„So wird uns im Humboldtforum die Welt erklärt“

02.11.2016   WELT

2019 geht es los im neuen alten Berliner Stadtschloss. Jetzt hat die Gründungsintendanz ihr Konzept für künftige Ausstellungen vorgestellt. Es geht um Muscheln, Kolonialismus – und um das Christkind.

Von Hannah Lühmann

Langsam wird es irgendwie doch aufregend. Dieses ominöse Humboldtforum, das uns seit Monaten, seit Jahren erstickt, mit Baustellenfeinstaub und Wortungetümen, dieser Golem aus Geist und Materie, er beginnt mit den Zehen zu wackeln. Neil MacGregor, Leiter der Gründungsintendanz, stellt das Programm vor. Es geht jetzt um Konkretes. Um den Inhalt, um Pläne, um Ausstellungen.

„Basislager für eine Weltreise“ soll das Humboldtforum werden, das ist eine der Formeln, die geprägt wurden, um uns das Vorhaben anschaulich zu machen. Wie die meisten guten Formeln darf man das Bild hermeneutisch nicht überstrapazieren, sonst käme man schnell in luftige Höhen und würde sich fragen, ob Sauerstoffmangel denn Ausgangsvoraussetzung für das Erklimmen musealer Höhen sein muss.

Oder aber man stellte sich das Ganze linear vor und dächte sich mit verschämtem Pragmatismus, dass ein Basislager für eine Weltreise eigentlich gar nicht unbedingt nötig ist, denn man will ja vorankommen und nicht immer wieder zurück. Aber lassen wir das, man kann sich schon etwas darunter vorstellen.

An diesem eisigen Mittwochvormittag im frühen November hat der Besuch der Pressekonferenz wirklich etwas Expeditorisches, Männer und Frauen in Bauarbeiterwesten weisen den Journalisten den Weg ins „Innere“ des zukünftigen Auditoriums, das momentan noch eine zugige, riesige Halle ist, deren deckenhohe Fenster von gelben Vorhängen verdeckt werden.

Eines muss man der Gründungsintendanz, bestehend aus dem schottischen Museumsmann Neil MacGregor, dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp und dem Prähistoriker und Leiter der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Hermann Parzinger lassen: Es geht alles sehr schnell.

Im Juni vor eineinhalb Jahren war Richtsteinlegung, im Juli dieses Jahres präsentierte der niederländische Kurator Paul Spies sein Konzept für die Berlin-Ausstellung, die im Schloss gezeigt werden soll. Und heute? Kulturstaatsministerin Monika Grütters verkündet ganz am Ende, als die Journalisten schon sehr durchgefroren sind, dass die „Kostenobergrenze unverändert“ bleibe und dass man 2019 fertig sein wird.

„Den Kosmos der Objekte sichtbar machen“

Es wird also nicht teurer als geplant, und ab 2019 haben wir ein neues Museum, das aber kein Museum, sondern ein „Bildungsangebot“ sein will. Ist das eine Worthülse oder tatsächlich etwas Zukunftsweisendes?

Heute geht es, das ist das alles grundierende Thema, um die Frage, wie es gelingen kann, all die wunderbaren Objekte, auf die man durch die Übernahme der Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst Zugriff hat, zum Sprechen bringen kann. „Den Kosmos der Objekte sichtbar machen“, so nennt es Lavinia Frey, die dem Humboldtforum vorsteht.

Neil MacGregor, Horst Bredekamp und Hermann Parzinger nehmen auf der Bühne vor dem Journalistenpublikum Platz, ein bisschen Men in Black, ein bisschen Boyband. Was sie erzählen, klingt ganz gut: Weil der kalte Meeresstrom, der an der Westküste Südamerikas vorbeizieht, Humboldtstrom heißt, seine warmen Strömungen aber „El Niño“ (das Christkind) genannt werden, soll es eine Ausstellung geben, die sich mit der Frage nach dem Schutz von Kindern beschäftigt.

Eine andere große Ausstellung soll sich dem Thema Gold widmen. Es geht darum, das Einwirken des Menschen auf die Natur immer schon mitzudenken. Einen Vorgeschmack kann man in der „Humboldtbox“ besichtigen, die derzeit einer Wunderkammer gleicht, vollgestopft mit Berlin-Accessoires und einem Stadtmodell aus dem 10. Jahrhundert.

Im Ausstellungsraum kann man pazifische Muscheln sehen, die als Opfergaben gebracht wurden, auf Leinwänden lernt man etwas über den Pazifikstrom. Das könnte schon alles noch spannend werden. Der Eintritt soll frei sein.

 

Quelle: WELT, 02.11.2016

 

 

 

Ein Kommentar zu “„So wird uns im Humboldtforum die Welt erklärt“

  1. Und beim Innenausbau werden nach neuesten Meldungen nur noch zertifizierte und CO2 neutrale Materialien benutzt, um der Welt zu zeigen, wie besorgt die Initiatoren des Humboldt Forums darüber sind, den guten Namen der Forscher Alexander und Wilhelm Humboldt nicht zu beschmutzen. „Der Klimawandel ist eine Realität!“ sagten die Verantwortlichen und wir müssen eine Beitrag dazu leisten, die Wälder zu erhalten. BRAVO Humboldtforum, BRAVO!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert