„Ohne Worte: Schloss wird eröffnet, ohne dass Architekt und oberster Spendensammler reden“

06.07.2021  – Berliner Kurier

Von Ulrich Paul

Der Förderverein Berliner Schloss hat mit seinem Geschäftsführer Wilhelm von Boddien dafür gesorgt, dass genügend Spenden für den Wiederaufbau der Barockfassaden der früheren Hohenzollernresidenz gesammelt werden – doch wenn die Ausstellungen im Humboldt Forum im Berliner Schloss am 20. Juli feierlich eröffnet werden, ist von Boddien als Redner der anberaumten Zeremonie nicht eingeplant.

„Nein, ich bin nicht vorgesehen“, bestätigte von Boddien am Montag auf Anfrage der Berliner Zeitung. „Ich werde aber dabei sein, und wenn ich notfalls am Krückstock gehe“, fügte der 79-Jährige an, der sich gerade von einem Schlaganfall erholt. Der italienische Architekt Franco Stella ist als Redner ebenfalls nicht eingeplant.

Während von Boddien und Stella nicht sprechen, sollen Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) dem Vernehmen nach das Wort ergreifen, um Deutschlands größtes Kulturprojekt nach der rein digitalen Eröffnung im Dezember vergangenen Jahres nun offiziell der Öffentlichkeit zu übergeben.

Stiftung verweist auf Festakt im September

Die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss verteidigt die Eröffnungsplanung, ohne die Auftritte von Grütters und Müller zu bestätigen. „An der Eröffnung am 20. Juli wird es nur kurze Ansprachen von je einem Vertreter des Bundes und des Landes Berlin geben“, so Stiftungssprecher Michael Mathis. Es handele sich „also nicht um einen großen Festakt“. Ein solcher sei im September geplant, „hoffentlich wieder mit mehr internationalen Gästen und Partnern“, so Mathis.

Im Vordergrund stünden jetzt die ersten sechs Ausstellungen, weniger das Haus und die Architektur, die bei der Veranstaltung im Dezember im Vordergrund standen. „Dazu war Herr Stella auch eingeladen, konnte aber wegen der Corona-Pandemie leider nur mit einem Videostatement präsent sein an der Pressekonferenz“, so Mathis. „Aber natürlich werden sowohl die Leistungen des Fördervereins – insbesondere Herrn von Boddiens – sowie des Architekten an der Eröffnung besonders gewürdigt werden“, kündigt er an.

Zum Auftakt werden sechs Ausstellungen präsentiert. In der Passage und im angrenzenden Treppenhaus ist eine Präsentation mit dem Titel „Einblicke. Die Brüder Humboldt“ zu sehen. Sie informiert über das Wirken von Wilhelm und Alexander von Humboldt. Im Erdgeschoss gibt es zwei Sonderausstellungen: Die eine heißt „Nimm Platz! Eine Ausstellung für Kinder“ von drei bis zehn Jahren, und nähert sich „spielerisch dem Alltagsphänomen des Sitzens“, wie es heißt.

Die andere trägt den Titel „Schrecklich schön. Elefant – Mensch – Elfenbein“ und nimmt laut Stiftung „die Beziehung von Mensch und Elfenbein in einer umfassenden, kritischen Auseinandersetzung in den Blick“. Auf insgesamt 1500 Quadratmetern können Besucher zudem im Schlosskeller die Geschichte des Ortes erleben. Im ersten Obergeschoss öffnen schließlich die Ausstellungen „Nach der Natur“ der Humboldt-Universität sowie „Berlin Global“ des Stadtmuseums und der Kulturprojekte.

Kosten von mehr als 700 Millionen Euro

Die Kosten für den Bau des Schlosses belaufen sich offiziell auf 682 Millionen Euro. Der Endbetrag liegt jedoch höher. Im offiziellen Budget nicht enthalten sind nämlich Ausgaben in Höhe von 20 Millionen Euro für die sogenannten baulichen Optionen, wozu die vollständige Rekonstruktion der Kuppel und mehrerer Innenportale gehört. Diese 20 Millionen Euro sind allerdings finanziert – sie wurden komplett aus Spenden aufgebracht. Rechnet man die 20 Millionen Euro zu den Baukosten von 683 Millionen Euro hinzu, ergeben sich Gesamtkosten von 703 Millionen Euro.

Aus Spenden wurden dabei neben den 20 Millionen Euro für die baulichen Optionen weitere 80 Millionen für die Rekonstruktion der historischen Fassaden aufgebracht. Der Förderverein Berliner Schloss hat nach Angaben Boddiens rund 110 Millionen an Spenden gesammelt – 105 Millionen waren das Ziel. Mit den überschüssigen Geldern sollen nun weitere Rekonstruktionen bezahlt werden.

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Quelle: Berliner Kurier, 06.07.2021

 

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