenne ich noch als Trümmerhaufen, sehr viel mehr war nicht mehr da. Noch zu DDR-Zeiten stand ich davor und stellte mir einen Wiederaufbau vor. Der Unterschied zum Berliner Schloß ist nur, das bei letzterem die Trümmer weggeräumt wurden.
Aber eigentlich wiederhole ich hier Argumente, die schon hundertfach vorgebracht wurden und auch auf den verschiedenen Seiten des Fördervereins zu lesen sind.
Deshalb zu Ihrem zweiten Anliegen. Sie haben recht, wenn Sie die zögerliche Haltung des Fördervereins erstaunt. Mich erstaunt das auch, ohne daß ich damit die bewundernswerte Leistung und Beharrlichkeit des Vereins der vergangenen 15 Jahre in Zweifel ziehen möchte. Bei aller Notwendigkeit, das Innere modern und passend für die gedachten Museumszwecke zu gestalten, die Fassade allein genügt nicht. Bliebe es dabei, wäre das so etwas wie Etikettenschwindel. Es muß schon einen Übergang geben zwischen der historischen Fassade und den neuen Teilen, beispielsweise mit den schlüterschen Treppenhäusern oder einigen Sälen. Hier wäre das Gehirnschmalz der Architekten gefragt, diese Verbindung von Alt und Neu zu schaffen. Das würde dann auch die Brüche und Entwicklungen unserer Zeit dokumentieren. Für die Fassaden braucht es das alles nicht, man muß nur bei Schlüter abgucken.