Temporäre Kunsthalle wird zur Wolke

Temporäre Kunsthalle wird zur Wolke

Der Rohbau für die provisorische Ausstellungshalle auf dem Berliner Schloßplatz ist fertig, jetzt malen Fassadenkletterer die Außenflächen in Hellblau und Weiß an. Das so entstehende Wolkenbild soll den White Cube selbst zum Kunstwerk machen. Am 30. Oktober wird die erste Ausstellung gezeigt.

Eine kleine Tanne setzte Zeichen. Als über der Nordfassade des quaderförmigen Gebäudes an der Schloßfreiheit in der vergangenen Woche ein Bäumchen gehisst wurde, markierte dies den Auftakt einer Einrichtung, die der Gegenwartskunst einen mächtigen Schub verleihen soll. Es war das Richtfest für die Temporäre Kunsthalle, deren Fertigstellung nun in die Endphase geht. Am 29. Oktober wird sie eröffnet, ab 30. Oktober sollen dort die ersten Ausstellungen von in Berlin lebenden Künstlern gezeigt werden.

In den vergangenen Tagen waren Arbeiter damit beschäftigt, der Halle ihr geplantes Äußeres zu verleihen. Einer abstrahierten weiß gepixelten Wolke auf blauem Grund. Die von dem documenta-Künstler Gerwald Rockenschaub entworfene Wolke soll das Vergängliche und Temporäre der Halle symbolisieren. Sie wird nur zwei Jahre am Schloßplatz stehen und muss danach dem Bau des Humboldtforums weichen. Die Kunsthalle wurde in nur vier Wochen aus mehr als 100 vorgefertigten Elementen errichtet. Sie bilden die Grundfläche des 1065 Quadratmeter großen Ausstellungsgebäudes, das auch über ein Café und einen Buchladen verfügen wird.

Während Maler in den kommenden Tagen das Bild der Wolke auf der Außenhaut komplettieren, hat der Innenausbau bereits begonnen. Das Wolkenbild soll die Halle selbst zum Kunstwerk in der historischen Stadtmitte machen.

Bei der Stiftung Zukunft Berlin, die das Vorhaben mit 950.000 Euro förderte, erhofft man sich Großes von der Halle. Sie soll zum außergewöhnlichen, „und so noch nie dagewesenen Schaufenster für zeitgenössische Kunst werden, die in Berlin entsteht“, so die Stiftung. In Zusammenarbeit mit Künstlern und Gastkuratoren wird die Temporäre Kunsthalle Berlin aktuelle künstlerische Positionen vorstellen, neue Ausstellungserlebnisse ermöglichen und zur aktiven Teilnahme an der Diskussion über Gegenwartskunst einladen.

Am 30. Oktober eröffnet die Kunsthalle mit einer Einzelausstellung der in Berlin lebenden südafrikanischen Künstlerin Candice Breitz, die in Mitte ein Atelier hat. Breitz erstellt Videoinstallationen, die sich auf Strategien der Pop-Art beziehen und die sich medienkritisch mit der Rolle des Publikums im Alltag auseinandersetzen. Im Spiegel von Fankultur und Karaoke stellt die Künstlerin die Wahrnehmung und Neuinterpretation popkultureller Mythen und Idole infrage und rückt die Wechselbeziehungen von Popmusik und kollektivem Gedächtnis ins Zentrum: Was passiert, wenn sich Fans die Werke und die damit verknüpften Aussagen der von ihnen verehrten Künstler aneignen?

Von Januar bis März 2009 planen die Kuratoren eine Ausstellung mit Werken von Simon Starling. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Installationen, die das Erdklima als notwendige Voraussetzung für die Existenz natürlicher oder künstlicher Systeme thematisieren. Im Sommer kommenden Jahres folgt eine Schau raumgreifender Malerei der Künstlerin Katharina Grosse und im Herbst 2009 Arbeiten des Künstlerduos Jennifer Allora und Guillermo Calzadilla.

Noch unklar ist dagegen, wann es mit der gegenüber des White Cube vorgesehenen Humboldtbox weitergeht, die über den Aufbau des am Schlossplatz geplanten Humboldtforums in Gestalt des Stadtschlosses informieren soll. Der Senat, der die Federführung beim Aufbau der Box innehat, hat die Infobox bislang nicht ausgeschrieben. Entsprechend enttäuscht ist Humboldtbox-Initiator Wilhelm von Boddien. Er sagt: „Ich würde mich freuen, wenn das Verfahren beschleunigt wird.“

Berliner Morgenpost, 25.08.2008