Reaktionen von Günther Jauch, Wilhelm von Boddien und anderen auf Hasso Plattners Schenkung
„20 Millionen? Das kann ja wohl nicht wahr sein, sensationell!“ Wilhelm von Boddien, Chef des Fördervereins für das Berliner Stadtschloss, erfuhr von der Spende Hasso Plattners für die Knobelsdorff-Fassade in Potsdam gestern durch den MAZ-Anruf. „Das Geschenk hätte ich auch gern für das Berliner Schloss gehabt. Aber – im Ernst – ich finde das neidlos toll. Potsdams Stadtschloss ist damit in trockenen Tüchern. Das wird auch uns beflügeln.“ Die Berliner brauchen 80 Millionen Euro für die historische Fassade ihres Schlosses.
In Potsdam war die Freude ungeteilt. Barbara Kuster, Kabarettistin und Mitbegründerin der Pro-Stadtschloss-Initiative „Mitteschön“, kündigte für den 10. Dezember ein Freudenfest am Alten Markt an, wo die Initiative seit Monaten phantasievoll mit Fundamentsteinklopfen, Auktionen, Schlossdinners und Demonstrationen für die Knobelsdorff-Fassade kämpft.
„Ein Kanonendonner zum richtigen Zeitpunkt. Das ist der Durchbruch“, kommentierte Michael Schöne, Vorsitzender des Vereins Potsdamer Stadtschloss, Plattners Offenbarung einen Tag vor der Jury-Sitzung zu den sechs Landtagsentwürfen. „Jetzt können wir nicht nur die äußere Fassade nach Knobelsdorff bauen, sondern auch den Innenhof.“ Der Verein werde weiter Spenden sammeln, ein Ehepaar habe gerade 40 000 Euro in Aussicht gestellt, sagte Schöne. Es freue ihn besonders für Günther Jauch, der mit 3,5 Millionen Euro für das Fortunaportal „den Schritt nach vorn machte, ohne dass ihm bisher jemand gefolgt wäre“.
Günther Jauch selbst verglich die Schenkung mit „zehn Jahren Weihnachten und Ostern an einem Tag“. Doch angesichts der zugespitzten Spardebatte vor Plattners Befreiungsschlag frage er sich auch: „Wie hätte der Landtag ausgesehen, wenn Hasso Plattner nicht so großzügig gewesen wäre?“ Die Potsdamer mache der Software-Milliardär glücklich – Politikern erspare er „das Eingeständnis, dass sie den Landtagsbeschluss zugunsten von Knobelsdorff wahrscheinlich nie verwirklicht hätten“, sagte Jauch. „Jetzt bin ich froh, dass das Fortunaportal nicht den Eingang zu einem groben Klotz á la Potsdam Center bilden muss.“
„20 Millionen sind derart viel, dass es auch für den Hofbereich reicht“, konstatierte Wieland Niekisch, CDU-Fraktionsvize im Landtag und Potsdamer Kreisparteichef. Enthalten sein könne auch „das weltberühmte knobelsdorffsche Treppenhaus am Corps des Logis“. Er hoffe, dass die Sache nicht durch den Finanzminister und den Landtagspräsidenten „zerredet“ werde. Für die CDU erfülle sich „nach zwölf Jahren Kampf“ ein Traum. Das Landtagsschloss nach Knobelsdorff komme „in äußerer Gestalt 1:1“.
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) wurde von der Nachricht völlig überrumpelt. Er gab um 13 Uhr noch ahnungslos eine Pressekonferenz zu anderen Bauvorhaben, als Plattner seine Schenkung verkündete. „Ich denke, dass ich im Namen vieler Potsdamer spreche, wenn ich Hasso Plattner für die großartige Unterstützung der historischen Mitte danke“, sagte Jakobs. SPD-Stadtfraktionschef Mike Schubert ergänzte: „Ein Glückstag für Potsdam!“
Versöhnlich gab sich Knobelsdorff-Skeptiker Hans-Jürgen Scharfenberg, Fraktionschef der Linken in der Potsdamer Stadtverordnetenver sammlung und Landtagsabgeordneter. „Die Fassade war ein Kostenrisiko. Dass sie jetzt aus privaten Mitteln bezahlt wird, verändert die Situation. Natürlich muss aber ein funktion aler Landtag mit der historischen Fassade in Übereinstimmung gebracht werden.“ Mit dem Ergebnis „schmücken“ wolle sich die Linke nicht, sagte Scharfenberg, zumal er sich mit dem Geld „viel Sinnbringendes vorstellen“ könne.
Märkische Allgemeine, 28.11.2007