„Krönung in Weißensee – Hier wird die Spitze der Stadtschloss-Kuppel gefertigt“

04.05.2020 – B.Z. Berlin

B.Z. beim Werkstattbesuch

Von Hildburg Bruns

Wenn diese Engel landen, muss der Wettergott den Bauleuten wohlgesonnen sein. Die Krönung des neuen Berliner Schlosses klappt nur bei Windstille. Später soll sie auch einem Jahrhundertsturm standhalten können.

In der Werkstatt in Weißensee: ein Engel auf der Balustrade aus Bronzeguss (Foto: Gritt Ockert)

Ende Mai soll ein Kran die sogenannte Laterne inklusive Kreuz mit einem Gesamtgewicht von 16 Tonnen auf die mit Kupfer eingedeckte Kuppel hieven. Sie wird an 24 Punkten aufliegen, sich später bei Windboen 1 bis 2 Zentimeter bewegen können.

„Wir kalkulieren bei einem Jahrhundertsturm mit einem Druck von 450 Kilo auf den Quadratmeter“, sagt Stefan Fittkau (52) der B.Z. beim Werkstattbesuch.

Seine Firma für Metallgestaltung in Weißensee beschäftigt sich seit zwei Jahren mit dem Projekt. Es gab als Vorlage nur eine historische Zeichnung und ein Stück Blattkranz, gefunden wurde das Fragment beim Abriss des Palastes der Republik. Eine Kommission mit 21 Experten hat bei der Gestaltung mitgeredet. Allein die Entwürfe der acht Engel (je 2,30 m hoch) dauerte ein Jahr.

„Die Laterne aus Weißensee für das Schloss an der Spree“, reimt der stolze Chef. Er hat noch zwei Firmen aus dem Ortsteil mit an Bord, Bildhauer, Bronzegießer und Experten für das Kreuz.

Immerhin schon 20.000 Arbeitsstunden haben die Leute in seinem Familienbetrieb in die Krönung gesteckt. Ein Prestigeauftrag. „Meine Klassenkameraden sind super neidisch“, sagt Azubi Phillip Zipp (21). Die Laterne setzt sich aus zehn Teilen zusammen und war immer ein reines Schmuckteil. Beleuchtet wurde die Kuppel darunter über seitliche Fenster.

Das vergoldete, drei Meter hohe Kreuz wird zusammen mit dem letzten Teil, der Palmenkuppel, installiert. Es ist fertig, zur Zeit aber noch unter Verschluss. Vor drei Jahren hatte es Kultursenator Klaus Lederer (46, Linke) als „falsches Zeichen“ auf einem staatlichen Bau abgekanzelt.

 

Quelle: B.Z. Berlin, 04.05.2020

 

7 Kommentare zu “„Krönung in Weißensee – Hier wird die Spitze der Stadtschloss-Kuppel gefertigt“

  1. Was der Kultursenator Klaus Lederer (und manche seiner Glaubensbrüder und -schwestern) nicht verstanden hat oder aus ideologischer Befangenheit nicht verstehen will, ist, dass man ein historisch und kulturell bedeutendes Kunstwerk, und ein solches ist das Schloss, in seiner Gesamtheit oder auch in wichtigen Teilen so genau wie irgend möglich rekonstruieren darf, ja muss. Er versteht offensichtlich nicht, dass man ein solches Kunstwerk nicht aus heutiger modischer, „politisch scheinkorrekter Sicht“ ganz oder in Teilen manipulieren, verfremden oder uminterpretieren darf, indem man z. B. ein Kreuz über einer Kapelle durch eine Fahnenstange ersetzt, weil man in dem Kreuz fälschlicherweise und historisch missverstanden ein Überlegenheits- und Herrschaftssymbol vergangener Jahrhunderte zu sehen glaubt.

    1. Leider muss ich feststellen, dass auch einige der Fehler übernommen wurden. Historisch lassen sich diese durch überschneidenden Baustile sowie durch fehlende Statiberechnung der damaligen Zeit erklären. Dennoch störten sie schon das damalige Erscheinungsbild. Diese willentlich einzubauen, bedeutet aber auch, nachvollgenden Generationen und Touristen eine vermeintliche Historie zu verkaufen und damit Authentizität, die nicht zutrifft. Eine Replik sollte so genannt und als solche identifizierbar sein. Ebenso widerspreche ich ihnen in einem Punkt, nämlich dass Bauwerke unveränderbar sind, gerade das Berliner Schloss zeigt die permanente Übergestaltung bestens. Bis hin zu dem in meinen Augen geschmacklosen Eklektizismus der Zeit Wilhelm II.

