„Staatsknete statt Spenden“

13.10.2016   Berliner Zeitung

Von Ulrich Paul

Das Finanzierungskonzept zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses wackelt. Weil die Spenden für die Rekonstruktion der Barockfassade langsamer fließen als die Arbeiten vorankommen, sollen die fehlenden Summen nun vom Staat „zwischenfinanziert“ werden – um den Fortgang des Projekts nicht zu gefährden.

Das geht aus einem aktuellen Bericht des Bundesbauministeriums an den Bundestags-Haushaltsausschuss hervor, der der Berliner Zeitung vorliegt. Es zeichne sich ab, dass zum Ende des dritten Quartals oder im vierten Quartal dieses Jahres die „erforderlichen Barausgaben bei ungehindertem Baufortschritt voraussichtlich über dem Spendeneingang liegen werden“, heißt es in dem Bericht.

Die zügige Fertigstellung der Fassaden sei wegen des notwendigen Wetterschutzes nötig, eine Unterbrechung der Arbeiten wäre baufachlich und wirtschaftlich nicht vertretbar. Sie würde zudem den geplanten Eröffnungstermin gefährden. Um das zu verhindern, sollen die Arbeiten an der historischen Fassade zunächst aus den Mitteln bezahlt werden, die von den Steuerzahlern kommen.

Offizielles Budget: 595 Millionen Euro

Das offizielle Budget für das Projekt beläuft sich auf 595 Millionen Euro. Der Bund steuert 483 Millionen Euro bei, vom Land Berlin kommen 32 Millionen Euro. 80 Millionen Euro für die Rekonstruktion der Barockfassaden will der Förderverein Berliner Schloss sammeln. Der Verein will überdies weitere 25 Millionen Euro sammeln, um damit die komplette Rekonstruktion der Kuppel und der Innenportale zu finanzieren.

Bisher hat der Förderverein nach eigenen Angaben 63 Millionen Euro gesammelt, 42 Millionen Euro stehen noch aus. Die Mittel für die Rekonstruktion der Fassade werden jedoch zum großen Teil bereits jetzt benötigt, um Rechnungen zu bezahlen. Deswegen werde eine staatliche Zwischenfinanzierung nötig, hatte der Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss, Wilhelm von Boddien, bereits vor kurzem erklärt.

Spendenziel: 80 Millionen Euro

Das Bauministerium bestätigt in seinem Bericht an den Haushaltsausschuss, dass der Bund bereit ist, eine staatliche Zwischenfinanzierung zu übernehmen, vermeidet jedoch eine solche Formulierung. Sehr wahrscheinlich, um die Spendenbereitschaft nicht zu verringern. In dem Papier heißt es, dass die Fertigstellung „innerhalb der Gesamtfinanzierung“ erfolge. Also mit den Mitteln des Bundes und des Landes Berlin. Die Gesamtfinanzierung sei jedoch nur unter der Voraussetzung gesichert, dass das Spendenziel von 80 Millionen Euro für die Rekonstruktion der Fassade bis zum Ende der Baumaßnahme erreicht werde.

Die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss managt den Bau des Projekts. Bis September 2016 sind bei ihr 54,4 Millionen Euro an Spenden eingegangen. Der größte Teil davon stammt vom Förderverein Berliner Schloss. Zu den Groß-Spendern gehört unter anderem die Frau des 2011 verstorbenen Unternehmers Werner Otto, dem Gründer des Otto-Versands.

Der Geschäftsführer des Fördervereins, Wilhelm von Boddien, zeigt sich zuversichtlich, dass er sein Spendenziel erreicht. Zugleich verteidigt er die staatliche Zwischenfinanzierung. „Ende 2019 haben wir das Geld zusammen“, sagte von Boddien auf Anfrage. Die Menschen würden immer dann zahlen, wenn sie etwas sehen. Um die ausstehenden 42 Millionen Euro Spenden zu sammeln, müssten 105 000 Leute jeweils 400 Euro zahlen. „Die sind längst geboren und leben in Deutschland“, sagte er.

Verzögerung wegen Beschwerde eines unterlegenen Bieters

Probleme gibt es aber nicht nur mit der Finanzierung. Aus dem Bericht des Bauministeriums geht hervor, dass es neben dem in der vergangenen Woche entschiedenen Rechtsstreit um die Auftragsvergabe für die Sicherheitstechnik im Schloss noch eine weitere Auseinandersetzung gibt: Dabei geht es um den Auftrag für die sogenannte Gebäudeautomation im Schloss. Dazu gehören zum Beispiel sich automatisch schließende Fenster und Türen.

