Als mich die seinerzeitige heftige Diskussion um das Für und Wider des Wiederaufbaus der Frauenkirche bin ich sehr früh und bewusst dem Förderverein zur Realisierung des "archäologischen Wiederaufbaus der Frauenkirche beigetreten – bis zu dessen Abschluss. Ich habe die damalige Diskussion noch lebhaft in meiner Erinnerung: Viele meiner Freunde wollten "bewusst die Wunde" offen halten. Nach der Fertigstellung haben sich (fast) alle bekehrt und freuen sich nun mit mir über den wunderbaren Bau. Übrigens: Als sich ein grundsätzliches "Ja" zum Wiederaufbau durchzusetzen begann, präsentierten einige Architekten "moderne" Variationen, die vor allem die Gestaltung der Kuppel betrafen – nicht erst in der Rückschau: ein Entwurf hässlicher als der andere!
Mit dem Schloss verhält es sich zwar ähnlich, aber nicht in jeder Hinsicht gleich. Ich bejahe das Konzept des Fördervereins, dem ich nun beigetreten bin: Rekonstruktion der Fassaden, auch und insbesondere des Schlüterhofs. Viele kunstgeschichtlich nicht weiter interessante Räume können ruhig dem neuen Zweck: "Humboldt-Forum" angepasst werden. Allerdings wünschte ich mir ebenfalls die Rekonstruktion des gewaltigen Treppenhauses wie auch, nach Möglichkeit, der Festräume. Die vierte Seite stellt in der Tat ein Problem dar. Ich wünschte mir eine Lösung ähnlich dem Anbau an das Deutsche Museum (Zeughaus) von Pei. Aber solche Architekten sind damals wie heute rar. (Als umso ärgerlicher empfinde ich es, dass sie so wenig bereit sind alte, große "Bau-Ideen",auf die es im Gegensatz zum "Material", das jederzeit ersetzt werden kann, aufs neue zu realisieren und stattdessen partout mittelmmäßige eigene "Ideen" durchsetzen wollen.
Übrigens: Das sozial-ökonomisch begründete Gegenargument zum Wiederaufbau erscheint mir lächerlich:
Es lässt sich doch an Dresden (Frauenkirche und Schloss) ablesen, welch positive kurz-, mittel- und langfristige Folgen zu erwarten sind. Ist der beschleunigte Ausbau von Autobahnen zur Ankurbelung der Konjunktur dem Wiederaufbau wirklich vorzuziehen? – Schließlich gilt auch hier: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein … "
„Als umso ärgerlicher empfinde ich es, dass sie so wenig bereit sind alte, große "Bau-Ideen" …aufs neue zu realisieren und stattdessen partout mittelmäßige eigene "Ideen" durchsetzen wollen.“
Schade dass sie die Ideen als mittelmäßig empfinden. Aber so ist es schon immer, es gibt nur wenig Herausragendes. Glücklicherweise gab es Zeiten in denen Architekten ihre Ideen freier umsetzen konnten(wenn sie einen Gönner hatten) und somit solch kühne Bauwerke, wie die Frauenkirche erst möglich machten. Herausragende Ideen sind meist auch risikoreicher und darauf wollen sich nur wenige einlassen.
Lieber Hartmann,
natürlich ist Frauenkirche und Schloß nicht 1:1 zu vergleichen, dennoch sind m.E. die Hauptargumente für das Schloß die gleichen wie für die Frauenkirche:
In erster Linie geht es hier wie dort um die Wiederherstellung des einheitlichen barocken Stadtbildes. Selbst wenn die Frauenkirche innen ein Kaufhaus wäre, die Schönheit der Elbeansicht, des berühmten Canaletto-Blickes, wäre Grund genug für den Wiederaufbau. Übrigens wurde sie innen auch nicht hundertprozentig original wieder aufgebaut. Die Unterkirche gab es vorher nicht.
Die Bebauung des Neumarktes war völlig weg und wird nun wieder historisch getreu rekonstriert, aber nur die Fassaden. Dafür wurde ein großes Nachkriegsgebäude – das Polizeipräsidium – geopfert. (In Frankfurt/M. stehen wir nun vor dem gleichen Vorhaben. Das Nachkriegsrathaus wird abgerissen und Teile der historischen Altstadt sollen wiedererstehen. Vor zwanzig Jahren wurde der damalige Oberbürgermeister Wallmann verspottet, weil er am Römer eine historische Häuserzeile mit Fachwerkbauten wieder errichten ließ. "Disneyland" – und was es da so alles für blödsinnige Bezeichnungen gab. (Kenne ich auch vom Schloß.)Und heute ist der Römerberg Touristenmagnet.Alle freuen sich, ein Stück Heimatgeschichte und historische Identität zurückerhalten zu haben.
So wird es auch in Berlin werden. (Übrigens in Braunschweig baut man das Schloß auch wieder auf als Fassade für ein Kaufhaus.)
In Berlin kann man nicht alles haben. Auch halte ich eine 1:1-Rekonstruktion des Schlosses mit allen Innenräumen für wenig sinnvoll, nicht zuletzt weil es keine königliche Residenz mehr ist. Der Louvre ist das auch nicht. Einige kunstgeschichtlich bedeutenden Innenräume können doch später ausgebaut werden. In der Tat, das bedeutendste und schönste am Schloß war und ist nun mal die Barockfassade Schlüters. Und allein das ist Grund genug, Berlins Mitte wieder ein Gesicht zu geben. Der ehemalige PdR war ein unförmiger Fremdkörper und unschön dazu (aber das ist subjektiv).