      1. Ich stimme Ihnen völlig zu, dass man nicht ursprüngliche handwerkliche oder Berechnungsfehler rekonstruieren sollte, um Authentizität zu demonstrieren. Das Kreuz war aber sicher kein zu behebender „Fehler“. Ebenso stimme ich zu, dass am Schlossgebäude permanente Änderungen durch Reparaturen und Nutzungsanpassungen vorgenommen wurden, so dass die Frage nach „Authentizität“ hier ohnehin nicht eindeutig zu lösen ist. Der offensichtliche Charakter der Replik des Schlosses wurde durch den Auftraggeber gefordert und ist durch Franco Stella auch innen und außen vielfach sichtbar gemacht worden. Auch 1:1 Kopien späterer stilistischer Blüten der wilhelminischen Zeit vermieden werden können, stimme ich Ihnen zu. So halte ich z. B. die Nicht-Rekonstruktion der Balustraden auf den Schlossterrassen für durchaus richtig. Einen Widerspruch zu Ihrer Aussage sehe ich also nicht.

  2. Es gibt halt immer Menschen die aus eigennützigen Gründen versuchen, anderen Hindernisse in den Weg zu stellen.
    Ein Hinderniss kann eine grosse Wippe sein,
    oder auch viele kleine Pflastersteine die dann wiederum anderes ins stolpern und wanken bringt.
    David und Goliath wären da eine Metapher.

    Dem nicht genug, kann jener der das Amt bekleidet Entscheidungen zu treffen,
    etwas verbieten was zusammen gehört.
    Der Neptunbrunnen von Vegas,
    wurde geschaffen um mit dem Schloss zu harmonieren und er war ein Geschenk für das Deutsche Volk, an diesem angestrebten Platz.
    Wir sind das Volk, und wir wünschen uns ein schönes Schlossumfeld, mit dem Neptunbrunnen.

    Es gehört zusammen wie die Kuppel mit der Laterne und dem Kreuz.

    1. Lieber Herr Preuß, ich stimme Ihnen völlig zu. Sie haben die Notwendigkeit der Rückstellung des Neptunbrunnens von Reinhold Begas mit Recht erwähnt, was man nicht oft genug wiederholen kann. Sie haben aber die Rossebändiger vergessen. Auch diese gehören unbedingt und unverzüglich zurück an ihre historischen Standplätze, was man ebenfalls nicht oft genug wiederholen kann.
      Die Rossebändiger, geschaffen von dem deutschbaltischen Bildhauer Peter Clodt von Jürgensburg und geschenkt von Zar Nikolaus I an den an Kunst und Kultur interessierten Friedrich Wilhelm IV, 1842, sollten nicht nur die preußisch-russische Partnerschaft bekräftigen. Sie dienten Karl Friedrich Schinkel als korrespondierender Bezugspunkt für die beiden anderen Rossebändiger Castor und Pollux auf dem Dach des Alten Museums auf der gegenüberliegenden Seite des Lustgartens. Auch die beiden Skulpturen am Fuße der Freitreppe des Alten Museums, die reitende Amazone von August Kiß und der reitende Löwenkämpfer von Albert Wolff, sind nicht nur fein aufeinander abgestimmt, sondern korrespondieren ebenso intensiv mit den Rossebändigern, einst genau gegenüber vor Portal IV des Schlossbaus platziert.
      Wer diese Zusammenhänge nicht sieht, nicht städtebaulich würdigt und dieses Ensemble wiederherstellt, verdient nicht, in Berlin das Amt des Kultursenators auszuüben.

      1. Tut mir leid. Ich muss mich korrigieren. Schinkel war mit Castor und Pollux zuerst auf dem Alten Museum ca. 1820). Erst später kamen dann die Amazone und danach der Löwenkämpfer hinzu und als letztes die Rossebändiger 1842.

  3. Ich könnte mir noch einiges vorstellen was dem Schlossumfeld wieder zugefügt werden sollte, nur muss da für ersteinmal ein Anfang gemacht werden.
    Wer sich einmal Bilder anschaut die vor dem Krieg vom Schlossumfeld gemacht wurden, der wird Sehen was Berlin verloren hat.
    Was aber nicht heißt, das man sich damit abfinden muss.
    Das Stadtschloss insgesamt , zeigt was möglich ist und die Berliner und ihre Gäste werden dieses Wunder dankbar annehmen.
    Wir dürfen also weiter hoffen das unsere Politiker erkennen was für Berlin wirklich wertig ist.

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