„Berlins neuer Volkspalast gefeiert und auch gleich angefeindet!“

20.07.2021 –  B.Z. Berlin

19 Jahre nach dem Bundestags-Beschluss zum Wiederaufbau dürfen nun die ersten Besucher kommen. Zur festlichen Eröffnung gab es aber auch Proteste.

Von Martina Hafner und Dirk Krampitz

Hunderte Schaulustige säumten den Boulevard Unter den Linden, viele erkundigten sich nach Tickets für das neue Humboldt Forum. 19 Jahre nachdem der Bundestag am 4. Juli 2002 den Wiederaufbau des Berliner Schlosses entschieden hatte, wurde es unter freiem Himmel eröffnet.

Ein neuer Volkspalast im Herzen der Stadt! Ab Dienstag 16.30 Uhr dürfen nun alle in den 680 Millionen Euro teuren Bau, die ersten 100 Tage bei freiem Eintritt, wegen Corona sind allerdings Zeitfenster-Tickets zu buchen.

Eröffnung Humboldt Forum im Berliner Schloss am 20.07.2021: Wilhelm von Boddien, Franco Stella, Monika Grütters, Michael Müller (v.l.) im Schlüterhof

Zur feierlichen Eröffnung war der mit bunten Fahnen geschmückte Vorplatz des Hauses abgesperrt, ein Podium war aufgebaut.

Schloss-Architekt Franco Stella (78) war anwesend, ebenso Mäzen und Wiederaufbauförderer Wilhelm von Boddien (79), der über 100 Millionen Euro an Spenden für das Schloss eingesammelt hatte.

Vor den Festreden gab es allerdings lautstarken Protest vom Lustgarten gegenüber. Eine Truppe von Aktivisten demonstrierte gegen die Ausstellung von kolonialer Kunst und skandierte: „Tear it down and turn it upside down“ (Reißt es ab und stellt es auf den Kopf).

Davon ließ sich aber niemand beirren. Der Festakt begann, und zwar durchaus ungewöhnlich. Laute Schrubber-Geräusche drangen aus den Lautsprechern, ein halbes Dutzend Menschen in bunten T-Shirts begannen Besen zu schwingen. Generalintendant Hartmut Dorgerloh (59) erklärte die Bedeutung des merkwürdigen Balletts: „Der Besen als Symbol der Einweihung eines neuen Hauses und dafür, dass wir für diesen Ort Sorge tragen werden.“

Außerdem ertönte ein Gong als Zeichen des Friedens und der Einladung, so Dorgerloh, geschlagen von Tarek Ibrahim (42), der die Mitarbeiter-Nummer „Eins“ trägt, weil er vor fünf Jahren als erster Angestellter im Humboldt Forum begann.

Dorgerloh nahm die Proteste der Aktivisten in seine Begrüßungsworte auf: „Die Gegenstimmen machen es deutlich, dass das Humboldt Forum zum Austragungsort gesellschaftlicher Debatten wird und grundlegende Veränderungsprozesse anstoßen kann.“

Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (59) ergänzte zum Thema: „Natürlich wird auch die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte hier bald eine zentrale Rolle spielen“, und verwies darauf, dass das Humboldt Forum treibende Kraft für notwendige Veränderungen werden könne.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (56) bekräftigte, dass das Haus genau für solche Debatten da sei und resümierte: „Das Humboldt Forum ist ein unschätzbares Geschenk für unsere Stadtgesellschaft.“ Alle drei Festredner würdigten Wilhelm von Boddiens unermüdliches Kämpfen für den Wiederaufbau des Schlosses und dankten ihm herzlich.

Boddien sagte zur B.Z., als die Gesellschaft im Schlüterhof auf die Eröffnung anstieß: „Ich bin heute sehr glücklich, man kann hier am Abend wie auf einer Piazetta im warmen Sommerlicht sitzen, das hatten wir in Berlin noch nicht.“

 

Textquelle: B.Z. Berlin; Foto: Gritt Ockert, Förderverein Berliner Schloss e.V.

8 Kommentare zu “„Berlins neuer Volkspalast gefeiert und auch gleich angefeindet!“

  1. Ich bin glücklich und stolz auch 3 kleine Bausteine zu diesem Meisterwerk der modernen Baukunst im Herzen unserer Hauptstadt beitragen zu dürfen. Es ist geschafft und ich konnte mich vor 3 Wochen davon überzeugen. Lassen wir uns es nicht wieder von einigen “ Prodestlern“ zerreden. Grüße aus dem Vogtland. Steffen Lutz

  2. Der meist unqualifizierten Kritik an dem Projekt wird viel zuviel Raum eingräumt. Das gilt sogar für Publikationen wiedie „Süddeutschen Zeitung“, wo gestern ein Artikel erschien, in dem nur Negatives darüber berichtet wird.

    1. Ich habe zwar diesen Artikel nicht gelesen, aber alle Artikel aus der Süddeutschen Zeitung zum gleichen Thema aus früheren Ausgaben. Ich kann das nur bestätigen und komme bald zu dem Schluss die „Süddeutsche“ wieder zu kündigen. Die Süddeutsche war mal eine sehr ausgewogene Zeitung. Sie ist es schon lange nicht mehr. Alle die bisher das Schloss unterstützen, verdienen meinen vollen Respekt, die Süddeutsche Zeitung nicht.

  3. Wann kommt endlich mal ein Dankeschön aus Berlin an Herrn von Bodin und all die vielen Spenden!!!
    Für dieses wieder erstandene prächtige Bauwerk?

  4. Darüber hinaus wäre es ausgesprochen schön, insbesondere nach dem Wegfall der Webcams, aktuelle Fotos der drei Fassaden einschließlich Schlüterhof, zumindest einmal im Monat von Seiten des Fördervereins auf diesem Portal zu veröffentlichen. Nur ein Vorschlag!

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