Stiftung Humboldtforum wirbt um Sympathie
für ihr Prestigeprojekt
Berlin (moz) So recht schlau ist man auch nach
dem vierten Gespräch über den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses am
Mittwochabend nicht. Eines freilich ist unübersehbar: Die Bundesstiftung
Humboldtforum will unter allen Umständen für das große Ziel werben, in Maßen
auf die damit verbundenen Probleme hinweisen, aber eigentlich schon jetzt
Erfolg für jeden einzelnen Schritt zum Ziel melden. Und sie will die Nähe zu
den Bürgern herstellen, denn die teils massiven Vorbehalte gegen den
Wiederaufbau der ehemaligen Hohenzollernresidenz in Berlins historischer Mitte
sind längst nicht aus der Welt. Selbst die vierte der von der Stiftung Berliner
Schloss – Humboldtforum veranstalteten Debatten wurde im überfüllten Audimax,
der Humboldt-Universität, immer wieder von Zweiflern an der Notwendigkeit
dieses Projekts massiv unterbrochen.
Die Computergrafik zeigt eine
Nordwest-Ansicht des geplanten Berliner Schlosses, dem Humboldt-Forum, mit der
Schlossbruecke im Vordergrund.
Die wurden den „Schlossianern“ ähnlich
ausgebuht wie Stadtplanerin Franziska Eichstädt-Bohlig für ihre auf
Realitätssinn bedachten Fragen. Lassen sich Inhalt und Form tatsächlich
trennen? Kann über gestalterische Details des Baus diskutiert werden, ehe seine
Nutzung entschieden ist? Franziska Eichstädt-Bohli forderte „endlich eine
Politik, die nicht verwaltet, sondern gestaltet und die Probleme unserer Stadt
anpackt“. Und sie kritisierte, dass nach immerhin 20 Jahren Schlossdebatte,
immer noch unklar sei, ob zum Beispiel der für seinen Plan zur Rekonstruktion
des Berliner Stadtschlosses als Humboldt-Forum preisgekrönte italienische
Architekt Franco Stella den islamischen Sammlungen der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz den dringend benötigten Raum geben wird oder „ob es Illusion
bleibt, dass Kunstwerke in Korrespondenz treten können zu den Sammlungen der
Humboldt-Universität oder denen, die auf der nahegelegenen Museumsinsel“.
Hermann Parzinger wiederum will sich an der von
der Stiftung Humboldt-Forum aktuell geführten Debatte nicht mehr beteiligen. Er
meint nur programmatisch, Berlin werde mit dem auf dem Areal des 1950
gesprengten Stadtschlosses neu entstehenden Bauwerk „in wenigen Jahren ein
kulturelles Zentrum von nationaler und internationaler Ausstrahlung besitzen“.
Hoffnung kommt auf, wenn Stella seinen Plan,
die nach Osten hin weisende, modern und großzügig gestaltete, aber als
Belvedere weitestgehend „ungenutzte“ Fassade aufgibt und dort weiteren Raum für
eine Bibliothek und Museen schaffen will. Und doch bleibt die Frage nach der
Option an „nachfolgende Generationen, das Humboldt-Forum weiterzubauen“ und
womöglich nach Stellas Plänen zu vollenden. Feststeht, so räumt
Stiftungsvorstand Manfred Rettig ein, dass sich nach der für 2019 vorgesehenen
Inbesitznahme dieses zentralen Bauwerks erhebliche Veränderungen an den
Fassaden und der Innenraumgestaltung nicht mehr vornehmen lassen.
Brisant ist diese Auskunft in Bezug auf eine
repräsentative Umfrage unter 14- bis 29-Jährigen, die zu 81 Prozent dafür
plädieren, „dass das Berliner Schloss im Inneren so originalgetreu wie möglich
wieder aufgebaut wird“. Doch die Stiftung sieht gerade beim Innenausbau ein
Einsparpotenzial, denn die 2007 vom Bundestag beschlossenen Baukosten in Höhe
von 552 Millionen Euro werden sich bis 2019 keinesfalls halten lassen.
Investoren stünden bereit, erklärt Manfred Rettig, der begeistert ist von der
Idee des Forums, das „keines der üblichen Museen werden soll“, sondern den
Dialog der Kulturen über Jahrhunderte beleben werde. Der Architekt und
Städteplaner, der sich Meriten beim Regierungsumzug von Bonn nach Berlin geholt
hat, sieht im Humboldt-Forum ein Haus, das „Identität stiftet“.
Überraschen wird manchen dabei, dass er die
Geschichte des Palastes der Republik einbezieht. Diesen in der Debatte
weitestgehend ausgeblendeten Teil der Geschichte des Schlossplatzes
berücksichtigen jetzt Pläne, die einst für das Foyer des Palastes geschaffene
„Gläserne Blume“ an einem „zentralen Ort“ des Forums wieder aufzustellen. Zudem
soll an der Stelle, an der das große Palastrestaurant seinen Platz hatte, im
Neubau ein Restaurant entstehen. So dass „Paare, die seinerzeit im Palast der
Republik ihre Hochzeit gefeiert haben, nun dort ihre Goldene Hochzeit feiern
könnten“, wie Rettig für eine neues „Haus des Volkes“ wirbt.
Märkische Oderzeitung am