Das Humboldt Forum präsentiert vom 22. März bis 16. September 2018 die Ausstellung „(laut) Die Welt hören“ in der Humboldt-Box am Schlossplatz 5 in 10178 Berlin. Ergänzend zur Ausstellung findet über sechs Monate verteilt eine Vielzahl an Veranstaltungen wie Sound Walks, Konzerte, Symposium, Listening Sessions, Film Screenings oder DJ Nights in ganz Berlin statt. Die Eröffnung der Ausstellung, gleichzeitig Auftakt des Veranstaltungsprogramms, findet am Donnerstag, den 22. März 2018, um 19 Uhr im Umspannwerk Alexanderplatz statt.
Klang trifft uns unmittelbar und ist dennoch flüchtig. Er löst tiefe Emotionen aus und ist lebendiger Austausch. Klang fordert und bewegt uns – in jeder Kultur, in jeder Zeit. Erst durch Schwingungen, Schall, Ton, Laut, Musik und Sprache entfaltet sich unsere Welt als Ganzes. Seit etwa 140 Jahren lassen sich Klänge technisch einfangen und wiedergeben – mithilfe von Wachswalzen über Schellackplatten und Magnetbänder bis hin zu MP3-Files. Doch wofür, mit welchen Techniken und unter welchen Bedingungen wurden und werden Aufnahmen gemacht? Wie verbreiten sich Klänge und Musikstile weltweit? Wie geht man mit Klang als immatriellem Kulturgut um? Wem gehört der Klang in Aufnahmen? Die Ausstellung [laut] Die Welt hören lässt anhand des Berliner Phonogramm-Archivs des Ethnologischen Museums, des Lautarchivs der Humboldt-Universität zu Berlin und der AMAR Foundation in Beirut die Faszination von Klängen sowie den unterschiedlichen Umgang mit ihnen in einer breiten Frequenz hörbar und erlebbar werden.
Umgang mit historischen Kängen
Mit der Erfindung des Phonographen 1877 eröffnen sich auch für Wissenschaft und Forschung neue Möglichkeiten. Ethnologinnen und Ethnologen können mithilfe der neuen Technik Klänge einfangen und deren spezifische Bedeutung für die jeweilige Kultur und ihre Überlieferungswege beschreiben. In den nun entstehenden Klangarchiven werden die Aufnahmen gesammelt und systematisiert. Das Projekt ist geleitet von der Hoffnung, anhand von Sprach- und Musikaufnahmen Kulturen identifizieren und vergleichen zu können. Heute rücken neben den Beständen dieser Archive zunehmend auch deren Hintergründe ins Blickfeld: Beispielsweise die Beziehungen zwischen den Aufnehmenden und denen, deren Klänge aufgenommen wurden. Oder die Vorstellungen, die sich mit der wissenschaftlichen Einordnung verbanden.
Neue Medien – neue Fragen
Neue Medien wie die Schallplatten versetzen Klänge auch in Bewegung – sie werden global vertrieben und gehandelt. Anfang des 20. Jahrhunderts entsteht der Weltmusikmarkt, vorangetrieben von Firmen wie der Berliner Carl Lindström AG. Er ist ein Ort des kreativen Austauschs unterschiedlicher Musikkulturen mit völlig neuen Formen und musikalischen Genres – bis heute. Doch dadurch geraten auch Fragen der kulturellen Identität in Bewegung, die bis heute immer wieder ausgehandelt werden. Wer darf wessen Klänge aufzeichnen, aufbewahren und weiterverwenden? Inwiefern lassen sich einzelne Musikkulturen voneinander abgrenzen? Was eint etwa die von der AMAR Foundation gesammelte Musik der arabischen Welt – steht sie für eine spezifische Identität? Klangarchive müssen sich solchen Fragen stellen, besonders bei sensiblen Sammlungen wie den hier präsentierten Aufnahmen der Navajo oder den Kriegsgefangenenaufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg. Aber Verantwortung tragen letztlich alle, die mit aufgezeichneten Klängen umgehen.
Zwei Sammlungen kommen zusammen
Ende 2019 kommen zwei bedeutende ethnologische Einrichtungen im Humboldt Forum zusammen, die für ihre Tonaufnahmen aus aller Welt berühmt sind: das Berliner Phonogramm-Archiv des Ethnologischen Museums sowie das Lautarchiv der Humboldt-Universität (HU). Diese Bereicherung um eine klangliche Dimension und um die wichtige Vielfalt der Sprachen macht das Humboldt Forum einzigartig. Die Ausstellung zeigt bereits jetzt exemplarisch das große Potenzial beider Sammlungen. Mit historischen Aufnahmegeräten und -medien sowie in verschiedenen Ausprobierstationen führt die Ausstellung zunächst in die Techniken der Tonaufzeichnung und -wiedergabe ein. Historische Tonaufnahmen, Fotografien, Dokumente, künstlerische Installationen sowie kontextualisierende Objekte entfalten das spezielle wissenschaftliche Projekt der Untersuchung von Kulturen anhand ihrer Klänge.
Veranstaltungen in ganz Berlin und spezielle Vermittlung
In Soundwalks, Filmveranstaltungen, einer wissenschaftlichen Konferenz, Konzerten und anderen Formaten werden die Fragen der Ausstellung vertieft und in die Gegenwart und den Stadtraum Berlins geholt. So wird beispielsweise das Konzept der kulturellen Identifizierbarkeit über Klang oder Sprache thematisiert – eine Frage, die mit Sprach- und Musikidentifizierungssoftware wie MIR Aktualität gewonnen hat.
In der Ausstellung werden inklusive und barrierefreie Angebote für Blinde und Sehbehinderte angeboten. Alle Texte der Ausstellung werden über eine Vorlesefunktion hörbar gemacht und in Leichter Sprache angeboten. Der barrierefreie Visitor Guide stellt zudem Audiodeskriptionen ausgewählter Objekte zur Verfügung. Zur Ausstellung werden Führungen für Blinde und Sehbehinderte angeboten. Öffentliche, kostenfreie Führungen durch die Ausstellung finden jeden Samstag und Sonntag jeweils um 15 Uhr in Deutsch und um 16 Uhr in Englisch statt. Unterschiedliche Perspektiven auf die Ausstellung bietet jeden zweiten Donnerstag um 16 Uhr eine Tandemführung mit jeweils zwei Expertinnen und Experten. Jeden Sonntag um 14 Uhr wird unter dem Motto Fang den Klang zudem ein interaktiver Familienworkshop angeboten, bei dem Kinder, Jugendliche und Familien eigene Klangkörper gestalten können.
Quelle: Pressemitteilung der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss