Rote Schürzen, 150 Schloss-Glühwein-Haferl und 10 cm für die Füße der „Weisheit“

Zum 12. Mal auf dem Christkindl-Markt in München – die Münchener Schloss-Freunde 2018

Es ist ein kalter, windiger Montagmorgen, als der Volvo mit Anhänger vor der städtischen Christkindlmarkt-Bude in der Münchner Fußgängerzone vorfährt. Sieben Mitglieder des Freundeskreises München im Förderverein Berliner Schloss e.V. ziehen sich schnell die neuen, roten Schürzen mit dem Logo des Fördervereins an, um dann 30 Kanister Glühwein, Kinderpunsch, Apfelwein und Heißen Hugo in der Bude zu verstauen. Vier große Glühweintöpfe werden befüllt, an die 150 Schlosstassen bzw. Haferl werden ausgepackt und griffbereit ins Regal gestellt. Zwei Bistrotische mit großen Regenschirmen laden zum gemütlichen Glühweintrinken ein und dienen der Auslage des Berliner Extrablattes und des Münchner Flyers. Zwei Preistafeln sind gut sichtbar an den Budenwänden fixiert.

Der große, schwere Holzbär hat seinen gewohnten Platz an der Ecke gefunden und bietet Bierseidel und Spielsachen für den Benefiz- Flohmarkt an. Als Hingucker werden Kuscheltiere am Standl-Dach aufgehängt. Der Tresen füllt sich mit Gebäckkörbchen und Tabletts, die mit Schmuck, Kinderbüchern, Weihnachtskarten, Schloss-Adventskalendern und Büchern über das Berliner Schloss bestückt sind. Alles geschieht in Windeseile, denn die Münchner Schlossfreunde sind gut eingespielt, heuer betreiben sie schon zum 12. Male den Glühweinstand.

Die Christkindlmarkt-Bude bietet die Stadt München gemeinnützigen Vereinen für je eine Woche in der Adventszeit an, um für ihre Projekte zu werben und Spenden zu sammeln. Der Freundeskreis München hat sich als Spendenziel die Kardinaltugenden „Mäßigung“, „Gerechtigkeit“ und „Weisheit“ ausgewählt, drei der insgesamt vier Kolossalfiguren, die auf dem Eosander-Portal in der Westfassade des Berliner Schlosses stehen werden. Drei bis vier Stunden Standdienst können ins Kreuz gehen, auch wenn die Zeit durch viele kurzweilige Gespräche schnell vergeht. Man lacht über den kleinen türkischen Jungen, dem es lautstark gelingt, Großeltern und Vater zu überzeugen, dass er den Puppenwagen mit Teddy von unserem Benefiz-Flohmarkt unbedingt haben muss. Man freut sich mit den Fans, die einen längeren Glühwein-Stop-over bei uns einlegen, auch über den Sieg des FC Bayern.

Johannes Wien (Mitte) von der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss hilft mit beim Glühweinverkauf in München

Mit unseren „Wiederholungstätern“, die täglich auf ein paar Haferl Glühwein und Gebäck vorbeischauen, entwickeln sich freundschaftliche Plaudereien. Mit den Engländern diskutiert man umgehend über den Brexit oder hört dem Griechen zu, der uns die griechische Finanzpolitik erklärt. Die Haferl werden übrigens gerne gekauft und werben heute in Australien, USA, Kanada, Russland, Skandinavien, Südafrika u. a. Ländern für das wieder aufgebaute Berliner Schloss. 

Eine Gruppe von französischen Austauschschülerinnen deckt sich bei uns mit Kuscheltieren ein und verschwindet vergnügt mit Teddys, Mäusen und Hündchen im Getümmel der Fußgängerzone. Ein Junggesellen-Abschied von 11 Herren nebst Bräutigam verschlägt es für viele Glühwein Runden an unseren Tresen und die letzten Kuscheltiere, Perlenkettchen und Weihnachtskugeln schmücken bald das rosa Outfit der Hauptperson. 

Am zweiten Advent findet in der Fußgängerzone traditionsgemäß der „Große Krampuslauf“ statt. Einige der zottigen Gestalten mit den Rasseln und Kuhglocken verweilen bei uns und wärmen sich mehrmals mit Glühwein auf, obwohl sie in ihrer Verkleidung nicht frieren sollten. 

Junggesellen-Abschied am Glühweinstand der Münchener Schloss-Freunde

Eine „Bank-Symbiose“ hat sich mit den Maroni-Verkäufern in der Fußgängerzone entwickelt: Wir können bei ihr große Geldscheine in Münzen wechseln, damit wir wieder das Haferl-Pfandgeld von 3 Euro auszahlen können. Ohne das Angebot des Augustiner Bräus, unsere schmutzigen Glühwein-Haferl in ihrer Küche waschen zu lassen, wäre ein Verkauf von Glühwein und anderen Getränken undenkbar. An dieser Stelle möchten wir nochmals für diese langjährige, großzügige Unterstützung danken. 

Immer wieder werden wir gefragt, ob wir extra aus Berlin angereist sind, um in München für das Berliner Schloss zu werben. Umso mehr ist man erstaunt zu hören, dass wir Münchner sind, die schon seit 12 Jahren für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses Spenden sammeln. Aber Berlin ist weit weg von München und Informationen über das Berliner Schloss kaum vorhanden: Hat man denn schon angefangen zu bauen? Was kommt denn hinter die Fassaden? Ihr sammelt für das Brandenburger Schloss in Berlin? Oh, es gibt ein Berliner Schloss in München? Oder vielleicht ist Berlin doch nicht soweit von München entfernt, wie das Angebot eines Herrn mit Schnurbart, Hut und Trachtenjanker in bestem Bayerisch aufhören lässt: „Ihr habt das Schloss und wir den „Kini“ (König Ludwig II), wir sollten uns zusammen tun!“

Seit Jahren erweisen sich auch die Studenten der Fraternitas Dorpatensis als große Unterstützer, die uns vor allen Dingen am Wochenende, wenn Hochbetrieb herrscht, beim Glühwein-Ausschank sehr erfolgreich helfen.

Auf dem Wege, ebenfalls zu einer Tradition zu werden, ist der jährliche Berliner Besuch und die zeitweilige Mithilfe von Herrn Johannes Wien, dem Vorstand Finanzen und Frau Astrid Krüger, der Fundraisingkoordinatorin der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schlossan unserem Glühweinstand. 


Zottelige Gestalten beim „Großen Krampuslauf“

Der Münchener Freundeskreis kann festhalten, dass die Kritik am Berliner Schloss in den letzten Jahren mehr und mehr verstummt ist. Das Schloss und seine zukünftige Nutzung als Humboldt Forum ist aber immer noch nicht in allen Köpfen der Bevölkerung angekommen und wir hoffen, wieder ein bisschen Aufklärung geleistet zu haben. Und alles was wir in der Münchner Fußgängerzone an Spenden und Einnahmen generieren, geht immer in die Füße unserer 3,30 m hohen Tugend-Kolossalfiguren. Dieses Jahr können Spenden für beachtliche 10 cm in die Füße der „Weisheit“ eingezahlt werden.

Text und Fotos: Karin von Spaun

>> Mehr Informationen zum Freundeskreis München: Leiterin Karin von Spaun, Tel. 08152 3172, karin.von.spaun@online.de

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