„Zu der Vergabe der Gebäudeautomation lag die Beschwerde eines unterlegenen Bieters vor der Vergabekammer in Köln vor, die von der Kammer abgelehnt wurde“, sagte der Sprecher der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Bernhard Wolter. Die Sache werde nun vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt. „Durch die Verzögerung der Auftragsvergabe werden derzeit noch keine laufenden Arbeiten auf der Baustelle behindert“, sagte Wolter. Ob es dabei bleibt, ist offen.

 

Quelle: Berliner Zeitung, 13.10.2016

 

 

 

50 Kommentare zu “„Staatsknete statt Spenden“

  1. Ja, es sollte der Staat finanzielle Unterstützung anbieten. Natürlich nicht geschenkt, aber als zinsloser Kredit wäre es durchaus machbar!

  2. Sofort Bauarbeiten nur noch innen und außen mit Beton abdichten – Kuppel mit kunstoff einhüllen und bitte die Räume für soziale Zwecke nutzen – ??

  3. Der Staat..wird sein Vorzeigeprojekt nicht im Stich lassen.Im Übrigen ist der Wiederaufbau nur einem relativ kleinen Kreis in Deutschland bekannt..es muss endlich mehr öffentliche Werbung im Fernsehen betrieben werden..mit dem Hinweis,das Fördergelder und Spenden steuerlich abzugsfähig sind..Selbst Berliner wissen oft nichts vom Berliner Schloss.

  4. BZ das ist billige Journaille und Nachtreten auf einfachstem Niveau. Hier sind Revanchisten am Werk, die heute noch nicht den Untergang der DDR und ihrer Symbole wie „Erichs Lampenladen“ verdauen können! Was Herr von Boddien und sein Verein leistet und geleistet hat ist wertvoll für Berlin und Deutschland. Spätestens die Nachwelt wird dies zu würdigen wissen.

  5. Am Anfang waren es „nur 80 mille“ an spenden die Gebraucht wurden , das hätte Mann auch geschafft . Nu sind es schon 105 mille !
    Aber man los , was sind die paar Kröten mehr für den Staat , als das dem BER gegenüber ??

  6. Der Staat finanziert so viele hässliche Bauten und verschwendet viel Geld hier kann er mal zumindest an drei Fassaden was hübsches finanzieren

  7. Andre Ikier sachlich ist es richtig, es geht um die Tonart und dass hier unterschwellig versucht wird, dem Leser zu vermitteln dass nun doch der Staat mit Steuermitteln alles zahlen würde und der Verein mit seinen Bemühungen gescheitert sei. Stimmt aber so eben nicht!

  8. Die Aufstockung auf 105 Mio. € erfolgte nur, weil 2 Großspender die Kuppel und das Eckrondell zur Rathausbrücke hin finanzieren möchten und deswegen beide in den Finanzierungsplan mit aufgenommen wurden.

  9. Der Staat bietet finanzielle Überbrückung, keine Unterstützung. Das ist bei solchen Bauvorhaben (leider) üblich und notwendig.

  10. Das dämmen mit Styropoorplatten wird den deutschen Steuerzahler in 20 Jahren wesentlich mehr kosten, da ineffizient und schnell marode. Darüber könnten die Zeitungen mal berichten, da der Schwachsinn auch noch subventioniert wird.

  11. Wenn man mal die Kosten des BER Flughafens dazu ins Verhältnis setzt gibt es das Stadtschloss fast geschenkt und das Beste ist es wird eher fertig sein.

  12. Angelo Noatsch Bei allen großen „Spenden-Projekten“ fließen die meisten Beträge am Ende, wenn man schon „was sieht“, siehe Dresdener Frauenkirche. Und dass der Staat zwischenfinanziert ist keine Notlage, sondern vertraglich sehr sinnvoll so festgelegt. Aber unwissend dumm daherreden geht halt immer.

  13. Dieser Artikel ist unterstes Niveau, eine Zwischenfinanzierung ist ganz normal! Weil alles mit der Fassade so hervorragend klappt, sind die billigen Schreiberlinge hier am verdrehen der Tatsache, und das noch im vollen Wissen!

  14. Wenn Frau Merkel durch die Welt reist und überall finanzielle Hilfe verspricht dürfen für das Schloss und somit für das Gesicht der Hauptstadt doch auch wohl ein paar Millionen übrig sein.Es ist skandalös,wie durch bestimmte Hetzkommentare die Arbeit von hochmotivierten Leuten Wilhelm von Boddien verunglimpft wird.Es gibt nur eins:Weitermachen und sonst garnichts !!!

  15. Unkenrufe aus der untersten argumentativen Schublade….wir arbeiten seit mehr als 20 Jahren intensiv und mit grossem Enthusiasmus an diesem einmaligen und wundervollen Projekt und haben es bis dato geschafft, den Spendentopf mit respektablen 63 Mio. € zu füllen….und den erforderlichen Rest werden wir auch noch erfolgreich einwerben…..denn letztendlich machen wir alle Geschichte im positiven Sinne….!!!

