Streit um Planung des Stadtschlosses
Senat sieht Verantwortung beim Bund
Der Bund und nicht Berlin trägt nach Auffassung des Senats die Verantwortung
für die Verzögerung des Wettbewerbs zur Gestaltung des Umfeldes am geplanten
Stadtschloss. Dies sagte der Sprecher der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung, Mathias Gille. Er begründete das mit der Verschiebung des
Baubeginns durch die Bundesregierung. Wie gestern berichtet, drängt die
Stiftung Berliner Stadtschloss auf eine möglichst zügige Ausschreibung des
Wettbewerbs für die Gestaltung der Freiflächen rund um das künftige
Humboldtforum, da sonst zusätzliche Kosten bei der Planung des Bauvorhabens
drohten. Ein entsprechendes Schreiben hatte Stiftungschef Manfred Rettig an
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher geschickt.
Von Planern ist aber auch zu hören, dass im Städtebau keine Entscheidungen
mehr vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Herbst erwartet werden. Auf einen
Zeitpunkt für den Start des Wettbewerbs wollte man sich bei der
Stadtentwicklungsverwaltung nicht festlegen. Zurzeit würden die Unterlagen
überarbeitet. Dies sei notwendig, weil der Bundestag den Zeitplan für die
Realisierung des Stadtschlosses verändert hatte. Wie berichtet, soll das Schloss
im Jahr 2018 fertiggestellt und ein Jahr später eröffnet werden. Der Bauantrag
soll aber bereits in diesem Jahr beim Bezirksamt Mitte eingereicht werden – und
deshalb drängt die Stiftung.
Überraschend ist auch, dass der Bezirk Mitte und nicht der Senat das
Großprojekt plant. Dabei treibt der Senat zurzeit eine Änderung des
„Zuständigkeitskatalogs zum Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz“ voran,
das für den Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU)
einen „extremen Kompetenzverlust“ für die Bezirke zur Folge hat. Demnach soll
künftig der Senat für die Planung neuer Bauprojekte der Messe, der
Universitäten und von Stiftungen zuständig sein – und nicht mehr die Bezirke.
Bauherr des Stadtschlosses ist auch eine Stiftung. Nur: Für diese Stiftung des
Bundes gilt dem Senat zufolge die Gesetzesänderung nicht – als ob das Land
nichts mit dem Bauprojekt zu tun haben wollte.
Mit der Entmachtung der Bezirke reagiert der Senat wohl auch auf die heftige
Auseinandersetzung rund um den Abriss der Deutschlandhalle. Weil der Bezirk das
Baudenkmal erhalten wollte, zog der Senat das Verfahren an sich. Zwar sind die
Bezirke vom Grundsatz her auch für Großprojekte zuständig – zurzeit etwa
Zoo-Fenster oder Ku’damm Karree –, doch der Senat kann diese an sich ziehen.
Dafür ist die Größe der Projekte nicht immer ausschlaggebend: Auch im Streit um
die Neigung des Daches eines geplanten Biergartens am Stuttgarter Platz hatte
der Senat die Planungen an sich gezogen. „Manchmal ist das ganz schön
kleinkariert“, sagt Gröhler.
Der Tagesspiegel am 1.April 2011