Andreas Schlüter und das barocke Berlin
Andreas Schlüter (1659/60–1714), Architekt des Berliner Schlosses, ein Barockkünstler par excellence, der schon von seinen Zeitgenossen als der „Michelangelo des Nordens“ gepriesen wurde, war wie dieser nicht nur Bildhauer, sondern auch Architekt, Stadtplaner und Entwerfer von grandiosen Raumdekorationen, mit denen er der aufstrebenden Residenzstadt Berlin erstmals Glanz verlieh. Anlässlich seines 300. Todesjahres widmet das Bode-Museum diesem bedeutenden Künstler Berlins die erste umfassende Ausstellung überhaupt.
Unter der Regentschaft des Kurfürsten Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. in Preußen, wurde Schlüter zum Hofbildhauer ernannt und in der aufstrebenden Residenzstadt mit einer Vielfalt künstlerischer Aufgaben betraut.
Eine Werkschau, die alle Aspekte seines vielseitigen Schaffens berücksichtigt und mit herausragenden Leihgaben den opulenten Kosmos dieses Schöpfers des barocken Berlins wiedererstehen lässt. Die Ausstellung im Bode-Museum präsentiert vom 4. April bis zum 13. Juli 2014 in insgesamt 16 Sälen und Kabinetten nicht nur Schlüters eigene Werke, sondern auch die seiner großen Vorbilder, darunter auch Bildwerke von so namhaften Künstler wie Gian Lorenzo Bernini, Francesco Mochi, Francois Girardon oder Antoine Coysevox.
Für die Ausstellung erscheint ein Katalog mit über 500 Seiten – ein seit der großen Biografie von Ladendorf vor fast 80 Jahren erstes umfassende Werk über sein Leben und Wirken. Außerdem erscheint ein Buch aus der Feder des Architekturhistorikers
und wohl bedeutendsten gegenwärtigen Schlüterforschers dieses Bereichs, Goerd Peschken, mit dessen Skizzen und Zeichnungen von Architekturdetails des Berliner Schlosses, mit denen er sein Lebenswerks in den sechziger Jahren begann.
Wie bei vielen Künstlern dieser Zeit gibt es kaum zeitgenössische Aufzeichnungen über Andreas Schlüter, so dass die Überlieferung seines Lebens z. T. auch auf Legenden beruht. Auch sein Aussehen ist nicht überliefert. Aber es gibt glaubwürdige Hinweise darauf: Im Rittersaal, dem Thronsaal des Berliner Schlosses, seiner bedeutendsten Raumschöpfung, ist er im Deckengemälde wohl verewigt worden. Abgebildet ist dort ein Architekt, erkennbar an Insignien wie dem Zirkel und Winkel, der auf seinen Händen das Berliner Schloss trägt. Von großer Ähnlichkeit sind zwei der Masken sterbender Krieger im Zeughaus, die zu den bedeutendsten plastischen Schöpfungen Schlüters gehören – die eines jungen und eines älteren Kriegers. Beide tragen die Gesichtszüge des Architekten auf dem Deckengemälde. Aber, um seriös zu bleiben, dies alles sind nur Vermutungen, nicht wissenschaftlich nachgewiesene Tatsachen.
Und so ist die Ausstellung mit ihren grandiosen Exponaten eine Zusammenstellung von Indizien und erforschten Tatsachen, die zusammen gesehen das Leben und Wirken dieses, in der deutschen Öffentlichkeit fast vergessenen, größten deutschen Barockbildhauers und -architekten rekonstruiert und tiefe Einblicke gewährt. Auf diese Weise gleicht die Ausstellung dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses, dessen Zustandekommen nur über die seriöse Rekonstruktion seiner künstlerischen Details möglich wurde.
Die bewusst unkommentierten Bilder aus dem Werk Andreas Schlüters wollen nichts anderes, als Ihnen den Besuch der Ausstellung nahe zu legen. Sie ist ein Muss für jeden, der an der barocken Bildhauerkunst und dem Wiederaufbau des Schlosses interessiert ist.
Andreas Schlüters Wirken in Polen, Ostpreußen und Stralsund
Vor seinem Wechsel als Schlossbildhauer und schließlich Hofbaumeister 1698 nach Berlin war der junge Schlüter als Bildhauer am polnischen Königshof in Warschau tätig. Die folgenden Bilder zeigen seine wichtigsten Stationen, zu denen auch Danzig gehörte. Dort war sein Hauptwerk, die Königskapelle neben der Marienkirche, im Krieg zerstört worden. Liebevoll rekonstruiert, erreicht die Kopie jedoch nicht die ursprüngliche Qualität des Originals, so dass wir hier auf Abbildungen verzichten. Ein Höhepunkt seines Schaffens ist die entzückende kleine Abteikirche St. Antonius von Padua in Warschau-Czerniaków, die die wohl einzige bis heute noch erhaltene Raumschöpfung Schlüters darstellt. Auch der spätere Entwurf des Altars der Nikolaikirche in Stralsund geht auf ihn zurück, auch wenn er dort offensichtlich nicht mehr bildnerisch tätig war.
Hauptaltar Nikolaikirche Stralsund
Eine ausführliche Würdigung des Lebens und Werks von Andreas Schlüter finden Sie in der umfassenden, mit zahlreichen Abbildungen versehenen Biographie von Guido Hinterkeuser „Das Berliner Schloss“, erschienen bei Siedler, im Handel vergriffen, aber bei uns im Shop der Humboldt-Box, in der Buchhandlung der Ausstellung und über unseren Internetshop noch erhältlich!