  16. Gloria-Brigitte Brinkmann: ….mein Reden und Denken, denn jetzt ist es an der Zeit, eine redaktionell fundierte Spenden-Gala bundesweit im TV zu organisieren…analog der Gala im ZDF zugunsten der Dredner Frauenkirche….!!!

  17. Das ist auch nicht aufs Schloß sondern auf die Wohnungsbaupolitik bezogen.
    Laut Gesetz ist es glaube ich sogar untersagt Regierungs und kulturell genutzte Gebäude mit Styropoorplatten zu dämmen. Eben wegen der ineffizienz und Brandgefahr.

  18. Angelo Noatsch Genau der Fall ist vertraglich fixiert. Verstehst Du’s nicht? Denkst Du, das ist das erste Bauprojekt, wo das so ist? Sowas ist vorhersehbar und wird deshalb sinnvollerweise vorab geregelt!

  19. Gloria-Brigitte Brinkmann Bauherr st die Stiftung Preussischer Kulturbesitz, aber wir als Verein haben uns als Bürger dieses Landes zum Ziel gesetzt, diese wunderbaren Barock-Fassaden als Bekenntnis zur historischen Mitte Berlins zu finanzieren….und das ist gut so…!!!

  20. Beides sind zwar nicht meine Medien, aber die Berliner Zeitung sollte nicht mit der BZ verwechselt werden. Letztere wird vom Springer Verlag herausgegeben und ist sicher alles andere als ein Hort für DDR-Revanchisten.

  21. hmh….mal konsequent und stringent nachgedacht….“Staatsknete“ bedeutet doch eigentlich nichts anderes, als dass die demokratisch gewählten Repräsentanten unseres Volkes diesem Projekt zustimmen und dieser Zwischenfinanzierung ihr ok geben ? wo ist das Problem ?

  22. Schlecht währe die Unterstützung nicht Ganz ähnlich war es doch auch bei dem kölner dom die dombaulotterie und der kaiser die andere hälfte und das hatt noch geklappt

  23. …sehr viele potentielle Spender sind über die Weigerung des Berliner Senats (allen voran Herr Müller) und der entsprechenden Bezirksämter , die zum Schloss gehörenden Bauwerke („Neptunbrunnen,Rossebändiger etc.) wieder an ihre alten Standorte zurückzugeben, mehr als verärgert..

  24. Armin Biernat das war Sarkasmus – weil immer noch wegen den Kosten gemeckert wird usw – obwohl das Schloss schon fast fertig ist

  25. Sehr geehrte damen und herrren, der meubau eines museums der weltkulturen in exponietester lage berlins ist doch eine aufgabe von enormer nationaler bedeutung. Es ist doch ein ausdruck von grossem nationalstolz, wenn drei seiten dieses grossartigen museumsneubau in der gestalt des alten berliner stadtschlosses wiederaufersteht. Werden diese fassaden obendrein durch private spenden finanziert ist das als neudeutsch gesprochen „nation bulding“ nicht zu unterschätzen. Eine zwischenfinanzierung durch die deutsche regierung als bürgen, sollte doch wirklich kein problem sein. Obendrein wird dieser betrag als kredit gewährt. Er word also zurückgezahlt. Sofern ich mich richtig entsinne, werden wir die milliarden welche wir griechenland in den hals werfen nie mehr wiedersehen. Wie wäre eine überschrift: „athen kann nicht phne deitsche staatsknete!“ Oder ist das politisch nicht opportun?

  26. Heijeijei. Wären die vermögenden Spender etwas großzügiger gewesen … Wenn man Multimillionär ist, kann man doch mehr als einen Gesamtstein spenden.

  27. Soweit ich weiß werden keine historischen Räume hergestellt. Stimmt das? Es wäre eine Schande, wenn nicht wenigstens einige Räume (Weißer Saal, Wohnung Friedrich d. Großen,…) wieder hergestellt würden oder es wenigstens die Möglichkeit der Wiederherstellung mit den richtigen Raummaßen für eine spätere Zeit gibt. Jeder Tourist, der sich auf das Schloss zu bewegt, erwartet doch in einem Schloss auch entsprechende Innenräume! Da sollte es wenigstens einige geben! Und ein Hohenzollernmuseum sollte auch integriert werden! Berlin würde es ohne die Hohenzollern so gar nicht geben…

  28. ,,…ein Hohenzollernmuseum sollte auch integriert werden!“ — stimme Ihnen voll zu. Im Dresdener Schloss hat man einen Saal mit den Porträts der dortigen ehemaligen Herrscher — den meisten von uns unbekannt —  sehr schön erstellt. Die preußischen sind viel bekannter und niemand soll an die erinnert werden??? Viele werden genau deshalb das Schloss besuchen …

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